4.
Fast zur gleichen Zeit durfte auch der Apologet Justinus in Rom, wo er eine Schule christlicher Glaubensunterweisung eröffnet hatte, Zeugnis ablegen für Christus. Im alten Sichem in Samaria aus einer Kolonistenfamilie geboren, hatte er nach langem philosophischen Suchen, das er uns in seinem Dialog mit dem Juden Tryphon (Kap. 2—8) reizvoll schildert, in Ephesus den Glauben an Christus gefunden. In Rom stand er nun dafür vor Gericht, zusammen mit mehreren Männern und einer Frau, die alle bei ihm Förderung im Glauben gefunden hatten. Nicht für den einst so begeistert geliebten Platon galt es jetzt zu sterben, sondern für den Logos, der Mensch geworden ist, nachdem er schon seit uralten Zeiten von den Propheten verkündet, aber auch als „samenartig ausgestreuter Logos“ in den hohen und hehren Geistern der griechischen Philosophie in geheimnisvoller Weise am Werk war. Justinus, den schon der Römer Hippolyt (Elenchos 8, 16) mit Vorzug „den Martyr“ nennt, ist somit im edelsten Sinne ein „Martyr des Logos“, ein Zeuge des Wortes. Jedes Wort, das er vor Gericht spricht und das die Stenographen getreu aufgenommen haben, zeugt in seiner ruhigen, männlich S. 9 besonnenen Art von dem Philosophen, der einzig in Christus die Ruhe des Geistes gefunden hat.
Das war in Rom, unter dem Stadtpräfekten Junius Rusticus, der laut den antiken Quellen während der Jahre 163—167 im Amt war.
