Dritter Artikel. Die Wiederherstellung der früheren Würde durch die Buße.
a) Es wird nicht die nämliche frühere Würde hergestellt. Denn: I. Zu Amos 5. (Virgo Israel) sagt Hieronymus: „Er leugnet nicht, daß sie wieder aufstehe, aber es wird nicht wieder aufstehen die Jungfrau Israel; denn das verirrte Schäflein, mag es auch auf den Schultem des Hirten zurückgetragen werden, hat nicht mehr so große Herrlichkeit, wie jenes, das niemals in die Irre ging.“ II. Hieronymus erklärt (c. 30. dist. 50.): „Die da nicht behüten die Würde des Grades, den sie im Bereiche des Göttlichen einnehmen, sollen zufrieden sein, wenn sie ihre Seele retten; denn zum früheren Grade zurückkehren ist schwer.“ Und Innocenz I. (ep. 6. ad Agapitum): „Die Kanones vom Konzil von Nicäa schließen die Büßer aus, auch von den niedrigsten Diensten der Kleriker.“ Durch die Buße also erlangt der Mensch nicht die frühere Würde. III. Vor der Sünde kann jemand zu einem höheren Grade zugelassen werden. Nach der Sünde aber wird dem reuigen dies nicht mehr gestattet. Denn Ezech. 44. heißt es: „Die Leviten, die von mir sich entfernt haben, sollen niemals mehr sich mir nahen, daß sie des Priesteramtes walten.“ Und Decret. dist. 50. c. 52.: „Wenn jene, die dem heiligen Altare dienen, in fleischliche Sünden beweinenswerterweise gefallen sind, sollen sie mit der Gnade Gottes würdige Buße thun und die Stelle ihres früheren Grades so zurückerhalten, daß sie zu höheren Stellen nicht aufzurücken vermögen.“ Also stellt die Buße den Menschen nicht in seiner früheren Würde her. Auf der anderen Seite schreibt Gregor (lib. 7. Reg., ind. 2. ep. 54.) an Sekundinus: „Nach würdiger Genugthuung kann, wie wir meinen, er wieder die frühere Ehre erhalten.“ Und im conc. Agathens. can. 2. wird erklärt: „Hartnäckige Kleriker sollen, wie der Grad ihrer Würde dies gestattet, vom Bischöfe gebessert werden und wenn sie wahrhaft Buße gethan, ihren Grad und ihre Würde wieder erhalten.“
b) Ich antworte; mit Rücksicht auf Gott verliert der Mensch durch die Sünde: 1. die Würde eines Kindes Gottes; und diese Würde erhält er wieder durch die Buße, wie nach Luk. 15. dem verlorenen Sohne „das Festkleid, die Schuhe und der Ring“ wieder gegeben wurde; 2. verliert er die Unschuld, deren der ältere Sohn da sich rühmt: „Siehe; so viele Jahre diene ich Dir und niemals habe ich Dein Gebot übertreten.“ Und diese Würde erhält der Mensch durch die Buße nicht wieder; manchmal jedoch gewinnt er etwas Größeres nach Gregor (34. in Evgl.): „Die da erwägen, daß sie von Gott sich entfernt hatten, ersetzen nicht selten das Verlorene durch den nachfolgenden Gewinn. Eine größere Freuds also über sie hat man im Himmel, wie ja auch der Heerführer jenen Soldaten mehr liebt, der, nachdem er einmal geflohen, nun zurückkehrend den Feind um so heftiger und ausdauernder bekämpft, wie jenen, der niemals geflohen, aber auch nie tapfer gewesen ist.“ Mit Rücksicht auf die Kirche verliert der Sünder durch die Sünde seine kirchliche Würde, weil ihn die Sünde dazu ungeeignet macht. Diese Würde erhält er nicht zurück: 1. wenn er nicht Buße thut; weshalb Isidor an den Bischof Masso schreibt: „Die Kanones schreiben vor, daß jene zu den früheren Würden wieder zugelassen werden, welche zuvor Buße gethan haben. Wenn sie aber von ihren verderblichen Lastern sich nicht bessern, so sollen sie weder die frühere Ehrenstufe wiedereinnehmen noch zur Kommunion zugelassen werden;“ — 2. wenn er nachlässig seine Buße thut; weshalb es ebenda heißt: „Da bei einzelnen weder die Zerknirschung der Demut noch die Beharrlichkeit und Inbrunst im Gebete sich zeigt; da wir sie weder fasten noch heilige Bücher lesen sehen, so können wir daraus schließen, wollten wir sie zu den früheren Ehren wieder zulassen, mit welcher Nachlässigkeit sie dabei verbleiben würden;“ — 3. wenn der betreffende eine Sünde begangen hat, mit welcher die Irregularität verbunden ist; weshalb im Konzil Martins I. gesagt wird: „Hat jemand eine Witwe oder eine von einem anderen verlassene geheiratet, so soll er nicht zugelassen; und hat er sich unter die Diener der Kirche aufnehmen lassen, so soll er entfernt werden; ähnlich wenn er einen Mord begangen oder angeraten oder vorgeschrieben hat, nachdemer getauft worden;“ das ist aber nicht auf Grund der Sünde, sondern auf Grund der Irregularität; — 4. wenn damit ein Ärgernis verbunden wäre, nach Rabanus (I. Poenitentiae ad Heribaldum c. 1.): „Wer öffentlich ertappt worden ist beim Meineid, Diebstahl oder Unkeuschheit oder bei ähnlichen Verbrechen, soll nach den Bestimmungen der Kanones seine Stufe unter dem Klerus verlieren; denn ein Ärgernis ist es für das Volk Gottes, solche Personen zu Vorgesetzten zu haben. Sind diese Verbrechen im Verborgenen begangen worden, so soll der betreffende in Fasten, Almosen, Nachtwachen, Buße thun und im Vertrauen auf die Barmherzigkeit seine Ehrenstufe behalten“ (vgl. extra de qual. ordinandorum, cap. Quaesitum).
c) I. Dasselbe gilt von der Wiederherstellung der Jungfräulichkeit, was von der Wiederherstellung der Unschuld. Beides gehört vor Gott zur Würde an zweiter Stelle. II. Hieronymus nennt es bloß „schwer“, die frühere Würde wieder zu erlangen; denn dazu muß man vollkommen Genugthuung thun. Den Bestimmungen der Kanones, die dies zu verbieten scheinen, antwortet Augustin (ep. 185. ad Bonif.): „Daß in der Kirche festgestellt wurde, es solle niemand, nachdem er wegen eines Verbrechens Buße gethan, zum Klerus zu gelassen werden oder im Klerus bleiben, ist nicht geschehen, um die Hoffnung auf Verzeihung abzuschließen, sondern wegen der Strenge der Zucht. Sonst wäre dies ja gegen die verliehene Schlüsselgewalt, von der es heißt: „Was auch immer du lösen wirst aus Erden, das soll auch im Himmel gelöset sein …“ „Auch der heilige David hat Buße gethan wegen seiner Missethaten und verblieb auf seiner Ehrenstufe; und der heilige Petrus bereute unter Thränen, den Herrn verleugnet zu haben, und blieb Apostel. Deshalb darf man die Sorgfalt der späteren nicht als eine überflüssige betrachten, die da, wo dem Heile in keiner Weise geschadet wurde, zur Demut etwas hinzufügten, wahrscheinlich nachdem sie erfahren, wie so manche verstellterweise Buße gethan haben, um die Macht der Ehrenstellen zu erlangen.“ III. Dies ist zu verstehen von der öffentlichen Buße, da die betreffenden nachher nicht zu höheren Ämtern befördert werden sollen. Denn auch Petrus wurde, nachdem er den Herrn verleugnet, zum Hirten der Schafe Christi gemacht; wozu Chrysostomus erklärt (hom. 87. in Joan.): „Nach der Verleugnung und nach der Buße zeigte Petrus, daß er ein größeres Vertrauen zu Christo habe. Denn während er beim Abendmahle den Herrn nicht fragen wollte, sondern dies dem Johannes überließ, ist ihm nachher nicht bloß die Vorsteherschaft über die Brüder thatsächlich anvertraut worden, sondern er überläßt es nicht nur nicht einem anderen, zu fragen, was ihn angeht; vielmehr mischt er sich darein, was den Johannes angeht und fragt darüber den Herrn.“
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