Erster Artikel. Durch die Buße werden die Tugendm wieder hergestellt.
a) Dies ist nicht so. Denn: I. Die Buße verursacht keine Tugenden; also kann sie dieselben nicht wiederherstellen; zumal der Glaube, die Hoffnung und die Liebe früher sind wie die Buße. II. Die Buße besteht in einigen menschlichen Thätigkeiten. Die Tugenden aber „wirkt Gott in uns ohne uns“ (Aug. 2. de lib. arbitr. 18.). III. Wer im Besitze der Tugenden ist, handelt mit Freude ihnen gemäß (1 Ethic. 8.): „Es giebt keinen gerechten, der nicht Freude hätte über sein gerechtes Wirken.“ Viele Büßer aber haben Schierigkeit im Wirken des Guten. Auf der anderen Seite sagt Ambrosius zu Luk. 15.: „Das erste Kleid (des zurückgekehrten verlorenen Sohnes) sei die Weisheit und dieser folgen alle Tugenden;“ nach Sap. 8.: „Die Weisheit lehrt die Nüchternheit und Gerechtigkeit, die Klugheit und die Kraft; und nichts ist nützlicher dem Menschen wie dies.“
b) Ich antworte; durch die Buße werden die Sünden nachgelassen. Dies kann aber nicht sein ohne das Einflößen der Gnade. Der Gnade nun folgen alle Tugenden wie aus dem Wesen der Seele folgen alle Seelenvermögen. Also stellt die Buße wieder her die Tugenden.
c) I. In derselben Weise, nämlich als Sakrament, wie die Buße die Gnade verursacht, stellt sie die Tugenden wieder her. Als Tugend ist die Buße vielmehr eine Wirkung der Gnade. Der Zustand der Buße als Tugend wird zugleich mit den Zuständen aller anderen Tugenden durch das Bußsalrament verursacht. II. Die menschlichen Thätigkeiten im Sakramente der Buße sind wie die Materie, wie das bestimmbare Moment; die bestimmende formale Kraft kommt von der Schlüsselgewalt. Letztere also verursacht in wirkender Weise, aber als Werkzmg, die Gnade und die Tugenden. Der erste Akt, nämlich die Reue, steht da wie die letzte materiale Vorbereitung zum Erlangen derGnade; die anderen Bußakte gehen bereits aus von der Gnade und den Tugenden. III. Nach dem ersten Bußakte, der Reue nämlich, bleiben zuweilen noch einige Reste der Sünden, nämlich Verfassungen in den Vermögen, welche von den früheren Sündenakten her verursacht worden sind. Und diese bieten dem büßenden eine gewisse Schwierigkeit beim Wirken des Guten. Mit Rücksicht auf die Hinneigung, welche von der heiligen Liebe und den anderen Tugenden ausgeht, wirkt aber der büßende die Tugendakte mit Freuden und ohne Schwierigkeit. Es ist dies, wie wenn ein Künstler von außen her, wie durch Schlaf, Krankheit ein Hindernis erführe für sein künstlerisches Wirken.
