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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
15. Der wahre Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus.
Wenn dagegen alle Menschen, solang sie sterblich sind, notwendig auch unselig sind — eine Ansicht, die sich mit viel größerer Glaubwürdigkeit und Wahrscheinlichkeit vertreten läßt —, so muß man sich nach einem Mittelwesen umsehen, das nicht nur Mensch, sondern auch Gott ist, damit die glückselige Sterblichkeit dieses Mittelwesens durch ihre Dazwischenkunft die Menschen aus der sterblichen Unseligkeit zur seligen Unsterblichkeit führe; ein solches Mittelwesen hatte es nicht nötig, weder sterblich zu werden, noch sterblich zu bleiben. Denn wenn es sterblich wurde, geschah es nicht deshalb, weil die Gottheit des Wortes schwach geworden wäre, sondern weil es die Schwachheit des Fleisches annahm; nicht aber blieb es sterblich in eben dem Fleische, das es von den Toten erweckt hat; denn das ist die Frucht seiner Vermittlung, daß auch die, derentwegen er Vermittler geworden ist, nicht im ewigen Tode auch nur des Fleisches verbleiben sollten. Demnach mußte dem Mittler zwischen uns und Gott einerseits eine vorübergehende Sterblichkeit, andrerseits eine fortdauernde Glückseligkeit eignen, damit er sich durch das, was vorübergeht, den Todverfallenen angleiche und zu dem, was fortdauert, aus dem Tode hinüberführe. Die guten Band 16, S. 496Engel können also zwischen unseligen Sterblichen und seligen Unsterblichen nicht Mittelwesen sein, weil auch sie sowohl selig als unsterblich sind; wohl aber können solche Mittelwesen die bösen Engel sein, weil sie mit dem einen Teil die Unsterblichkeit und mit dem andern die Unseligkeit gemein haben. Ihnen steht gegenüber der gute Mittler, der im Gegensatz zu ihrer Unsterblichkeit und Unseligkeit einerseits vorübergehend sterblich sein wollte, andrerseits in Ewigkeit glückselig verharren konnte; und so hat er sie sowohl im Hochmut ihrer Unsterblichkeit als auch in der Bosheit ihrer Unseligkeit bei dem Streben, durch Großtun mit ihrer Unsterblichkeit zur Unseligkeit zu verführen, durch seine Erniedrigung im Tode und durch seine Herablassung aus der Seligkeit zunichte gemacht in denen, deren Herzen er durch seinen Glauben gereinigt und von ihrer ausbündig unreinen Herrschaft befreit hat.
Wen soll also der sterbliche und unselige Mensch, in weitem Abstand getrennt von den Unsterblichen und Seligen, als Mittelwesen erwählen, durch das er mit der Ewigkeit und Glückseligkeit verbunden werden könnte? Was an den Dämonen anziehen könnte, ihre Unsterblichkeit, ist unselig; was bei Christus Anstoß erregen könnte, seine Sterblichkeit, hat sein Ende erreicht. Auf der einen Seite also ewigwährende Unseligkeit, vor der man sich zu hüten hat, auf der andern Seite der Tod, den man aber nicht zu fürchten braucht, weil er sich nicht für die Dauer zu behaupten vermochte, und ewigwährende Glückseligkeit, die man lieben muß. Der unsterbliche und zugleich unselige Mittler bietet sich ja doch nur mit dem Erfolg an, die Menschen nicht zu einer seligen Unsterblichkeit gelangen zu lassen, weil das Hindernis einer solchen bestehen bleibt, nämlich eben die Unseligkeit; dagegen bot sich der sterbliche und glückselige Mittler mit dem Erfolg an, nach Ablauf der sterblichen Frist einerseits aus den Gestorbenen Unsterbliche zu machen, eine Verwandlung, die er an sich selber in der Auferstehung vor Augen geführt hat, andrerseits aus Unseligen Glückselige, aus deren Reihen er selbst niemals herausgetreten ist. Es ist also ein gewaltiger Unterschied zwischen einem bösen Mittler, der Band 16, S. 497die Freunde trennt, und dem guten Mittler, der die Feinde versöhnt. Und eine Menge von trennenden Mittlern gibt es deshalb, weil die Menge, die selig ist, durch Anteilnahme an dem einzigen Gott glückselig wird; um diese Anteilnahme gekommen und dadurch unselig geworden, erweist sich die Menge der bösen Engel, die sich der Erlangung der Glückseligkeit als Hindernis entgegenstemmt, nicht als Hilfsmacht sich darbietet, gewissermaßen auch eben durch ihre große Zahl hinderlich für die Erreichung des einen beseligenden Gutes, da wir hierzu nicht einer Mehrheit von Mittlern, sondern nur eines einzigen Mittlers bedurften, und zwar eben dessen, durch dessen Gemeinschaft wir glückselig sein sollten, d. i. des Wortes Gottes, das nicht geworden ist, und durch das Alles geworden ist1. Dieses ist jedoch nicht deshalb Mittler, weil es das Wort ist; denn das im erhabensten Sinne unsterbliche und glückselige Wort steht hoch über den unseligen Sterblichen; sondern Mittler ist es dadurch, daß es Mensch ist, indem es eben dadurch zu verstehen gab, daß man zu jenem nicht nur glückseligen, sondern auch beseligenden Gute hin keine anderen Mittler aufzusuchen brauche in der Meinung, sie müßten uns die Stufen dahin bahnen, da der glückselige und beseligende Gott, unserer Menschheit teilhaftig geworden, den kürzesten Weg zugänglich machte, seiner Gottheit teilhaftig zu werden. Denn seine Erlösung von Tod und Unseligkeit hebt uns nicht zu den unsterblichen und seligen Engeln empor in dem Sinne, daß wir durch Gemeinschaft mit ihnen unsterblich und selig würden, sondern zu jener Dreifaltigkeit, durch deren Gemeinschaft auch die Engel selig sind. Also blieb er, da er, um Mittler zu sein, in Knechtsgestalt2 unter den Engeln stehen wollte, in Gottesgestalt über den Engeln; in einer Person hier unten der Weg des Lebens, dort oben das Leben.
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput XV: De mediatore dei et hominum, homine Christo Iesu.
Si autem, quod multo credibilius et probabilius disputatur, omnes homines, quamdiu mortales sunt, etiam miseri sint necesse est, quaerendus est medius, qui non solum homo, uerum etiam deus sit, ut homines ex mortali miseria ad beatam inmortalitatem huius medii beata mortalitas interueniendo perducat; quem neque non fieri mortalem oportebat, neque permanere mortalem. mortalis quippe factus est non infirmata uerbi diuinitate, sed carnis infirmitate suscepta; non autem permansit in ipsa carne mortalis, quam resuscitauit a mortuis; quoniam ipse est fructus mediationis eius, ut nec ipsi, propter quos liberandos mediator effectus est, in perpetua uel carnis morte remanerent. proinde mediatorem inter nos et deum et mortalitatem habere oportuit transeuntem et beatitudinem permanentem, ut per id, quod transit, congrueret morituris, et ad id, quod permanet, transferret ex mortuis. boni igitur angeli inter miseros mortales et beatos inmortales medii esse non possunt, quia ipsi quoque et beati et inmortales sunt; possunt autem medii esse angeli mali, quia inmortales sunt cum illis, miseri cum istis. his contrarius est mediator bonus, qui aduersus eorum inmortalitatem et miseriam et mortalis esse ad tempus uoluit, et beatus in aeternitate persistere potuit; ac sic eos et inmortales superbos et miseros noxios, ne inmortalitatis iactantia seducerent ad miseriam, et suae mortis humilitate et suae beatitudinis benignitate destruxit in eis, quorum corda per suam fidem mundans ab illorum inmundissima dominatione liberauit. homo itaque mortalis et miser longe seiunctus ab inmortalibus et beatis quid eligat medium, per quod inmortalitati et beatitudini copuletur? quod possit delectare in daemonum inmortalitate, miserum est; quod posset offendere in Christi mortalitate, iam non est. ibi ergo cauenda est miseria sempiterna; hic mors timenda non est, quae non esse potuit sempiterna, et beatitudo amanda est sempiterna. ad hoc se quippe interponit medius inmortalis et miser, ut ad inmortalitatem beatam transire non sinat, quoniam persistit quod inpedit, id est ipsa miseria; ad hoc se autem interposuit mortalis et beatus, ut mortalitate transacta et ex mortuis faceret inmortales, quod in se resurgendo monstrauit, et ex miseris beatos, unde numquam ipse discessit. alius est ergo medius malus, qui separat amicos; alius bonus, qui reconciliat inimicos. et ideo multi sunt medii separatores, quia multitudo, quae beata est, unius dei participatione fit beata; cuius participationis priuatione misera multitudo malorum angelorum, quae se obponit potius ad inpedimentum, quam interponit ad beatitudinis adiutorium, etiam ipsa multitudine obstrepit quodammodo, ne possit ad illud unum beatificum perueniri, ad quod ut perduceremur, non multis, sed uno mediatore opus erat, et hoc eo ipso, cuius participatione simus beati, hoc est uerbo dei non facto, per quod facta sunt omnia. nec tamen ob hoc mediator est, quia uerbum; maxime quippe inmortale et maxime beatum uerbum longe est a mortalibus miseris; sed mediator, per quod homo, eo ipso utique ostendens ad illud non solum beatum, uerum etiam beatificum bonum non oportere quaeri alios mediatores, per quos arbitremur nobis peruentionis gradus esse moliendos, quia beatus et beatificus deus factus particeps humanitatis nostrae conpendium praebuit participandae diuinitatis suae. neque enim nos a mortalitate et miseria liberans ad angelos inmortales beatosque ita perducit, ut eorum participatione etiam nos inmortales et beati simus; sed ad illam trinitatem, cuius et angeli participatione beati sunt. ideo quando in forma serui, ut mediator esset, infra angelos esse uoluit, in forma dei supra angelos mansit; idem in inferioribus uia uitae, qui in superioribus uita.