Dritter Artikel. Die Sakramente des Neuen Bundes enthalten Gnade.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Die Gnade ist nicht in den Sakramenten wie im Träger oder im Subjekt; Träger der Gnade nämlich ist nichts Körperliches, sondern die Seele. Sie ist auch nicht darin, wie in einem Gefäße; denn „das Gefäß ist ein beweglicher Ort“, heißt es 4 Physik. So aber im Orte sein kommt nicht einem zum Wesen hinzutretenden accidens oder Zustande zu. Also enthalten die Sakramente keine Gnade. II. Die Sakramente haben den Zweck, daß jemand vermittelst ihrer Gnade erlange. Die Gnade aber kann nicht als bloße Eigenschaft oder als zum Wesen hinzutretender Zustand von dem einen Träger oder Subjekt zu einem anderen übergehen. Also wäre zu nichts Gnade in den Sakramenten. III. Das Geistige wird nicht enthalten von seiten des Körperlichen, wenn es auch darin ist; denn die Seele ist nicht im Körper enthalten, vielmehr wird umgekehrt der Körper von der Seele zusammengehalten. Die Gnade aber ist etwas Geistiges; also ist sie nicht enthalten im Sakramente, das immer etwas Körperliches ist. Auf der anderen Seite sagt Hugo von St. Viktor (1. de sacr. part. 9. c. 2.): „Jedes Sakrament enthält auf Grund der Heiligung unsichtbare Gnade.“
b) Ich antworte; die Gnade sei 1. in einem Sakramente wie im Zeichen; denn jedes Sakrament ist ein Zeichen der Gnade; — 2. wie in der Ursache; denn jedes Sakrament verursacht in der Weise eines Werkzeuges Gnade. Also ist in den Sakramenten des Neuen Bundes die Gnade nicht zwar gemäß der Ähnlichkeit im Wesenscharakter, wie die Wirkung einer Ursache mit dem gleichen Wesenscharakter, z. B. der Mensch im Vater; und auch nicht gemäß einer eigenen bleibenden Form, wie die Wirkungen der Sonne hier auf Erden in der Sonne enthalten sind, wenn auch nicht die Wesensgattung die gleiche ist. Vielmehr ist in den Sakramenten die Gnade gemäß dem, wie eine Kraft im Werkzeuge sich findet; nämlich in fließender und, mit Rücksicht auf das Sein im Bestande der Natur, in unvollständiger Weise. (Vgl. Art. 4.)
c) I. Die Gnade ist in den Sakramenten wie in einem dem Künstler zu einem Werke dienenden Gefäße; wie Ezech. 9. es heißt: „Ein jeder habe das Gefäß um zu töten, in seiner Hand.“ II. Allerdings geht eine solche Eigenschaft oder ein solcher Zustand vermittelst eines Werkzeuges von der Ursache her in ein Subjekt oder in einen Träger über; so aber, daß ein solches Accidens in der Ursache und auch im Werkzeuge Sein hat je nach der Beschaffenheit beider. III. Wenn das Geistige in vollkommener Weise in etwas sich findet, so hält es dieses zusammen. Die Gnade aber ist nicht so in den Sakramenten, sondern wie etwas im Fließen Bestehendes und Unvollendetes.
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