Dritter Artikel. Die Absicht kann zugleich auf Mehreres sich richten.
a) Dagegen sagt: I. Augustin (2. de serm. Dom. in monte 14.): „Es kann der Mensch nicht zugleich seine Absicht richten auf Gott und auf körperliche Bequemlichkeit.“ Also aus gleichem Grunde kann er dies nicht mit Rücksicht auf zwei andere beliebige Dinge. II. Die Absicht bezeichnet die Willensbewegung zum Abschlüsse hin. Für ein und dieselbe Bewegung aber kann es nicht von ein und derselben Seite her zwei Endpunkte oder Abschlüsse geben. Also kann der Wille seine Absicht nicht auf zwei Dinge zugleich richten. III. Die Absicht setzt voraus die Thätigkeit der Vernunft, insoweit diese entweder von einem auf das andere schließt oder gleich von vornherein ohne Schließen Verständnis hat. „Es trifft sich aber nicht,“ sagt Aristoteles (2 Topic. 4.), „daß Mehreres zugleich verstanden wird.“ Also ist das Nämliche mit der Absicht der Fall. Auf der anderen Seite ahmt die Kunst der Natur nach. Die Natur aber beabsichtigt mit ein und demselben Werkzeuge manchmal einen zweifachen Nutzen; wie die Zunge zugleich dem Geschmacke und der Rede dient. Also kann die Kunst oder die Vernunft ein und dasselbe zugleich zu zwei Zwecken hinordnen und so kann die Absicht auf zwei Dinge gehen.
b) Ich antworte, zwei Zwecke können so genommen werden, daß sie zu einander in geordneter Beziehung stehen oder nicht. Im ersten Falle ist es aus dem Vorhergesagten offenbar (Art. 2), daß der Mensch seine Absicht auf Mehreres richten kann. Denn die Absicht geht nicht nur auf den letzten Zweck, sondern auch auf das Mittel zum Zwecke. Zugleich aber richtet jemand seine Absicht auf den nächsten und auf den letzten Zweck; wie z. B. auf das Anfertigen der Medizin und auf die Gesundheit. Jedoch auch im zweiten Falle, wenn die Glieder der beabsichtigten Mehrheit nicht zu einander geordnete Beziehung haben, kann der Mensch auf Mehreres seine Absicht richten. Das geht klar daraus hervor, daß der Mensch oft das eine vor dem anderen auserwählt, weil es zu Mehrerem nützlich ist und demgemäß besser erscheint wie das andere.
c) I. Der Mensch kann nicht zugleich seine Absicht richten auf Gott und den körperlichen Vorteil, wie auf zwei „letzte Endziele“. II. Für ein und dieselbe Bewegung giebt es von ein und derselben Seite zwei Zielpunkte, wenn der eine von diesen zum anderen Beziehung hat. Ist aber eine solche geordnete Beziehung nicht vorhanden, so kann es auf diese Weise von der nämlichen Seite her nicht zwei Zielpunkte zugleich geben. Was jedoch nicht eins sein kann der thatsächlichen Wirklichkeit nach, das kann als Einheit aufgefaßt werden gemäß der Vernunft. Die Absicht nun ist eine Willensbewegung, welche sich auf etwas in der Vernunft Vorhergeordnetes richtet. Mehrere Dinge also der thatsächlichen Wirklichkeit nach können als ein Zielpunkt der Absicht betrachtet werden, soweit sie eine Einheit gemäß der Vernunft haben; entweder deshalb weil beliebige Dinge zusammentreten, um zur Herstellung eines Ganzen beizutragen, wie zur Gesundheit ein gewisses Maß von Wärme und Kälte beiträgt; — oder weil solche Dinge unter etwas Einem enthalten sind und dieses Eine ist der Gegenstand der Absicht. So ist der Erwerb von Wein und Kleidern enthalten unter dem Gewinne, wie unter etwas Einem, Gemeinsamen; wer also Gewinn beabsichtigt, dessen Absicht geht zugleich auf Wein und Kleider. III. Man kann Mehreres verstehen (I. Kap. 85, Art. 4), insofern es irgendwie eine Einheit bildet.
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