1. Anrufung Gottes, dessen Güte ihm zuvorgekommen.
S. 336 Inhaltsübersicht.
Gottes Güte offenbart sich in der Schöpfung und Vollendung der Kreaturen. Die ersten Worte der Genesis bezeugen den dreieinigen Gott und das eigentümliche Wesen des Heiligen Geistes. Schließlich gibt Augustinus eine allegorische Erklärung der Weltschöfung und sieht darin ein Bild dessen, was Gott zum Heile und zur Verherrlichung der Menschen in der Kirche wirkt.
Ich rufe dich an, „mein Gott, mein Erbarmen“1, der du mich erschaffen und meiner nicht vergessen hast. Ich rufe dich in meine Seele hinein, die du durch das Verlangen, das du ihr einflößt, fähig machst, dich aufzunehmen. Verlaß mich doch jetzt nicht, da ich dich anrufe; bist du mir doch schon oft, bevor ich dich anrief, zuvorgekommen: du hast mich so oft durch vielfältigen Zuruf gedrängt, daß ich doch aus der Ferne dich, der du mich riefest, hören und umkehren und anhören möchte. Denn du, o Herr, hast alle meine Missetaten getilgt, damit du mich nicht züchtigen müßtest um der Werke meiner Hände willen, durch die ich von dir abgefallen bin; und du bist allen meinen guten Werken zuvorgekommen, um mir, dem Werke deiner Hände, vergelten zu können. Denn ehe ich war, warst du; ich war aber nicht so, daß ich durch dich zu werden verdient hätte, und siehe! nun habe ich doch das Dasein infolge deiner Güte, die meiner Erschaffung und der Materie, aus der du mich erschaffen, voranging. Denn du hast meiner nicht bedurft, noch bin ich ein solch hohes Gut, daß du, mein Herr und mein Gott, von mir Nutzen hättest. S. 337 Ich habe mein Dasein nicht, um dir so zu dienen, als könntest du etwa in deinem Wirken ermüden oder als sei deine Macht geringer, wenn du meiner Dienste entbehren müßtest; auch nicht, um dich wie ein irdisches Gebilde zu verehren, als ob du ungeehrt bliebest, wenn ich dich nicht ehrte; nein, ich soll dir dienen und dich ehren, damit es mir wohl ergebe durch dich, der mich erschaffen hat als ein Wesen, dem es wohl ergehen soll.
Ps. 58,18. ↩
