Sechster Artikel. Die Art und weise, den Mängeln entgegenzutreten, die bisweilen bei der Feier der Messe vorkommen.
a) Man kann dies nicht hinreichend, ohne kirchliche Gebote zu verletzen. Denn: I. Der Priester kann vor oder nach der Konsekration sterben oder geistesabwesend oder sonst krank werden, so daß er nicht kommunizieren und somit die Messe nicht vollenden kann. Also kann da das Gebot nicht beobachtet werden, daß der konsekrierende Priester kommunizieren soll. II. Der Priester kann sich am Altare einer begangenen Todsünde erinnern oder daß er exkommuniziert ist oder etwas gegessen oder getrunken habe. Also handelt ein solcher Priester gegen das Gebot, mag er kommunizieren oder nicht. III. Eine Spinne oder eine Fliege kann in den konsekrierten Kelch fallen oder der Priester kann klar erkennen, der Wein sei vergiftet gewesen. Wenn er in solchem Falle kommuniziert, sündigt er schwer, indem er sichselbst tötet oder Gott versucht. Kommuniziert er dagegen nicht, so sündigt er schwer gegen das Kirchengebot. IV. Durch die Nachlässigkeit des Meßdieners kommt es bisweilen vor, daß kein Wein im Kelche ist oder kein Wasser dem Weine beigemischt worden. Also muß in solchem Falle der Priester entweder nicht kommunizieren; und da thut er gegen das Kirchengebot; — oder er kann nur den Leib nehmen; und dann bleibt das Opfer unvollständig. V. Bisweilen erinnert sich der Priester nicht, ob er die Konsekrationsworte gesagt hat. Er sündigt dann also, wenn er über dieselbe Materie die Worte wiederholt, die er vielleicht schon gesagt; und er sündigt, wenn er sich der Gefahr aussetzt, unkonsekriertes Brot oder unkonsekrierten Wein sakramentalisch zu gebrauchen. VI. Es trifft sich, daß wegen der Kälte die Hostie den Fingern entgleitet und in den Kelch fällt, bevor sie gebrochen ist. Da kann er also nicht den Ritus der Kirche wahren, der unter schwerer Sünde verpflichtet. VII. Es geschieht manchmal, daß durch die Nachlässigkeit des Priesters das Blut Christi verschüttet wird; oder daß der Priester das genommene Sakrament ausbricht; oder daß die aufbewahrten Hostien faulen oder von Mäusen zerfressen werden. In allen diesen und ähnlichen Fällen scheint man die von den Kirchengeboten erforderte Ehrfurcht vor dem Sakramente nicht einhalten zu können. Und so scheint es, man könne den hier vorkommenden Mängeln nicht genügend entgegentreten. Auf der anderen Seite schreibt die Kirche ebensowenig wie Gott etwas Unmögliches vor.
b) Ich antworte, solche Mängel müssen zuvörderst durch Vorsicht möglichst verhütet werden; und sind sie eingetreten, so muß man suchen zu bessern, mindestens durch die Buße dessen, der sich einer Nachlässigkeit schuldig gemacht hat.
c) I. Hat der Priester in dem genannten Falle noch nicht konsekriert, so braucht die Messe nicht durch einen anderen fortgesetzt zu werden. Hat er bereits konsekriert, so muß ein anderer die Messe fortsetzen. „Denn da wir alle eins sind in Christo, macht hier die Verschiedenheit der Personen nichts aus, wo die Einheit des Glaubens die Wirksamkeit vorstellt für die ewige Glückseligkeit. Was aber in dieser Weise mit Rücksicht auf die Schwäche der Natur geduldet wird, das soll niemand zu seinem eigensten Verderben mißbrauchen, daß er etwa, wenn er angefangen, die heiligen Mysterien ohne weiteres unvollendet zurückläßt. Unterbricht jemand so die heilige Messe, so soll er exkommuniziert sein“ (decret. 7., q. 1.; cap. Nihil; Tolet. VII. can. 2.). II. Wo eine Schwierigkeit hier auftaucht, ist immer das zu erwählen, was von weniger Gefahr begleitet erscheint. Nun besteht bei diesem Sakramente die höchste Gefahr darin, daß dasselbe unvollendet bleibt; denn dies ist ein ungeheuerliches Sakrileg; — minder Gefahr ist mit dem verbunden, was auf seiten des nehmenden sich findet. Erinnert sich also der Priester, nachdem er die Konsekration begonnen, daß er etwas gegessen oder getrunken hat, so muß er fortfahren und das Opfer vollenden; erinnert er sich einer begangenen Sünde, so muß er bereuen mit dem Vorsätze zu beichten und genugzuthun; erinnert er sich, daß er einer Exkommunikation unterliegt, so muß er sich vornehmen, in aller Demut die Lösung davon nachzusuchen, damit ihn für diesen Akt, in den heiligen Mysterien fortzufahren, der unsichtbare Hohepriester Jesus Christus löse. Erinnert er sich dessen vor der Konsekration, so erachte ich es, zumal im Falle daß er etwas gegessen oder getrunken hat oder exkommuniziert ist, für sicherer, daß der betreffende Priester den Altar verläßt; es müßte denn daraus ein schweres Ärgernis entstehen. III. Fällt eine Mücke oder so etwas vor der Konsekration in den Kelch, so muß der Wein ausgeschüttet, der Kelch abgetrocknet und neuer Wein eingegossen werden. Geschieht dies nach der Konsekration, so muß man das Tier vorsichtig herausnehmen, abwaschen, verbrennen und Alles in das Sakrarium thun. Wird erkannt, es sei Gift hineingemischt worden, so darf der Priester das ja nicht nehmen und keinem anderen geben, damit der Kelch des Lebens nicht zum Anlasse des Todes werde; sondern man muß diesen konsekrierten Wein ausschütten und in einem passenden Gefäße zusammen mit Reliquien aufbewahren. Damit aber das Sakrament nicht unvollendet bleibe, muß anderer Wein in den Kelch gegossen, die Konsekration des Weines wiederholt und so das Opfer vollendet werden. IV. Nimmt der Priester nach den Konsekrationsworten wahr, das Wasser habe gefehlt, so muß er nichtsdestoweniger weiter vorangehen; denn das Hinzuthun des Wassers gehört nicht mit Notwendigkeit zum Sakramente. Wer jedoch wegen seiner Nachlässigkeit schuld an diesem Mangel ist, der soll gestraft werden. Keineswegs aber darf man zu dem bereits konsekrierten Weine Wasser hinzumischen; denn daraus würde ein Vergehen des Sakramentes in einem gewissen Teile folgen (Kap. 77, Art. 8.). Wenn nun weiter nach der Konsekration der Priester merkt, es sei kein Wein im Kelche gewesen; merkt er dies vor dem Nehmen des Leibes Christi, so muß er das im Kelche befindliche Wasser ausschütten. Wein mit Wasser hineingießen und beginnen von den Worten der Konsekration des Blutes an. Merkt er es aber erst nach dem Nehmen des Leibes, so muß er eine neue Hostie konsekrieren zugleich mit dem Blute; — denn würde er nur die Worte der Konsekration des Blutes sagen, so würde die gebührende Ordnung im Konsekrieren nicht gewahrt sein, wonach das Sakrament, unter beiden Gestalten zugleich, da sein muß. Würde er nämlich nur von der Konsekration des Blutes an beginnen und alle Worte, die folgen, wiederholen, ohne daß eine konsekrierte Hostie da wäre; so würde dies nicht sich geziemen, da manche dieser Worte und Ceremonien auch auf den Leib sich beziehen und nicht allein auf das Blut. Am Ende muß er, trotzdem er das Wasser getrunken, was im Kelche gewesen, von neuem die konsekrierte Hostie nehmen und das Blut; denn schwerer ist das Gebot, das Sakrament zu vollenden, wie nüchtern zu sein wenn man es nimmt. V. Daraus daß der Priester sich nicht erinnert. Einiges gesagt zu haben, soll er keinen Anlaß nehmen zu innerer Verwirrung. Denn wer viele Worte spricht, erinnert sich nicht an alle, die er gesprochen; er müßte denn etwas im Sprechen auffassen unter dem Gesichtspunkte des schon Gesprochenen. Es kann jemand nämlich ganz wohl etwas aufmerksam sagen und denken sonach an das, was er sagt; aber er denkt nicht daran, daß er es sage; und dann erinnert er sich nachher nicht genau, daß er es gesagt habe; denn es wird etwas Gegenstand der Erinnerung, insoweit es genommen wird unter dem Gesichtspunkte des Vergangenen (de memoria c. 1.). Steht aber es für den Priester positiv fest, daß er wahrscheinlich etwas ausgelassen habe, so kann er nach meiner Meinung weiter vorangehen und darf nicht die Ordnung im Opfer stören, falls das, was er ausgelassen, nicht notwendig zum Sakramente gehört. Wird es ihm jedoch gewiß, erhabe z. B. die Form der Konsekration ausgelassen, die notwendig zum Sakramente gehört, ebenso wie die Materie, so ist dasselbe zu thun wie beim Mangel der Materie; er muß wieder anfangen von der Form der Konsekration und das Übrige der Reihe nach folgen lassen, damit die festgestellte Ordnung im Opfer nicht verletzt werde. VI. Das Brechen der Hostie, das Fallenlassen des einen Teilchens in den Kelch geschieht gleichwie das Beimischen von Wasser, um etwas am mystischen Körper zu bezeichnen. Dies gehört nicht zur Notwendigkeit des Sakramentes und darf deshalb nichts davon wiederholt werden. VII. Pius I. (decret. VI.) bestimmt: „Fällt ein Tropfen auf die Erde, so soll dies von dem Erdboden abgekratzt, verbrannt und die Asche im Sakrarium verborgen werden; der Priester aber soll vierzig Tage Buße thun. Fällt ein Tropfen vom Kelche auf den Altar, so lecke der Priester den Tropfen ab und thue drei Tage Buße. Fällt ein Tropfen auf das Altartuch und gelangt bis zum zweiten, so soll er vier Tage Buße thun; wenn er bis zum dritten kommt, dann neun Tage; und erreicht er das vierte, so büße er zwanzig Tage. Die Altartücher, welche der Tropfen berührt hat, wasche der Diakon dreimal und stelle den Kelch darunter; das Wasser des Abwaschens soll abseits gestellt werden.“ Wäre es nicht zu schmutzig, so daß es Ekel verursacht, so könnte man es auch trinken. Andere schneiden jenen Teil des Altartuches ab, verbrennen ihn und legen die Asche ins Sakrarium. „Bricht jemand, weil er zu viel gegessen und getrunken, die Eucharistie aus, so soll er, ist er ein Laie, vierzig Tage büßen; gehört er zum Klerus oder zu den Mönchen, siebzig Tage. Geschah es wegen Krankheit, so soll die Buße sieben Tage betragen“ (c. 28. ex poenit. Bedae presb. lib. de remed. peccator. de ebriet.). „Wer die Eucharistie nicht gut behütet, so daß eine Maus oder sonst ein ähnliches Tier sie frißt, der soll vierzig Tage Buße thun; wenn man sie verliert in der Kirche oder ein Teil fällt zu Boden und wird nicht mehr gefunden, so beträgt die Buße dreißig Tage.“ Derselben Buße scheint wert jener Priester, durch dessen Nachlässigkeit die heiligen Hostien faulen. Die Buße nun besteht im Fasten; und der Büßer muß sich der Kommunion enthalten. Jedoch kann je nach den Verhältnissen die Buße vermindert oder vermehrt werden. Dies gilt jedoch im allgemeinen: Wo auch immer ganze Gestalten des Sakramentes gefunden werden, sind sie mit Ehrfurcht aufzubewahren oder auch zu nehmen; denn so lange die Gestalten bleiben, bleibt da der Leib Christi. Das aber, worin sie gefunden werden, ist zu verbrennen und die Asche ins Sakrarium zu legen.
