6. Mäßigung und langsames Vorgehen forderen selbst die weltlichen Gerichte.
Zum Unterricht soll uns die weltliche Mäßigung dienen, welche bei den weltlichen Schiedsgerichten und vor Allem bei den Processen in der Wahl und Zurückweisung der Richter beobachtet wird; welches Zögern, welch' wiederholtes Aufschieben, welch' häufige Einsprache gegen den richterlichen Entscheid in einer bereits klaren Sache . 1 Selbst am Schlüsse des Processes noch werden die Untersuchungen mit einem unschuldig Beklagten vertagt. 2 Man nimmt S. 248 zum Meere und zu überseeischen Beweisstücken seine Zuflucht, damit die gegenwärtig meistens in allzu enge Grenzen gedrängte Beweisführung wenigstens in die Ferne gerückt werde. 3 Das alles erdichte ich, wenn es nicht zum Schutze und zur Vertheidigung der Unschuld erfunden ist. Denn es ist erträglicher, irgend Einen später erst als schuldlos zu finden, denn vorschnell als schuldig zu verurtheilen.
Quoties inhinita comperendinatio, d. i. die Vertagung des richterlichen Spruches (in bereits klaraer Sache) bis auf den drittnächsten Gerichtstag als zweiten und letzten Termin. ↩
Ampliare judicia d. h. das Endurtheil in einer alten oder den meisten Richtern noch nicht hinlänglich klaren Sache, die daher auf den Stimmtäfelchen N. L. ═ non liqueterklärt hatten, auf einen späteren Termin vertagen, etwa wie unser: auf weiteren Beweis erkennen, was in e i n e r Sache mehrmals geschehen konnte, cf. Cod. Theod. II. tit. 6 et 7, IX. t. 36. ↩
Hiemit deutet der Papst wohl auf das Gesetz des Justnianischen Codex, wonach für Beibringung von Zeugen und Documenten aus derselben Provinz höchstens 3 Monate, aus anderen Provinzen des Continents 6 Monate, für jene aber aus überseeischen Provinzen 9 Monate Aufschub gestattet sind. Dieses von Diocletian und Maximinian gegebene Gesetz wurde von Arkadius bestätigt; cf. Cod. Theod. II. t. 7. 1, 4. ↩
