Sechster Artikel. Die Himmelfahrt Christi verursacht mit unser Heil.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Insoweit hat Christus unser Heil gewirkt, als Er für uns verdient hat. Die Himmelfahrt Christi aber hat nichts uns verdient, sondern war rein Belohnung, die sich vom Verdienste unterscheidet wie das Ziel vom Wege. II. Höchstens könnte das Aufsteigen Christi gen Himmel die Ursache sein für unser Aufsteigen dahin. Dies hat uns aber sein Leiden verdient, nach Hebr. 10.: „Wir haben Vertrauen, in das Heilige einzutreten durch sein Blut.“ III. Das von Christo uns erworbene Heil ist ewig (Isai. 51.). Christus aber bleibt nicht ewig im Himmel, sondern „Er wird so wiederkommen, wie ihr Ihn habt hinaufsteigen sehen“ (Act. 1, 11.). Zudem hat Er Sich auch, wie wir lesen, vielen heiligen hier auf Erden gezeigt, wie nach Act. 9. z. B. betreffs des heiligen Paulus feststeht. Also ist sein Auffahren gen Himmel nicht im mindesten Ursache unseres Heiles. Auf der anderen Seite sagt Er selbst (Joh. 16.): „Es frommt euch, daß ich gehe.“
b) Ich antworte, das Aufsteigen des Herrn sei Ursache unseres Heiles 1. von unserer Seite her; 2. von Christi Seite her: 1. Von unsererSeite her; weil durch sein Aufsteigen unser Geist veranlaßt wird, zu Ihm sich hinzubewegen in Glaube, Hoffnung und Liebe (Art. 1.) und weil wir größere Ehrfurcht vor Ihm haben, da wir Ihn nicht mehr als einen irdischen, sondern als einen himmlischen Menschen anerkennen, nach 2. Kor. 5.: „Und wenn wir Christum nach dem Fleische (d. h. als sterblich) gekannt haben, nun erkennen wir Ihn nicht mehr so.“ 2. Von seiner Seite her ist Er Ursache unseres Heiles, weil er aufgestiegen:
a) „damit Er uns den Platz bereite“ (Joh. 14, 2.; Mich. 2, 13.); denn da Er unser Haupt ist, müssen wir als Glieder Ihm folgen, wie Er selbst sagt: „Damit wo ich bin, auch ihr seid“ (Joh. 14.); und um dies auszudrücken hat Er die Seelen der Altväter mit Sich genommen in den Himmel, nach Ps. 67.: „Aufsteigend in die Höhe, hat Er gefangen genommen und mit Sich geführt die Gefangenschaft;“ —
b) weil, wie der Hohepriester im Alten Bunde eintrat in das Allerheiligste, um für das Volk zu beten, Christus „in den Himmel eintrat, um unser Fürbitter zu sein;“ denn daß die menschliche Natur so im Himmel sich vorstellt, dies selbst ist eine gewisse Fürbitte für uns, daß Gott, der diese Natur in Christo so hoch erhoben hat, nun auch unserer sich erbarme, für die der Sohn Gottes die Natur des Menschen angenommen; —
c) weil Er nun im Himmel thronend als Gott und Mensch, göttliche Gaben den Menschen zuteilt, nach Ephes. 4.: „Er stieg auf über alle Himmel, daß Er Alles anfülle“ d. i. „mit seinen Gaben“ (Glosse).
c) I. Die Auffahrt Christi ist Ursache unseres Heiles als wirkende Ursache, nicht in der Weise des Verdienstes; wie oben bei der Auferstehung gesagt worden. II. Das Leiden Christi hat verdient unser Heil und die Hindernisse dafür entfernt. Die Himmelfahrt ist direkt Ursache unseres Aufsteigens zum Himmel als ein gewisser Anfang im Haupte, dem die Glieder gleichförmig werden müssen. III. Einmal zum Himmel aufsteigend hat Christus für Sich und uns in Ewigkeit das Recht und die Würde der himmlischen Wohnung erlangt. Dieser Würde aber schadet es nicht, wenn infolge irgend welchen Ratschlusses Gottes Christus bisweilen körperlich auf die Erde steigt; sei es um Sich allen zu zeigen wie am letzten Tage, sei es um einem einzelnen Sich zu zeigen wie bei Paulus. Und damit man nicht glaube, Christus sei da nicht körperlich gewesen, sondern nur vermittelst irgend welcher Erscheinung, fügt der Apostel, um darzuthun die Wahrhaftigkeit der Auferstehung, hinzu (1. Kor. 15.): „Zuletzt aber wie einer Frühfrucht ist Er auch mir erschienen.“ Es würde dies nichts zum Zwecke Dienliches beweisen, wenn der Herr nicht wahrhaft mit seinem Körper dem heiligen Paulus erschienen wäre.
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