1.
„Der Löwe wird brüllen, und wer wird nicht erschrecken? Der Herr hat geredet, und wer wird nicht prophezeien1?“ — Wir wollen mit einem prophetischen Worte unsere Rede beginnen und bei der Behandlung S. 259 unseres Stoffes an den gotterleuchteten Amos uns halten, der ähnliche Wehen uns drückender Heimsuchungen zu heilen hatte, und zur gegenwärtigen Lage unsern Rat und unsere Ansicht vortragen. Eben dieser Prophet ist im Laufe der vergangenen Zeiten, als das Volk die Frömmigkeit seiner Väter verlassen, die Heiligkeit der Gesetze mit Füßen getreten hatte und in Abgötterei gefallen war, als Bußprediger aufgetreten, mahnte zur Bekehrung und kündigte die drohenden Strafen an. Ich wünschte mir nur einigermaßen den Eifer der alten Zeit; nicht aber möchte ich wieder das Ende sehen, das die damalige Heimsuchung nahm. Denn das Volk fügte sich nicht, biß wie ein hartmäuliges, unbändiges Füllen in den Zügel und ließ sich nicht zur Vernunft bringen. Es wich vom rechten Wege ab, raste solange wild dahin und bäumte sich gegen den Reiter, bis es in die Abgründe und Tiefen stürzte und seine Unbotmäßigkeit mit dem verdienten Untergang büßte. Möge dies Los nicht auch uns treffen, meine Kinder, die ich durch das Evangelium gezeugt2, die ich durch die Segnungen meiner Hand gleichsam in Windeln eingewickelt habe. Möchte ich vielmehr ein geneigtes Ohr, ein folgsames Herz finden, das die Mahnungen in Einfalt hinnimmt und dem Prediger nachgibt, wie Wachs dem Siegelnden, auf daß ich schon in diesem guten Willen eine erfreuliche Frucht für meine Mühen erlange und ihr im Augenblicke der Erlösung vom schrecklichen Unheil diesen meinen Zuspruch lobt.
Was ist nun das, was meine (einleitende) Rede ankündigt, die mit dem erwarteten Thema nicht herausrücken will und so die Gemüter auf den Vortrag gespannt hält?
