8.
Fasten kennt das Unwesen des Wuchers nicht; des Fastenden Tisch riecht nicht nach Zinsen. Das verwaiste Kind eines fastenden Vaters ängstigen keine väterlichen Schulden, die wie Schlangen umstricken. Übrigens gibt das Fasten auch Veranlassung zu Frohsinn. Wie der Durst den Trunk angenehm und ein vorausgehender Hunger das Mahl wohlschmeckend macht, so würzt auch das Fasten den Genuß der Speisen. Denn es tritt zwischenherein und unterbricht den anhaltenden Genuß köstlicher Speisen und läßt dir deren Genuß, der unterbrochen worden, um von neuem begehrenswert zu erscheinen. Willst du dir also einen wohlschmeckenden Tisch bereiten, so versteh dich zu einer Abwechslung mit Fasten! Du aber, zu sehr in der Genußsucht gefangen, verdirbst dir, ohne es zu wissen, den Appetit für die Leckerbissen und bringst dich mit deiner Genußsucht um den Genuß. Denn nichts ist so begehrenswert, daß es nicht durch steten Genuß zum Ekel würde. Was man aber selten hat, dessen Genuß ist sehr erwünscht. So hat auch unser Schöpfer es so gefügt, daß uns der Genuß an seinen Gaben dank ihrer Abwechslung im Leben verbleibt. Siehst du nicht, daß die Sonne nach der Nacht heiterer, das Wachen nach dem Schlafe angenehmer und die Gesundheit nach dem Verkosten des Gegenteils S. 175 erwünschter ist? So ist auch das Mahl nach dem Fasten angenehmer, für die Reichen sowohl, die üppig tafeln, wie für die, welche frugal und einfach speisen.
