Dritter Artikel. Der sakramentale Charakter ist der Charakter oder das Merkmal Christi.
a) Dem widerspricht Folgendes: I. Ephes. 4. heißt es: „Betrübt nicht den heiligen Geist, in welchem ihr gekennzeichnet seid.“ II. Der Charakter ist ein Zeichen und zwar der Gnade, die vom Sakramente eingegossen wird. Gnade verleihen aber ist Sache der ganzen Dreieinigkeit, nach Ps. 83.: „Gnade und Herrlichkeit wird der Herr geben.“ Also darf der sakramentale Charakter nicht speciell auf Christum hinzeigen. III. Der Charakter ist ein Unterscheidungsmerkmal. Zwischen den heiligen aber, „den Kindern des Reiches Gottes, und den Kindern des Verderbens unterscheidet allein die heilige Liebe“ (Aug. 15. de Trin. 18.); wonach gemäß der Apokalypse (13.) die letzteren den Charakter des Tieres tragen. Die heilige Liebe aber wird nach Rom. 5, 5. vielmehr dem heiligen Geiste als Christo zugeschrieben. Also kann man nicht sagen, der sakramentale Charakter sei der Christi; zudem nach 2. Kor. ult., die heilige Liebe auch dem Vater zugeteilt wird: „Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe des Vaters.“ Auf der anderen Seite definieren manche den sakramentalen Charakter als „das Unterscheidungsmerkmal, das der vernünftigen Seele eingeprägt worden ist vom ewigen Charakter, gemäß dem Bilde, kennzeichnend die geschaffene Dreieinigkeit als eine der schaffenden und erlösenden Dreieinigkeit ähnliche und sie unterscheidend gemäß dem Zustande des Glaubens von den nicht gekennzeichneten.“ Der „ewige Charakter“ aber ist Christus selber, nach Hebr. 1, 3.: „Weil Er der Glanz der Herrlichkeit ist und die Figur (oder der Charakter) seiner Substanz.“ Also scheint der sakramentale Charakter im eigentlichen Sinne Christo zuzugehören.
b) Ich antworte, der Charakter sei eigentlich ein gewisses Merkmal, wodurch etwas gekennzeichnet und zu einem Zwecke hingeordnet wird; wie der Zehner z. B. gekennzeichnet wird, um als Münze für Kauf und Verkauf zu dienen, oder wie die Soldaten ein Abzeichen tragen, wonach sie für den Kriegsdienst bestimmt sind. Der gläubige nun wird bestimmt 1. zum Genusse der Herrlichkeit; und danach erhält er als Unterscheidungsmerkmal die Gnade, nach Ezech. 9.: „Mache das Zeichen Thau auf die Stirne der Menschen, die seufzen und Schmerz haben;“ und Apok. 7.: „Ihr sollt nicht schaden der Erde und dem Meere und den Bäumen, bis wir gekennzeichnet haben die Knechte unseres Gottes auf ihren Stirnen;“ — 2. um zu empfangen und anderen mitzuteilen das, was zum Kulte Gottes gehört; und dazu dient so recht eigentlich der sakramentale Charakter. Nun leitet sich der ganze Ritus der christlichen Religion ab vom Priestertume Christi. Und sonach ist es offenbar, daß der sakramentale Charakter sich speciell auf Christum bezieht, dessen Priestertume ähnlich werden die gläubigen gemäß den sakramentalen Charakterkennzeichen; denn letztere sind nichts Anderes als gewisse Arten von Teilnahme am Priestertume Christi, die sich ableiten von Christo selbst.
c) I. Paulus spricht da von der Kennzeichnung, die speciell mit Rücksicht auf die künftige Herrlichkeit unterscheidet. Und diese besteht in der Gnade, die, weil von der unverdienten Liebe Gottes ausgehend, dem heiligen Geiste zugeeignet wird. II. Der sakramentale Charakter ist einerseits etwas für fich thatsächlich Bestehendes, eine (bezeichnete) Sache mit Rücksicht auf das äußerliche wahrnehmbare Sakrament; — er ist andererseits Sakrament d. h. Zeichen rücksichtlich der letzten Wirkung. Und deshalb wird dem sakramentalen Charakter 1. gemäß der letztgenannten Aufsassungsweise zugeschrieben, daß er ein Zeichen ist für die unsichtbare Gnade, die vom Sakramente gewirkt wird. Es wird sodann 2. dem sakramentalen Charakter gemäß seiner eigenen selbständigen Bestehungsweise, als einer Sache und nicht bloß als einem Zeichen, zugeschrieben die Ähnlichkeit mit der Hauptursache, nämlich mit demjenigen, dem die Autorität zugehört, zu etwas abzusondern; wie die Soldaten das Abzeichen des Heerführers tragen, wodurch sie gleichsam diesem ähnlich werden. Und so empfangen jene, die zum Kulte der christlichen Religion in Beziehung treten, deren Gründer Christus ist, das sie Christo ähnlich machende Zeichen; wonach der sakramentale Charakter so recht eigentlich das unterscheidende Merkmal Christi ist. III. Durch den Charakter wird jemand vom anderen unterschieden mit Rücksicht auf einen Zweck; wie durch das charakteristische militärische Abzeichen der Soldat des Königs unterschieden wird von dem des Feindes. Ähnlich nun ist es das Charaktermerkmal, wodurch die gläubigen Christi unterschieden werden von den Knechten des Teufels; sei es mit Rücksicht auf die ewige Herrlichkeit sei es mit Rücksicht auf den Kult der gegenwärtigen Kirche. Das Erste geschieht durch die Gnade und die heilige Liebe, wonach der Einwurf spricht; das Zweite durch den sakramentalen Charakter. Demgemäß kann unter dem Merkmale oder Kennzeichen des Tieres verstanden werden entweder die verhärtete Bosheit als Gegensatz zur Gnade oder das Bekenntnis eines unerlaubten Kultes.
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