Fünfter Artiket. Die Ceremonien bei der Leier dieses Sakramentes.
a) Dieselben sind unzweckmäßig. Denn: I. In einem Sakramente des Neuen Bundes muß man nicht Ceremonien zulassen, die im Alten Bunde in Gebrauch waren; wie daß die Priester und Leviten sich die Hände wuschen, wenn sie an den Altar treten wollten, nach Exod. 30, 19. Also ist es unzulässig, daß während der Feier der Messe der Priester sich die Hände wäscht. II. An der nämlichen Stelle Exod. 30. wird auch geboten, man solle vor dem Sühnaltar Weihrauch brennen. Also darf dies ebenfalls nicht im Neuen Bunde bei einem Sakramente geschehen. III. Zwecklos sind die vielfachen Wiederholungen des Bezeichnens mit dem Zeichen des Kreuzes. Einmal dies zu thun genügt. IV. „Wer geringer ist, soll nicht segnen den größeren,“ nach Hebr. 7, 7. Also darf der Priester nicht nach der Konsekration Christi Leib segnen, indem er darüber das Kreuzzeichen macht. V. Lächerliches darf in der Feier eines Sakramentes nicht mit unterlaufen. Lächerlich aber erscheint es, solche Gesten zu machen wie der Priester bei der Messe, der bald die Hände verbindet bald sie ausstreckt bald die Finger ineinanderfaltet, Verneigungen macht u. dgl. VI. Lächerlich erscheint dies auch, daß der Priester sich vielmals zum Volke wendet und dasselbe grüßt. VII. 1. Kor. 1. will der Apostel nicht, daß Christus geteilt sei. Der Priester also dürfte nach der Konsekration nicht die heilige Hostie brechen. VIII. Beim Leiden Christi, dessen Andenken dieses Sakrament ist, ward der Leib des Herrn an den Stellen der sünf Wundmale geteilt. Also müßte die Hostie in sünf Stücke gebrochen werden. IX. Der ganze Leib Christi ist in diesem Sakramente getrennt vom Blute kraft der Konsekration. Also ist es unzulässig, einen Teil desselben mit dem heiligen Blute zu vermischen. X. Unmittelbar nach der Kommunion unter der Gestalt des Brotes nimmt der Priester keine andere Speise. Unzulässigerweise also nimmt er, nachdem er das heilige Blut genommen, sogleich nichtkonsekrierten Wein. XI. Vom Osterlamme, der Figur dieses Sakramentes, durste nichts übrig bleiben bis zum nächsten Morgen. Also dürfen hier nicht Hostien konsekriert werden, um sie aufzubewahren. XII. Der Priester spricht im Plural: „Der Herr sei mit euch;“ „danken wir Gott.“ Also darf er nicht Messe lesen, wenn nur der Mess diener da ist. Auf der anderen Seite steht der Brauch der Kirche, die vom heiligen Geiste geleitet wird.
b) Ich antworte; in den Sakramenten bestehe eine doppelte Art des Bezeichnens: durch Worte und Handlungen. Nun wird durch die Worte bei der heiligen Mesie ausgedrückt Manches, was sich aus das Leiden Christi bezieht; Anderes, was den durch dieses Sakrament bezeichneten mystischen Leib angeht; endlich Manches, was den Gebrauch dieses Sakramentes anbetrifft, der mit Andacht und Ehrfurcht verbunden sein muß. Und so drücken auch die Ceremonien aus, damit die Bezeichnung eine verständlichere sei: Manches, was sich aus das Leiden Christi bezieht; Anderes, was den mystischen Leib angeht; und endlich wieder Anderes, was die Andacht und die Ehrfurcht erwecken und nähren soll.
c) I. Aus Ehrfurcht vor dem Sakrament wäscht der Priester sich die Hände. Denn wir pflegen Kostbares nur zu berühren, nachdem wir die Hände rein gewaschen haben; und sodann weil das Abwäschen der äußersten Teile der Hände, der Fingerspitzen, bezeichnet die Reinhaltung auch von den kleinsten Sünden (3. de eoel. üisr.), da „wer rein gewaschen ist nur noch bedarf, daß er die Füße wasche“ (Joh. 23.). Eine solche Reimg keit also wird erfordert von jenem, der sich diesem Sakramente naht, weshalb auch das allgemeine reuige Sündenbekenntnis vor dem Introitus der Messe gebetet wird. Wenn nun auch die Waschungen im Alten Testamente das Nämliche bedeuteten, so betrachtet doch die Kirche dieses Waschen der Hände bei der Meffe nicht als ein noch festgehaltenes Ceremonialgesetz des Alten Bundes, sondern als etwas von ihr selber Eingesetztes. Und deshalb wird dies nicht so beobachtet wie im Alten Bunde. Denn das Abwäschen der Füße wird beiseite gelassen und nur die Händewaschung vorgeschrieben, welche einerseits leichter vollzogen wird und andererseits genügt, um die vollkommene Reinheit zu versinnbilden; da die Hand „das Organ der Organe“ ist (3. de slllma) und somit alle Werke den Händen zugeschrieben werden. Deshalb heißt es Ps. 25.: „Unter den unschuldigen habe ich meine Hände gewaschen.“ II. Auch des Weihrauchs bedient sich die Kirche nicht als eines Ceremonialgesetzes des Alten Bundes, sondern auf Grund eigener unabhängiger Bestimmung. Er wird deshalb auch anders angewandt wie im Alten Bunde. Man gebraucht ihn wegen der Ehrfurcht vor diesem Sakramente,daß nämlich durch den Wohlduft des Weihrauchs entfernt werde von dem betreffenden Orte aller üble Geruch, der da Ekel verurfachen könnte. Sodann bezeichnet er die Wirkung der Gnade. Weil nämlich Chriftus voll der Gnade war, wie voll Wohlduft, und von Christo sich ableitet die Gnade zu den gläubigen vermittelst der Diener der Kirche, nach 2. Kor. 2.: „Den Wohlduft seiner Kenntnis verbreitet Er durch uns an jedem Orte;“ deshalb werden, nachdem der Altar, der da Christum vorstellt, umräuchert worden, der Reihenfolge nach alle ineensiert. III. Durch das Bezeichnen mit dem Zeichen des Kreuzes drückt der Priester aus das Leiden Christi, welches am Kreuze seinen Abschluß fand. Nun können im Leiden Christi verschiedene Abstufungen unterschieden werden. Da ist 1. der Verrat des Judas, der da ausgegangen ist von Gott als dem Zulassenden und von den Juden und dem Judas als den das Verbrechen begehenden. Darauf bezieht sich die erste dreifache Kreuzbezeichnung: „Diese Gaben, diese Geschenke, diese unbefleckten Opfer.“ 2. Der Verkauf des Herrn, der verkauft ward den Priestern, den Schristgelehrten und Pharisäern. Daraus bezieht sich die zweite dreifache Kreuzbezeichnung bei den Worten: „Gesegnete, angeschriebene, anerkannte;“ oder es wird damit aus den Preis des Verkaufs, dreißig Silberlinge, hingewiesen. Eine zweifache Kreuzbezeichnung wird hinzugefügt bei den Worten: „Damit uns der Leib und das Blut werde,“ um hinzudeuten aus die zwei Personen: Judas, den Verkäufer, und Christum den Verkauften. 3. Die Vorbedeutung des Leidens Christi, wie sie im Abendmahle enthalten ist; und um dies auszudrücken, wird das Kreuz gemacht das eine Mal über die Gestalt des Brotes, das andere Mal über die Gestalt des Weines zum Worte: „Er segnete“ bei der Konsekration. 4. Das Leiden Christi selber, welches zur Erinnerung an die fünf Wunden ausgedrückt wird durch süns ffache Kreuzzeichnung zu jenen Worten: „Die reine Hostie, die heilige Hostie, die unbefleckte Hostie, das heilige Brot des ewigen Lebens und den Kelch des endlosen Heiles.“ 5. Die Ausstreckung des Körpers am Kreuze, das Vergießen deS Blutes und die Frucht des Leidens wird ausgedrückt durch die dreifache Kreuzzeichnung zu jenen Worten: „Den Leib und das Blut nehmen wir mit allem Segen . . 6. Das dreimalige Beten am Kreuze für die Verfolger: „Vater, verzeihe ihnen;“ für die Befreiung vom Tode: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen;“ und für die Erreichung der Herrlichkeit: „Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist;“ — danach geschieht die dreimalige Kreuzzeichnung zu den Worten: „Du heiligst. Du belebst. Du segnest.“ 7. Das Hängen am Kreuze während dreier Stunden; danach wird dreimal mit dem Kreuze gezeichnet zu den Worten: „Durch Ihn, mit Ihm, in Ihm.“ 8. Die Trennung der Seele vom Leibe; danach werden zwei Kreuze gemacht außerhalb des Kelches. 9. Die Auferstehung am dritten Tage; danach werden beim vomini drei Kreuzzeichnungen gemacht. Kürzer kann man sagen, die Konsekration dieses Sakramentes und daß Gott das Opfer annimmt und ebenso die Frucht desselben komme von der Kraft des Kreuzes Christi und deshalb werde, wo eines dieser drei Dinge erwähnt wird, vom Priester eine Kreuzzeichnung gemacht. IV. Nach der Konsekration macht der Priester das Kreuzzeichen; nicht um zu konsekrieren oder zu segnen, sondern um an die Kraft des Kreuzes Christi zu erinnern und an die verschiedenen Stufen des Leidens. V. Daß der Priester nach der Konsekration die Arme ausstreckt, geschieht, um zu bezeichnen, wie Christus seine Arme am Kreuze ausgestreckt hat. Er erhebt seine Hände, wenn er betet, um auszudrücken, wie sein Gebet für das Volk zu Gott hin nach oben gerichtet werde, nach Thren. 3.: „Erheben wir Herzen und Hände zum Herrn im Himmel;“ und Exod. 17.: „Da Moses seine Hände zu Gott erhob, siegte Israel.“ Daß er seine Hände manchmal verbindet und sich neigt, zeigt die Demut und den Gehorsam Christi an in seinem Leiden. Die Finger, nämlich den Daumen mit dem Zeigefinger, verbindet er nach der Konsekration, weil er mit diesen beiden Fingern den Leib Christi berührt hatte, damit wenn ein Teilchen hängen geblieben wäre, dasselbe nicht zu Boden falle; — was zur Ehrfurcht vor diesem Sakramente gehört. In diesem Allem also ist nichts Lächerliches. VI. Fünfmal wendet sich der Priester zum Volke, weil fünfmal am Auferstehungstage der Herr sichtbar sich gezeigt hat (Kap. 55, Art. 3 ad III.). Siebenmal grüßt er das Volk, nämlich diese genannten fünf Male und vor der Präsation und beim Pax Domini; denn siebengestaltig ist die Gnade des heiligen Geistes. Der Bischof aber sagt an Festtagen das erste Mal anstatt: „Der Herr sei mit euch,“ „der Friede sei mit euch;“ weil Christus, dessen Stelle er in erster Linie vertritt, nach der Auferstehung in dieser Weise grüßte. VII. Das Brechen der Hostie bezeichnet: 1. die Teilung des Körpers Christi durch die Nägel; — 2. den Unterschied im mystischen Körper gemäß den verschiedenen Zuständen; — 3. die Verteilung der Gnaden, die aus dem Leiden Christi folgen (3. de eccl. hier.). Solches Brechen führt zu keiner Teilung Christi. VIII. Papst Sergius sagt dazu (de cons. dist. 2., c. 22.): „Dreigestaltet ist der Leib Christi; der Teil der heiligen Hostie, welcher in den Kelch geworfen wird, zeigt hin auf den Leib Christi, der bereits auferstanden ist,“ nämlich auf Christum selber und die seligste Jungfrau oder wenn sonst noch andere heilige bereits mit ihrem Körper im Himmel sind; — „der Teil, welcher genossen wird, zeigt hin auf die noch im irdischen Leben pilgernden,“ die also noch der Kraft des Sakramentes bedürfen und die durch Trübsale zermalmt werden, wie man das Brot mit den Zähnen zermalmt; — „der Teil, welcher bis zum Ende der Messe liegen bleibt, zeigt hin auf den Leib Christi, der im Grabe liegt, weil bis zum Ende der Welt die Leiber der heiligen in den Gräbern bleiben werden;“ deren Seelen aber im Himmel oder im Fegfeuer sind. Jetzt allerdings wird dieser Ritus nicht mehr beobachtet, daß nämlich ein Teil der Hostie aufbewahrt liegen bleibt bis zum Ende der Messe; die Gefahr ist zu groß. Die Bezeichnung aber dieser drei Teile kann immerhin bleiben. Danach sagt man im Verse: Hostia dividitur in partes; tincta beatos; Plene, sicca notat vivos; servata sepultos. Andere sagen, der in den Kelch fallende Teil bedeute diejenigen, die noch in der Welt leben; der Teil außerhalb des Kelches, der bewahrt bleibt, bezeichne die voll, dem Leibe und der Seele nämlich nach, seligen; der gegessene Teil die übrigen. IX. Der Kelch bedeutet: 1. das Leiden Christi selber; und danach bedeutet der in den Kelch fallende Teil jene, die noch teilhaben am Leiden Christi vermittelst eigenen Leidens; — 2. das selige Genießen, welches ebenfalls in diesem Sakramente versinnbildet wird; und danach bedeutet der im Kelche befindliche Teil jene, die in der vollen Seligkeit sind. Es darf aberdieser Teil im Kelche niemandem als Ersatz für die Kommunion gegeben werden; denn den eingetauchten Bissen gab der Herr nur dem Judas, dem Verräter. X. Der Wein wäscht ab. Aus Ehrfurcht vor dem Sakramente also wird nach dem Genusse dieses Sakramentes Wein genommen, um den Mund zu spülen, daß nicht Teilchen des Sakramentes zurückbleiben. Und aus demselben Grunde wäscht der Priester die Finger, mit denen er den Leib des Herrn berührte, mit Wein ab: „Immer soll der Priester seinen Mund mit Wein ausspülen, wenn er das ganze Sakrament der Eucharistie genommen; außer er müßte am selben Tage noch eine Messe feiern, damit nicht der Wein, mit dem er etwa den Mund auswäscht, hindere die weitere Meßfeier“ (extra, cks celebr. cap. Ex parte). XI. In etwa entspricht doch der Figur die Wahrheit. Denn kein Teil einer konsekrierten Hostie, von welcher der Priester und vielleicht auch die Diener am Altare und das Volk kommuniziert haben, darf bis zum nächsten Tage aufbewahrt bleiben: „So viele Hostien sollen konsekriert werden, wie viele für das Volk genügen; bleiben davon zurück, so sollen sie nicht bis zum nächsten Tage aufbewahrt werden, sondern in Furcht und Zittern soll sie der Priester sorgsam nehmen,“ sagt Klemens I. (ep. 2.); de cons. dist. 2. cap. Tribus gradibus. Weil jedoch dieses Sakrament täglich genommen werden soll, was beim Osterlamme nicht der Fall war, so muß man andere konsekrierte Hostien aufbewahren für die kranken: „Der Priester soll immer die heilige Eucharistie bereit haben, damit, wenn jemand erkrankt, ihm die Kommunion gereicht werde und er nicht ohne selbe sterbe“ (l. c. cap. 93.). XII. Papst Soter sagt (decret. 3., de cons. dist. 1. c. 61.): „Dies ist ebenfalls bestimmt worden, daß kein Priester wagen solle, feierlich das Meßopfer zu halten; es seien denn außer ihm noch zwei zugegen, die seinem an mehrere gerichteten Gruße angemessen antworten.“ Dies gilt aber nur für die feierliche Messe. In Privatmessen genügt ein Messdiener, der namens des Volkes antwortet.
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