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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
54. Wie einfältig die Lüge der Heiden war, die christliche Religion werde sich nicht länger als dreihundert-fünfundsechzig Jahre halten.
In der Art würde ich noch allerlei Folgerungen ziehen, wenn nicht das Jahr selbst schon vorüber wäre, das eine erdichtete Wahrsagung angegeben und betrogene Verblendung geglaubt hat. Da es nun jedoch vor einigen Jahren dreihundertfünfundsechzig Jahre geworden sind, seitdem die Verehrung des Namens Christi durch seine leibliche Gegenwart und durch die Apostel eingeführt worden ist, so können wir ja alle weitere Mühe um Zurückweisung dieser verlogenen Angabe sparen. Denn um den Beginn der Verehrung nicht schon mit der Geburt Christi anzusetzen, weil Christus ja immerhin als Kind und Knabe noch keine Schüler hatte, so ist aber doch sicher von dem Zeitpunkt an, da er deren hatte, die christliche Lehre und Religion durch seine leibliche Gegenwart bekannt geworden, also, nachdem er im Jordanfluß durch den seines Amtes waltenden Johannes getauft worden war. Mit Bezug auf die Taufe im Fluß war ja die Weissagung vorhergegangen1:Band 28, S. 1143
„Er wird herrschen von Meer zu Meer und vom Flusse bis zu den Grenzen der Erde.“
Doch war vor seinem Leiden und seiner Auferstehung von den Toten der Glaube noch nicht für alle bestimmt [in der Auferstehung Christi erst ist er für alle bestimmt worden; denn der Apostel Paulus sagt zu den Athenern2: „Nunmehr aber verkündet er den Menschen, daß alle überall Buße tun sollen; denn er hat einen Tag festgesetzt, den Erdkreis zu richten in Gerechtigkeit durch einen Mann, durch den er den Glauben für alle bestimmt hat, indem er ihn von den Toten erweckte“]; und so werden wir besser von da den Ausgangspunkt nehmen in der Entscheidung dieser Frage; zumal weil da auch erst der Heilige Geist verliehen wurde, wie er nach Christi Auferstehung verliehen werden sollte in der Stadt, von der das zweite Gesetz, d. i. der Neue Bund, seinen Anfang zu nehmen hatte. Denn das erste Gesetz stammte vom Berge Sina, gegeben durch Moses, und heißt der Alte Bund. Dagegen von dem Gesetz, das durch Christus gegeben werden sollte, war verheißen3: „Von Sion wird das Gesetz ausgehen und von Jerusalem das Wort des Herrn.“ Und ebenso sagte auch der Herr selbst, daß zwar allen Völkern in seinem Namen Buße gepredigt werden soll, aber angefangen von Jerusalem4. Dort also hub an die Verehrung dieses Namens in der Form des Glaubens an Jesus Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen. Dort leuchtete dieser Glaube in Glanzenden Anfängen auf: gleich einige Tausend Menschen wandten sich in herrlicher Begeisterung dem Namen Christi zu, verkauften ihre Habe zur Verteilung des Erlöses an die Armen, begaben sich so mit heiliger Absicht und glühendster Liebe in freiwillige Armut5 und hielten sich bereit, mitten unter den zähnefletschenden und nach ihrem Blute lechzenden Juden für die Wahrheit zu kämpfen bis zum Tode, nicht eine Macht in Waffen, sondern die Macht der Geduld zu ihrer Waffe. Konnte das Band 28, S. 1144sich zutragen ohne irgendwelche Zauberkünste, warum ist man so bedenklich und will nicht glauben, daß sich dies auf der ganzen Welt durch dieselbe göttliche Kraft habe zutragen können, die hier am Werk war? Hat aber in Jerusalem schon Petri Zauber gespukt und eine so zahlreiche Menge Menschen entzündet, die Christum eben noch ans Kreuz geschlagen oder am Kreuz verspottet hatte, zur Verehrung seines Namens hingerissen, nun, so müssen wir eben von diesem Jahre ausgehen, um zu berechnen, wann mit dem Ablauf der dreihundertfünfundsechzig Jahre der Spuk ein Ende nimmt. Gestorben ist also Christus unter dem Konsulat der beiden Gemini6 am 25. März. Auferstanden ist er am dritten Tage, wie die Apostel ebenfalls mit ihren eigenen Sinnen inne geworden sind. Vierzig Tage danach ist er gen Himmel aufgefahren, und wieder zehn Tage später, d. i. am fünfzigsten Tage nach seiner Auferstehung, hat er den Heiligen Geist gesandt. Damals nahmen dreitausend Menschen auf die Predigt der Apostel hin den Glauben an Christus an. Damals also setzte die Verehrung seines Namens ein, und zwar, wie wir glauben und es sich in der Tat verhält, durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes; dagegen wie gottlose Verblendung aufgebracht oder auch wirklich angenommen hat durch Petri Zauberkünste. Kurz hernach, auf ein Wunderzeichen hin, als auf ein Wort eben unseres Petrus ein vom Mutterschoß weg lahmer Bettler, den man tragen mußte und zur Erbettlung von Almosen an der Tempelpforte niedersetzte, im Namen Jesu Christi geheilt aufstand, nahmen wieder fünftausend Menschen den Glauben an7; und hierauf wuchs die Kirche durch immer neuen Beitritt von Gläubigen. Und sonach kann man sogar den Tag erschließen, mit dem das erste Jahr der Verehrung des Namens Christi begann, nämlich als der Heilige Geist gesandt wurde, d. i. am 15. Mai. An der Hand der Konsullisten findet man dann, daß die dreihundertfünfundsechzig Jahre abliefen am 15. Mai unter dem Konsulate des Honorius und Eutychianus. Was sich Band 28, S. 1145nun das Jahr darauf, unter dem Konsul Mallius Theodorus, da es nach jener Dämonenweisheit oder Menschenerfindung keine christliche Religion mehr hätte geben sollen, auswärts irgendwo in der Welt etwa zutrug, darüber braucht man nicht lang nachzuforschen: jedenfalls haben damals, das wissen wir, in der bekanntesten und bedeutendsten Stadt von Afrika, in Karthago, die Statthalter des Kaisers Honorius, Gaudentius und Jovius, die Tempel der falschen Götter zerstören und ihre Bildnisse zertrümmern lassen. Von da bis heute, in fast dreißig Jahren8, hat die Verehrung des Namens Christi, wie jedermann sehen kann, gewaltig zugenommen, insbesondere seitdem viele von denen Christen geworden sind, die auf jene Weissagung etwas gaben und sich durch sie von der Annahme des Glaubens abhalten ließen und nun nach Ablauf der dreihundertfünfundsechzig Jahre die Weissagung als nichtig und lächerlich erkannten. Wir also, die wir Christen sind und heißen, glauben nicht an Petrus, sondern an den, an welchen auch Petrus geglaubt hat; wir sind nicht verzaubert durch Zauberformeln Petri, sondern erbaut durch Petri Predigt über Christus; nicht berückt durch seine Beschwörung, sondern beglückt durch seine Bescherung. Petri Meister in der Lehre, die zum ewigen Leben führt, Christus, er ist auch unser Meister.
Doch nun wollen wir endlich dieses Buch beschließen; wir haben bis daher erörtert und für unseren Zweck wohl zur Genüge nachgewiesen, welches der zeitliche Verlauf der beiden, von Anfang bis zu Ende miteinander vermischten9 Staaten, des himmlischen und des weltlichen, ist; der eine, der Weltstaat, hat sich falsche Götter nach Belieben geschaffen aus allem möglichen, auch aus Menschen, um ihnen durch Opfer zu huldigen; der andere dagegen, der himmlische, der auf der Erde nur Pilgrim ist, schafft keine falschen Götter, sondern wird selbst vom wahren Gott geschaffen, um selbst ihm ein wahres Opfer zu sein. Die zeitlichen Güter jedoch gebraucht der eine so gut wie der andere, Band 28, S. 1146und von zeitlichen Übeln wird der eine so gut heimgesucht wie der andere, nur in Glaube, Hoffnung und Liebe verschieden, bis sie durch das letzte Gericht voneinander getrennt werden und jeder das ihm zukommende Ende nimmt, dessen kein Ende ist; dieser Endausgang der beiden Staaten hat nun weiterhin den Gegenstand unserer Erörterungen zu bilden.
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput LIV: De stultissimo mendacio paganorum, quo Christianam religionem non ultra trecentos sexaginta quinque annos mansuram esse finxerunt.
Haec atque huiusmodi multa colligerem, si nondum annus ipse transisset, quem diuinatio ficta promisit et decepta uanitas credidit. cum uero, ex quo nominis Christi cultus per eius in carne praesentiam et per apostolos institutus est, ante aliquot annos anni trecenti sexaginta quinque conpleti sint, quid aliud quaerimus, unde ista falsitas refellatur? ut enim in Christi natiuitate huius rei non ponamus initium, quia infans et puer discipulos non habebat, tamen quando habere coepit, procul dubio tunc innotuit per eius corporalem praesentiam doctrina et religio Christiana, id est, posteaquam in fluuio Iordane ministerio Iohannis est baptizatus. propter hoc enim de illo prophetia illa praecesserat: dominabitur a mari usque ad mare et a flumine usque ad terminos orbis terrae. sed quoniam, priusquam passus esset et resurrexisset a mortuis, nondum fides omnibus fuerat definita - in resurrectione quippe Christi definita est, nam sic apostolus Paulus Atheniensibus loquitur dicens: iam nunc adnuntiat hominibus omnes ubique agere paenitentiam, eo quod statuit diem iudicare orbem in aequitate in uiro quo definiuit fidem omnibus resuscitans illum a mortuis - , melius in hac quaestione soluenda inde initium sumimus; praesertim quia tunc datus est etiam spiritus sanctus, sicut eum dari post resurrectionem Christi oportebat in ea ciuitate, ex qua debuit incipere lex secunda, hoc est testamentum nouum. prima enim fuit ex monte Sina per Moysen, quod testamentum uocatur uetus. de hac autem, quae per Christum danda erat, praedictum est: ex Sion lex prodiet et uerbum domini ex Hierusalem. unde et ipse per omnes gentes dixit praedicari oportere in nomine suo paenitentiam, sed tamen incipientibus ab Hierusalem. ibi ergo exorsus est huius nominis cultus, ut in Iesum Christum, qui crucifixus fuerat et resurrexerat, crederetur. ibi haec fides tam insignibus initiis incanduit, ut aliquot hominum milia in Christi nomen mirabili alacritate conuersa uenditis suis rebus, ut egenis distribuerentur, proposito sancto et ardentissima caritate ad paupertatem uoluntariam peruenirent atque inter frementes et sanguinem sitientes Iudaeos se usque ad mortem pro ueritate certare non armata potentia, sed potentiore patientia praepararent. hoc si nullis magicis artibus factum est, cur credere dubitant eadem uirtute diuina per totum mundum id fieri potuisse, qua hoc factum est? si autem ut Hierosolymis sic ad cultum nominis Christi accenderetur tanta hominum multitudo, quae illum in cruce uel fixerat prensum uel riserat fixum, iam maleficium illud fecerat Petrus, ex ipso anno quaerendum est, quando trecenti sexaginta quinque conpleti sint. mortuus est ergo Christus duobus Geminis consulibus octauo Kalendas Aprilis. resurrexit tertio die, sicut apostoli suis etiam sensibus probauerunt. deinde post quadraginta dies adscendit in caelum; post decem dies, id est quinquagensimo post suam resurrectionem die, misit spiritum sanctum. tunc tria milia hominum apostolis eum praedicantibus crediderunt. tunc itaque nominis illius cultus exorsus est, sicut nos credimus et ueritas habet, efficacia spiritus sancti; sicut autem finxit uanitas inpia uel putauit, magicis artibus Petri. paulo post etiam signo mirabili facto, quando ad uerbum ipsius Petri quidam mendicus ab utero matris ita claudus, ut ab aliis portaretur et ad portam templi, ubi stipem peteret, poneretur, in nomine Iesu Christi saluus exsiliuit, quinque hominum milia crediderunt; ac deinde aliis atque aliis accessibus credentium creuit ecclesia. ac per hoc colligitur etiam dies, ex quo annus ipse sumpsit initium, scilicet quando missus est spiritus sanctus, id est per Idus Maias. numeratis proinde consulibus trecenti sexaginta quinque anni reperiuntur inpleti per easdem Idus consulatu Honorii et Eutychiani. porro sequenti anno, consule Mallio Theodoro, quando iam secundum illud oraculum daemonum aut figmentum hominum nulla esse debuit religio Christiana, quid per alias terrarum partes forsitan factum sit, non fuit necesse perquirere; interim, quod scimus, in ciuitate notissima et eminentissima Carthagine Africae Gaudentius et Iouius comites imperatoris Honorii quarto decimo Kalendas Aprilis falsorum deorum templa euerterunt et simulacra fregerunt. ex quo usque ad hoc tempus per triginta ferme annos quis non uideat quantum creuerit cultus nominis Christi, praesertim posteaquam multi eorum Christiani facti sunt, qui tamquam uera illa diuinatione reuocabantur a fide eamque conpleto eodem numero annorum inanem ridendamque uiderunt? nos ergo, qui sumus uocamurque Christiani, non in Petrum credimus, sed in quem credidit Petrus; Petri de Christo aedificati sermonibus, non carminibus uenenati; nec decepti maleficiis, sed beneficiis eius adiuti. ille Petri magister Christus in doctrina, quae ad uitam ducit aeternam, ipse est magister et noster. sed aliquando iam concludamus hunc librum, hucusque disserentes et quantum satis uisum est demonstrantes, quisnam sit duarum ciuitatum, caelestis atque terrenae, ab initio usque in finem permixtarum mortalis excursus; quarum illa, quae terrena est, fecit sibi quos uoluit uel undecumque uel etiam ex hominibus falsos deos, quibus sacrificando seruiret; illa autem, quae caelestis peregrinatur in terra, falsos deos non facit, sed a uero deo ipsa fit, cuius uerum sacrificium ipsa sit. ambae tamen temporalibus uel bonis pariter utuntur uel malis pariter adfliguntur, diuersa fide, diuersa spe, diuerso amore, donec ultimo iudicio separentur, et percipiat unaquaeque suum finem, cuius nullus est finis; de quibus ambarum finibus deinceps disserendum est.