Zweiter Artikel. Die Absicht braucht nicht immer auf den letzten Zweck zu gehen.
a) Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Denn: I. „Das Schreien zu Gott ist die Absicht im Herzen,“ heißt es in den Sentenzen des Prosper (sent. 100). Gott aber ist der letzte Endzweck. II. Die Absicht geht auf den Zweck, insofern er Abschluß ist; was dem letzten Endzwecke zukommt. III. Wie die Absicht auf den Zweck sich richtet, so auch das Genießen.Letzteres aber hat immer den letzten Endzweck zum Gegenstande. Also auch die Absicht hat den gleichen Gegenstand. Auf der anderen Seite ist nur einer der letzte Endzweck der menschlichen Willenskräfte, nämlich die Seligkeit. Wenn also die Absicht nur immer auf den letzten Endzweck ginge, so gäbe es nicht verschiedenartige Absichten bei den Menschen; was falsch ist.
b) Ich antworte; die Absicht gehe auf den Zweck, soweit dieser der Abschluß einer Willensbewegung ist, soweit also Anderes zu ihm hingeordnet wird. In der Bewegung aber wird der „Abschluß“ in doppelter Weise betrachtet: einmal als endgültiger, letzter Abschluß der ganzen Bewegung; dann als Abschluß eines Teiles derselben und somit als Anfang des anderen folgenden. So ist in der Bewegung von A bis C durch B, C der letzte Abschluß. B ist auch ein Abschluß, jedoch nicht der letzte. Auf beides kann die Absicht sich richten. Sie geht also immer auf den Zweck; nicht immer aber auf den letzten Endzweck.,
c) I. „Die Absicht des Herzens“ wird als „Schreien zu Gott“ bezeichnet; nicht als ob Gott immer der Gegenstand der Absicht wäre, sondern weil Er die Absicht kennt; — oder weil, wenn wir beten, wir unsere Absicht auf Gott richten, welche Absicht eben die Kraft eines gewissen Schreiens zu Gott besitzt. II. Der Abschluß braucht nicht immer der letzte Zweck zu sein, sondern Abschluß eines Teiles. III. „Genießen“ will sagen „Ausruhen“ im Zwecke; und damit kann dann nur der letzte gemeint sein. Die „Absicht“ aber schließt die Bewegung zum Zwecke hin ein, nicht zum Ausruhen. Und deshalb stimmt das Verhältnis nicht.
