3.
Ich wünschte, meine Schwestern, wir möchten uns solch großer Tugenden recht befleißen und auf diese Weise in der Buße üben; von übermäßigen Bußwerken aber halte ich euch, wie ihr selber wißt, ab, weil Bußwerke der Gesundheit schaden können, wenn sie unbesonnen vollbracht werden. Hierin jedoch hat man nichts zu befürchten; denn die innerlichen Tugenden, wie groß sie auch sein mögen, schwächen doch nicht die Kräfte des Leibes, die man nötig hat, um dem Orden zu dienen. Die Seele aber wird durch sie gestärkt. Da könnt ihr es durch Übung in ganz kleinen Dingen — ich habe das schon des öfteren anderswo gesagt — allmählich dahin bringen, daß ihr auch in großen den Sieg erringt. Was letzteres betrifft, so habe ich freilich an mir selbst diese Erfahrung noch nicht machen können, da ich noch nie etwas Böses von mir reden hörte, ohne daß ich einsah, man sage noch zu wenig. War ich auch unschuldig in dem, dessen man mich beschuldigte, so hatte ich doch viele andere Beleidigungen Gottes begangen, und ich meinte, es wäre Schonung genug, wenn man diese nicht erwähnte. Auch freue ich mich allezeit mehr, wenn man etwas von mir sagt, was nicht wahr ist, als wenn es wahr ist.
