Vierter Artikel. Die bei der Feier dieses Sakramentes gesprochenen Worte.
a) Dieselben sind nicht recht geregelt. Denn: I. „Mit Christi Worten wird dieses Sakrament konsekriert,“ sagt Ambrosius (4. de sacr. 4.). Also dürfen keine anderen Worte hinzugefügt werden. II. Die Worte und Thaten Christi werden uns bekannt durch das Evangelium. Da stehen aber hier, selbst bei der Konsekration, Worte, die nicht von den Evangelisten berichtet werden; wie daß Christus die Augen zum Himmel erhob, daß gesagt wird: „Nehmet und esset alle;“ dieses „alle“ haben die Evangelien nicht. Solches Hinzufügen ist unzulässig. III. Alle Sakramente bezwecken das Heil aller gläubigen. In den anderen Sakramenten aber wird kein gemeinsames Gebet verrichtet für die armen Seelen. Also sollte das hier auch nicht geschehen. IV. Die Taufe ist das Sakrament des Glaubens. Also sollte bei ihr vielmehr alles Jenes gesprochen werden, was in der heiligen Messe aus der Lehre der Apostel und des Evangeliums entlehnt ist. V. In jedem Sakramente wird die Andacht der gläubigen erfordert. Also braucht nicht vorzugsweise hier die Andacht der gläubigen erweckt zu werden durch das Lob Gottes und durch Ausdrücke wie: „Nach oben die Herzen.“ VI. Der Verwalter dieses Sakramentes ist der Priester. Also muß nicht Einzelnes vom Priester gesprochen werden, Anderes vom Diener, Anderes vom Chöre. VII. Die göttliche Kraft vollendet dieses Sakrament mit unfehlbarer Gewissheit. Also wird unnützerweise gefleht, Gott möge dieses Sakrament vollenden: „Dieses Darbringen vollende, segne etc. Du, o Gott, in allen.“ VIII. Weit vollkommener ist dieses unser Opfer wie die Opfer der Altväter. Unzulässig also ist es, zu flehen, daß dieses Opfer möge erachtet werden wie das des Abel, Abraham und Melchisedech. IX. Der Leib Christi fängt da nicht an, gegenwärtig zu sein kraft einer Veränderung des Ortes; noch hört er kraft einer solchen auf, gegenwärtig zu sein. Also möge der Priester nicht flehen: „Gebiete, daß dies getragen werde durch die Hände Deines Engels auf Deinen Altar.“ Auf der anderen Seite heißt es l. c. cap. 47.: „Jakobus, der Bruder des Herrn, dem da als dem ersten die Kirche zu Jerusalem anvertraut war, und Basilius, Bischof von Cäsarea, gaben heraus die Art und Weise der Feier der heiligen Messe.“ Deren Autorität genügt.
b) Ich antworte; weil in diesem Sakramente das ganze Mysterium unseres Heiles enthalten ist, deshalb werde es mit um so größerer Feierlichkeit umgeben. Und weil Ekkl. 4. geschrieben steht: „Behüte deinen Fuß, wenn du eintrittst in das Haus des Herrn;“ und Ekkli. 18.: „Vor dem Gebete bereite deine Seele vor;“ deshalb wird der eigentlichen Feier 1. eine gewisse Vorbereitung vorausgeschickt, damit würdig vollzogen werde, was gethan werden soll. Der erste Teil dieser Vorbereitung ist das Lob Gottes, nach Ps. 49.: „Das Opfer des Lobes wird mich ehren; und da führt der Weg, auf dem ich ihm zeigen werde das Heil Gottes.“ Dieses Lob wird meistenteils aus den Psalmen genommen; denn „die Psalmen begreifen in der Weise eines Lobgesanges in sich was auch immer sonst in der Schrift enthalten ist“ (3. de eccl. hier.). Der zweite Teil der Vorbereitung ist die Erwähnung des menschlichen Elends, weshalb um Barmherzigkeit gefleht wird. Es wird neunmal: „Herr, erlöse uns,“ gerufen je nach den drei göttlichen Personen; dreimal nämlich zum Vater, dreimal zum Sohne, wenn gesagt wird: „Christe, erlöse uns;“ und dreimal zum heiligen Geiste gegen das dreifache Elend der Unwissenheit, der Schuld und der Strafe; oder damit man bezeichne alle drei Personen seien wechselseitig ineinander. Der dritte Teil erwähnt im Gloria die himmlische Herrlichkeit, nach der wir streben; es wird in den Festen gesungen, in welchen gleichsam eine Ähnlichkeit mit der künftigen Herrlichkeit erscheint; in den traurigen Tagen wird es ausgelassen, in denen mehr das menschliche Elend vorgeführt wird. Der vierte Teil enthält die Gebete, welche der Priester für das Volk verrichtet, damit dasselbe würdig erfunden werde so hoher Geheimnisse. Es kommt dann 2. die Belehruug des christlichen Volkes, da dieses Sakrament „das Mysterium des Glaubens“ genannt wird. Diese Belehrung geschieht in vorbereitender Weise durch die Lehre der Propheten und Apostel, welche in der Kirche lesen die Lektoren und Subdiakone. Nachher wird vom Chore das Graduale gesungen, welches den stufenweisen Fortschritt im christlichen Leben bezeichnet; oder der Traktus bei Trauertagen, der das Seufzen der reuigen Seele ausdrückt. In vollkommenster Weise aber wird das Volk unterrichtet durch das im Evangelium Enthaltene, welches von dem ersten Diener am Altare, vom Diakon, gelesen wird. Und weil wir Christo als der göttlichen Wahrheit glauben, nach Joh. 8.: „Wenn ich euch Wahres gesagt habe, warum glaubet ihr mir nicht?“ so wird nach Lesung des Evangeliums das Symbolum des Glaubens gesungen, in welchem das Volk erklärt, es stimme der Lehre Christi zu. Es wird gesungen an jenen Festtagen, deren im Symbolum gewissermaßen Erwähnung geschieht, nämlich an den Festen des Herrn und der seligsten Jungfrau; und sodann an den Festen der Apostel, die diesen Glauben begründet, und an ähnlichen Tagen. 3. Nachdem nun das Volk vorbereitet und belehrt ist, beginnt die eigentliche Feier des Mysteriums; dieses wird dargebracht als Opfer, konsekriert als Sakrament und genommen als Nahrung. Was die Darbringung oder Opferung betrifft, so findet fich hier zuerst das Lob des Volkes im Gesänge des Offertoriums, wo es seine Freude ausdrückt, daß es Gott sich nahen darf; — und dann ist das Gebet des Priesters, daß sein Opfern für das Volk Gott angenehm sei. In diesem Sinne sagte David (1. Paral. 29.): „In der Einfalt meines Herzens habe ich alles dies dargebracht; und das Volk, welches sich hier zusammengefunden, sah ich mit unendlich großer Freude, daß sie Dir ihre Gaben darbieten;“ und dann betet er: „Gott, mein Herr, behüte diesen Willen.“ 4. Da die Konsekration durch göttliche Kraft allein sich vollzieht,so wird das Volk zuerst zur Andacht erregt in der Präfation; und deshalb singt darauf das Volk mit aller Andacht: „Heilig, heilig, heilig,“ womit es die Gottheit Christi lobpreist; und: „Gepriesen sei der da kommt,“ womit es die Menschheit Christi ehrt. Sodann betet der Priester still:
a) für jene, für welche das Opfer dargebracht wird, nämlich für die ganze Kirche „und für jene an erster Stelle, die an erhabener Stelle sich befinden,“ und für jene, die mit aufopfern und für die aufgeopfert wird. Er ruft
b) die heiligen an, deren Schutz er herabfleht; und schließt
c) sein Bitten, wenn er sagt: „Damit diese Aufopferung heilsam sei denen, für welche sie geschieht.“ Nun tritt er an die Konsekration selber heran, und betet zuerst um die Wirkung derselben in den Worten: „Dieses Darbringen;“ dann vollzieht er die Konsekration mit den Worten des Herrn: „Der den Tag vor seinem Leiden etc.;“ und entschuldigt unmittelbar darauf seine Vermessenheit mit seinem Gehorsam gegen das Gebot Christi, wenn er sagt: „Deshalb auch, eingedenk…“ Sodann betet er, daß sein Opfer möge Gott angenehm sein, und fleht um die Wirkung des Opfers und des Sakramentes:
a) mit Rücksicht auf die es nehmenden: „Demütig flehen wir Dich an;“
b) mit Rücksicht auf die armen Seelen, die es nicht mehr nehmen können: „Gedenke …;“
c) mit Rücksicht auf die darbringenden Priester: „Uns auch Sündern.“ 5. Betreffs der Kommunion wird zuerst das Volk vorbereitet dazu durch das Vaterunser als das öffentliche Gebet und durch das Privatgebet des Priesters: „Befreie uns, o Herr, wir bitten;“ dann durch den dargebotenen Frieden beim Agnus Dei, welcher jedoch bei Totenmessen, die da für die Ruhe der verstorbenen, nicht für den Frieden der lebenden dargebracht werden, wegbleibt Daraus folgt die Kommunion und zwar zuerst die des Priesters; denn „wer Göttliches den anderen giebt, muß zuerst selbst daran Anteil haben“ (3. de eccl. hier.). Die Messe wird schließlich beendet mit freudiger Danksagung von seiten des Volkes, das da singt nach der Kommunion; und von seiten des Priesters, der ein Dankgebet verrichtet. So hat auch Christus beim letzten Abendmahle nach vollbrachtem Geheimnisse einen Lobgesang gesprochen (Matth. 26.).
c) I. Die Konsekrationsworte sind die Christi; die anderen werden zur Erbauung des Volkes hinzugefügt. II. Das, was da die Kirche hinzufügt, hat sie aus der Überlieferung der Apostel. So hat ja auch der Herr bei der Auferweckung des Lazarus „die Augen zum Himmel erhoben“ (Joh. 11.) und als Er für die Jünger betete (Joh. 17.). Also kann leicht vorausgesetzt werden, Er habe es hier bei einer weit wichtigeren Sache, der Einsetzung des heiligen Sakramentes, auch gethan. Das „alle“ liegt in den Worten des Evangeliums; hat doch Christus (Joh. 6.) gesagt: „Wenn ihr nicht esset das Fleisch des Menschensohnes, werdet ihr nicht das Leben in euch haben“ (und als Er den Kelch, reichte sprach Er: „Trinket alle daraus“). III. Die Eucharistie ist vor allen anderen Sakramenten das Sakrament der kirchlichen Einheit. Also mußte da mehr als in den anderen Alles erwähnt werden, was sich auf das Heil der ganzen Kirche bezieht. IV. Der Unterricht im Glauben bei der Taufe ist einer für Neulinge. Anders ist der Unterricht für das gläubige Volk bei diesem Sakramente. Jedoch werden auch von diesem Unterrichte die ungläubigen und Katechumenen nicht zurückgewiesen. Deshalb heißt es l. c. cap. 77.: „DerBischof soll niemandem verbieten, in die Kirche einzutreten und das Wort Gottes zu hören, sei es ein Heide oder ein Jude oder ein Häretiker; zur Messe der Katcchumenen können diese alle zugelassen werden;“ das ist eben jener Teil der Messe, in welchem der Unterricht enthalten ist. V. Eine höhere Andacht ist erfordert in diesem Sakramente wie in den anderen, weil der ganze Christus da gegenwärtig ist; — und eine allgemeinere, weil für das ganze christliche Bolk geopfert wird und nicht allein für die kommunizierenden, die also das Sakrament nehmen, wie bei den anderen Sakramenten. Darum sagt Cyprian (orat. llomin.): „Der Priester bereitet bei der vorausgehenden Präfation den Geist der Brüder vor, indem er sagt: Nach oben die Herzen; und das Volk antwortet: Wir haben sie zum Herrn erhoben. Denn nicht an Anderes, nur an Gott soll man da denken.“ VI. In diesem Sakramente wird berührt alles das, was die ganze Kirche angeht. Manches also wird vom Chöre gesagt, der das Volk vorstellt. Und zwar manchmal ganz und gar; manchmal aber fängt der Priester an und der Chor fährt fort, damit dadurch angezeigt wird. Solches wie der Glaube und die himmlische Glorie, käme dem christlichen Volke zu kraft der Offenbarung Gottes, dessen Stelle der Priester vertritt. Darum intoniert der Priester das Credo und das Gloria. Anderes wird von den Dienern am Altare gesagt, wie die Lehre des Alten und Neuen Testamentes, wodurch angezeigt wird, diese Lehre sei uns von Männern verkündet worden, die Gott als seine Diener zu uns gesandt habe. Anderes sagt der Priester allein, was nämlich sein Amt und seinen Charakter als Priester angeht, daß „er Gebete und Gaben darbringe für das Volk“ (Hebr. 5.). Welche unter diefen Gebeten des Priesters sich auf ihn und das Volk beziehen, wie die gemeinsamen, die Kollekten, werden laut von ihm gesprochen. Was sich auf ihn allein bezieht, wie die Opferung und Konfekration, das spricht er still für sich. Bei beiden Arten Gebeten aber regt er die Aufmerkfam keit des Volkes an, indem er sagt: „Der Herr sei mit euch“ und die Antwort der gegenwärtigen erwidert auf fein Gebet: „Amen“. VII. Die wirkende Kraft der fakramentalen Worte kann gehindert werden durch die Absicht des Priesters. Auch ist es durchaus nicht unzulässig, das von Gott zu erbitten, von dem wir mit höchster Gewissheit überzeugt sind. Er werde es thun; wie nach Joh. 17. Christus die Verherrlichung seines Leibes vom Vater erbat. Zudem scheint der Priester da nicht zu beten, daß die Konsekration vollendet, sondern daß sie uns nutzreich werde, weshalb er ausdrücklich sagt: „Damit uns der Leib und das Blut werde.“ Und dieses Selbe bezeichnen die vorhergehenden Worte: „Wolle machen, daß diese Aufopferung eine gefegnete sei.“ Denn Augustin sagt: „Eine gesegnete, d. h. kraft deren wir gesegnet werden (durch die Gnade); eine zugeschriebene d. h. kraft deren wir geschrieben seien im Buche des Lebens; eine angerechnete d. h. kraft deren wir dem Leibe Christi stets eingegliedert seien und seine Verdienste uns angerechnet werden; eine vernunftgemäße, kraft deren wir von aller tierifchen Sinnlichkeit entfernt werden; eine annehmbare d. h., daß wir uns selber mißsallen und deshalb angenehm seien dem Sohne Gottes“ (kasvbaoius ck« eorp. st sanA. Domini c. 12.). VIII. Freilich ist dieses Sakrament an sich allen Opfern des Alten Bundes vorzuziehen. Jedoch haben die Opfer der Altväter ebenfalls das Wohlgefallen Gottes gefunden wegen der Andacht, mit welcher sie dargebrachtwurden. Der Priester also betet, daß die Andacht der gläubigen so gefallen möge Gott dem Herrn bei diesem Opfer, wie Ihm gefallen haben aus diefem Grunde die erwähnten Opfer aus dem Alten Bunde. IX. Der Priester betet nicht, daß die äußeren Gestalten in den Himmel getragen werden, und auch nicht, daß dies geschehe mit dem wahren Körper Christi, der nie aufhört, im Himmel zu sein. Er betet vielmehr für den mystischen Leib Christi, der in diesem Sakramente bezeichnet wird, daß nämlich der Engel, welcher beim Opfer beisteht, die Gebete des Priesters und des Volkes lNott dem Herrn vorstelle, nach Apok. 8.: „Es stiegen aus wie duftender Weihrauch die Gebete der heiligen.“ Der erhabene Altar aber ist entweder die triumphierende Kirche, in die wir gelangen, oder Gott selbst, an dem wir durch das Schauen seines Wesens Anteil haben wollen. Von diesem Altare heißt es Exod. 20.: „Sie sollen nicht aussteigen zu meinem Altare auf Stufen“ d. h. „du sollst in der Dreieinigkeit keine Gradunterschiede annehmen,“ sagt die Gloste. Oder man kann unter dem Engel Christum selbst verstehen, „den Engel des großen Ratschlusses“, der da seinen mystischen Leib verbindet mit Gott dem Vater und der triumphierenden Kirche. Deshalb heißt auch dieses Opfer „Messe“, weil der Priester durch den Engel die Gebete zu Gott sendet (mittit), wie das Volk durch den Priester; oder weil Christus die uns von Gott gesandte Opfergabe ist. Und demgemäß singt an den Festtagen der Diakon am Ende: Ito misg» est; d. h. die Opfergabe oder Hostie ist durch den Engel zu Gott „gesandt“, auf daß nämlich sie Ihm wohlgesällig sei.
