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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
5. Die Aussprüche des Herrn und Heilandes über das am Ende der Weltzeit stattfindende Gottesgericht.
Also der Heiland selbst sagt, da er die Städte, in denen er große Wunder getan, ohne doch Glauben zu finden, mit Verweis strafte und ausländische Städte über sie stellte1: „Ich sage euch aber, Tyrus und Sidon wird es erträglicher gehen am Tag des Gerichtes als euch“; und im Zusammenhang damit weissagt er einer anderen Stadt2: „Wahrlich, ich sage euch, dem Lande der Sodomiter wird es am Tag des Gerichtes erträglicher gehen als dir“; und an anderer Stelle3: „Die Männer von Ninive werden am Gerichtstag mit diesem Geschlecht auftreten und es verdammen; denn sie haben auf des Jonas Predigt hin Buße getan, und sieh, hier ist mehr als Jonas. Die Königin vom Mittag wird am Gerichtstage mit diesem Geschlecht auftreten und es verdammen; denn sie kam von den Enden der Erde, um die Weisheit Salomons zu hören, und sieh, hier ist mehr als Salomon.“ Zwei Dinge erfahren wir da, einmal, daß ein Gericht stattfinden wird, dann, daß es unter Auferstehung der Toten stattfinden wird. Denn von Verstorbenen ohne Zweifel sprach er, als er in solchem Zusammenhang die Niniviten und die Königin vom Mittag erwähnte. Wenn es aber heißt: „sie werden verdammen“, so ist damit nicht gemeint, daß sie dann richten werden, sondern daß im Vergleich mit ihnen jene Städtebewohner mit Recht werden verdammt werden.
Wieder an einer anderen Stelle, als er nämlich von Band 28, S. 1223der derzeitigen Untereinandermischung der Guten und Bösen redete und von der späteren Sonderung, die eben am Gerichtstag eintreten wird, gebrauchte er das Gleichnis vom gesäten Weizen und dem darunter gesäten Unkraut und legte es seinen Jüngern also aus4: „Der den guten Samen aussät, ist der Menschensohn. Der Acker ist die Welt; der gute Same, das sind die Kinder des Reiches, und das Unkraut, das sind die Kinder des Bösen. Der Feind aber, der es sät, ist der Teufel; und die Ernte ist das Ende der Weltzeit, und die Schnitter sind die Engel. Wie man nun das Unkraut sammelt und im Feuer verbrennt, so wird es am Ende der Weltzeit gehen. Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie sammeln aus seinem Reich alle Ärgernisse und die, die da Unrecht tun, und werfen sie in den Feuerofen; dort wird Heulen und Zähneknirschen sein. Alsdann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne im Reich ihres Vaters. Wer Ohren hat zu hören, der höre,“ Hier hat er zwar nicht den Ausdruck Gericht oder Gerichtstag gebraucht, dafür aber den Gerichtstag um so deutlicher sachlich gekennzeichnet und zugleich vorhergesagt, daß er am Ende der Weltzeit stattfinden werde.
Ferner sprach er zu seinen Jüngern5: „Wahrlich sage ich euch, ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, werdet bei der Wiedergeburt, wenn der Menschensohn auf dem Throne seiner Herrlichkeit sitzen wird, auch auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten.“ Wir erfahren hier, daß Jesus zusammen mit seinen Jüngern das Gericht halten wird. Darum sagt er an anderer Stelle zu den Juden6: „Wenn ich durch Beelzebub die Dämonen austreibe, durch wen treiben dann eure Söhne sie aus? So werden also sie eure Richter sein.“ Dabei ist nicht etwa anzunehmen, es würden nur zwölf Menschen mit ihm Gericht halten, weil nur von zwölf Thronen die Rede ist. Vielmehr bedeutet die Zwölfzahl in gewisser Art die Gesamtmenge der Richtenden, da die Zwölfzahl sich ergibt aus den zwei Teilen der Band 28, S. 1224Siebenzahl und die Siebenzahl in der Regel die Gesamtheit bedeutet; diese zwei Teile, drei nämlich und vier, ergeben zwölf, wenn man sie miteinander vermehrt: 3x4 und 4x3=12, abgesehen von anderen hierher einschlägigen Beziehungen der Zwölfzahl. Wäre an dieser Stelle von zwölf Thronen im wörtlichen Sinn die Rede, so hätte ja, da für den Verräter Judas, wie geschrieben steht7, Matthias zum Apostel bestellt ward, der Apostel Paulus, der mehr als sie alle gearbeitet hat8, keinen Richterstuhl; und er weist doch darauf hin, daß er in der Tat mit anderen Heiligen zur Zahl der Richter gehöre, wenn er sagt9: „Wißt ihr nicht, daß wir Engel richten werden?“ Eine ähnliche Bewandtnis hat es mit dieser Zwölfzahl auch bezüglich der zu Richtenden. Wenn es nämlich heißt: „Ihr werdet die zwölf Stämme Israels richten“, so will damit weder der dreizehnte Stamm, der Stamm Levi, vom Gericht ausgenommen, noch das Gericht auf das Volk Israel beschränkt werden unter Ausschluß der übrigen Völker. Unter der „Wiedergeburt“ aber, bei der das Gericht stattfinden soll, wollte der Herr ohne Zweifel die Auferstehung der Toten verstanden wissen. Denn wie unsere Seele durch den Glauben wiedergeboren worden ist, so wird unser Fleisch durch Annahme der Unverweslichkeit wiedergeboren werden. Ich übergehe viele andere Stellen, die zwar auf den ersten Blick vom Jüngsten Gericht zu handeln scheinen, sich aber bei genauerem Zusehen doch nicht sicher darauf beziehen lassen oder eher auf etwas anderes hinweisen; etwa auf die während der ganzen Weltzeit stattfindende Ankunft des Herrn in seiner Kirche, d. i. in seinen Gliedern, eine Ankunft, die sich im Einzelnen und nach und nach abspielt, weil die ganze Kirche sein Leib ist, oder auf den Untergang des irdischen Jerusalems; auch von diesem spricht er, wo er darauf zu sprechen kommt, so, als redete er vom Ende der Weltzeit und vom letzten und großen Gerichtstag, so daß man die richtige Beziehung nur durch Vergleich sämtlicher Parallelstellen bei den drei Evangelisten Matthäus, Band 28, S. 1225Markus und Lukas zu erkennen vermag. Denn sie erläutern sich gegenseitig, und so wird erst durch Vergleichung klar, wovon die Worte gelten, die alle im Hinblick auf das eine Ereignis der Zerstörung Jerusalems vorgebracht werden. Ich habe einen dahin zielenden Versuch gemacht in einem Brief an Hesychius seligen Andenkens, den Bischof der Stadt Salona; „Vom Ende der Weltzeit“ lautet der Titel des Briefes10.
So will ich denn hier noch jene Stelle aus dem Evangelium nach Matthäus anführen, die da handelt von der Scheidung der Guten und der Bösen durch ein höchst persönliches und letztes Gericht Christi. Da heißt es11: „Wenn nun der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er auf dem Throne seiner Herrlichkeit sitzen; und es werden sich alle Völker vor ihm versammeln, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirte die Schafe trennt von den Böcken, und wird die Schafe zu seiner Rechten aufstellen und die Böcke zu seiner Linken. Alsdann wird der König sprechen zu denen auf seiner Rechten: Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters, nehmt Besitz von dem Reich, das für euch bereitet ist seit Grundlegung der Welt. Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war Fremdling, und ihr habt mich aufgenommen; nackt, und ihr habt mich bekleidet; krank, und ihr habt mich besucht; im Kerker war ich, und ihr seid zu mir gekommen. Da werden ihm die Gerechten erwidern: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und gespeist oder durstig und dich getränkt? Wann haben wir dich als Fremdling gesehen und aufgenommen oder nackt und dich bekleidet? Oder wann haben wir dich krank gesehen oder im Kerker und dich heimgesucht? Und der König wird ihnen antworten: Wahrlich, sage ich euch, mir habt ihr alles erwiesen, was ihr einem meiner geringsten Brüder erwiesen habt. Dann wird er auch“, heißt es weiter, „zu denen auf seiner Linken sprechen: Weichet von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, Band 28, S. 1226das bereitet ist für den Teufel und seinen Engel.“ Hierauf hält er in ähnlicher Weise auch ihnen der Reihe nach vor, daß sie das nicht getan haben, was die zur Rechten getan hätten. Und auf die entsprechende Frage, wann sie ihn denn in solcher Notlage gesehen hätten, erwidert er, es sei ihm selbst nicht erwiesen worden, was dem Geringsten der Seinigen nicht erwiesen worden sei; und zum Schluß der Rede heißt es: „Und diese werden eingehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben.“ Der Evangelist Johannes aber berichtet in ganz klaren Worten, daß Christus vorhergesagt hat, bei der Auferstehung der Toten werde das Gericht stattfinden. Der Herr sagt nämlich bei Johannes12 zunächst folgendes vom Gericht: „Denn der Vater richtet niemand, vielmehr hat er das gesamte Gericht dem Sohne übergeben, damit alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren; wer den Sohn nicht ehrt, der ehret auch den Vater nicht, der ihn gesandt hat“; und daran knüpft er die Worte: „Wahrlich, wahrlich, sage ich euch, wer auf mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist vom Tode zum Leben übergegangen.“ Hier sagt er allerdings, seine Gläubigen kämen gar nicht ins Gericht. Wie können sie dann durch das Gericht von den Bösen geschieden werden und den Platz zu seiner Rechten erhalten? Allein er gebraucht hier das Wort Gericht im Sinne von Verdammnis. In ein solches Gericht freilich werden die nicht kommen, die auf sein Wort hören und dem glauben, der ihn gesandt hat.
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De civitate Dei (CCSL)
Caput V: Quibus sententiis domini saluatoris diuinum iudicium futurum in fine saeculi declaretur.
Ergo ipse saluator cum obiurgaret ciuitates, in quibus uirtutes magnas fecerat neque crediderant, et eis alienigenas anteponeret: uerumtamen, inquit, dico uobis, Tyro et Sidoni remissius erit in die iudicii quam uobis; et paulo post alteri ciuitati: amen, inquit, dico uobis, quia terrae Sodomorum remissius erit in die iudicii quam tibi - hic euidentissime praedicat diem iudicii esse uenturum - ; et alio loco: uiri Nineuitae, inquit, surgent in iudicio cum generatione ista et condemnabunt eam; quia paenitentiam egerunt in praedicatione Ionae, et ecce plus quam Iona hic. regina Austri surget in iudicio cum generatione ista et condemnabit eam; quia uenit a finibus terrae audire sapientiam Salomonis, et ecce plus quam Salomon hic. duas res hoc loco discimus, et uenturum esse iudicium et cum mortuorum resurrectione uenturum. de Nineuitis enim et regina Austri quando ista dicebat, de mortuis sine dubio loquebatur, quos tamen in die iudicii resurrecturos esse praedixit. nec ideo dixit: condemnabunt, quia ipsi iudicabunt; sed quia ex ipsorum conparatione isti merito damnabuntur. rursus alio loco, cum de hominum bonorum et malorum nunc permixtione, postea separatione, quae utique die iudicii futura est, loqueretur, adhibuit similitudinem de tritico seminato et superseminatis zizaniis, eamque suis exponens discipulis: qui seminat, inquit, bonum semen, est filius hominis; ager autem est mundus; bonum uero semen hi sunt filii regni; zizania autem filii sunt nequam; inimicus autem, qui seminauit ea, est diabolus; messis uero consummatio saeculi est, messores autem angeli sunt. sicut ergo colliguntur zizania et igni comburuntur, sic erit in consummatione saeculi. mittet filius hominis angelos suos, et colligunt de regno eius omnia scandala et eos, qui faciunt iniquitatem, et mittunt eos in caminum ignis; ibi erit fletus et stridor dentium. tunc iusti fulgebunt sicut sol in regno patris eorum. qui habet aures, audiat. hic iudicium quidem uel diem iudicii non nominauit, sed eum multo clarius ipsis rebus expressit et in fine saeculi futurum esse praedixit. item discipulis suis: amen, inquit, dico uobis, quod uos, qui secuti estis me, in regeneratione, cum sederit filius hominis in sede maiestatis suae, sedebitis et uos super sedes duodecim iudicantes duodecim tribus Israel. hic discimus cum suis discipulis iudicaturum Iesum. unde et alibi Iudaeis dixit: si ego in Beelzebub eicio daemonia, filii uestri in quo eiciunt? ideo ipsi iudices erunt uestri. nec quoniam super duodecim sedes sessuros esse ait, duodecim solos homines cum illo iudicaturos putare debemus. duodenario quippe numero uniuersa quaedam significata est iudicantium multitudo propter duas partes numeri septenarii, quo significatur plerumque uniuersitas; quae duae partes, id est tria et quattuor altera per alteram multiplicatae duodecim faciunt; nam et quattuor ter et tria quater duodecim sunt, et si qua alia huius duodenarii numeri, quae ad hoc ualeat, ratio reperitur. alioquin, quoniam in locum Iudae traditoris apostolum Matthiam legimus ordinatum, apostolus Paulus, qui plus omnibus illis laborauit, ubi ad iudicandum sedeat non habebit; qui profecto cum aliis sanctis ad numerum iudicum se pertinere demonstrat, cum dicit: nescitis quia angelos iudicabimus? de ipsis quoque iudicandis in hoc numero duodenario similis causa est. non enim quia dictum est: iudicantes duodecim tribus Israel, tribus Leui, quae tertia decima est, ab eis iudicanda non erit, aut solum illum populum, non etiam gentes ceteras iudicabunt. quod autem ait: in regeneratione, procul dubio mortuorum resurrectionem nomine uoluit regenerationis intellegi. sic enim caro nostra regenerabitur per incorruptionem, quemadmodum est anima nostra regenerata per fidem. multa praetereo, quae de ultimo iudicio ita dici uidentur, ut diligenter considerata reperiantur ambigua uel magis ad aliud pertinentia, siue scilicet ad eum saluatoris aduentum, quo per totum hoc tempus in ecclesia sua uenit, hoc est in membris suis, particulatim atque paulatim, quoniam tota corpus est eius, siue ad excidium terrenae Hierusalem, quia et de illo cum loquitur, plerumque sic loquitur, tamquam de fine saeculi atque illo die iudicii nouissimo et magno loquatur; ita ut dignosci non possit omnino, nisi ea, quae apud tres euangelistas Matthaeum, Marcum et Lucam de hac re similiter dicta sunt, inter se omnia conferantur. quaedam quippe alter obscurius, alter explicat planius, ut ea, quae ad unam rem pertinentia dicuntur, appareat unde dicantur. quod facere utcumque curaui in quadam epistula, quam rescripsi ad beatae memoriae uirum Hesychium, Salonitanae urbis episcopum, cuius epistulae titulus est: de fine saeculi. proinde iam illud hic dicam, quod in euangelio secundum Matthaeum de separatione bonorum et malorum legitur per iudicium praesentissimum atque nouissimum Christi. cum autem uenerit, inquit, filius hominis in maiestate sua, et omnes angeli cum eo, tunc sedebit super sedem maiestatis suae, et congregabuntur ante eum omnes gentes, et separabit eos ab inuicem, sicut pastor segregat oues ab haedis, et statuet oues quidem a dextris suis, haedos autem a sinistris. tunc dicet rex his, qui a dextris eius erunt: uenite, benedicti patris mei, possidete paratum uobis regnum a constitutione mundi. esuriui enim, et dedistis mihi manducare; sitiui, et dedistis mihi bibere; hospes eram, et collegistis me; nudus, et operuistis me; infirmus, et uisitastis me in carcere eram, et uenistis ad me. tunc respondebunt ei iusti dicentes: domine, quando te uidimus esurientem, et pauimus; sitientem, et dedimus potum? quando autem te uidimus hospitem, et collegimus te; aut nudum, et cooperuimus te? aut quando te uidimus infirmum aut in carcere, et uenimus ad te? et respondens rex dicet illis: amen dico uobis, quamdiu fecistis uni de his fratribus meis minimis, mihi fecistis. tunc dicet, inquit, et his qui a sinistris erunt: discedite a me, maledicti, in ignem aeternum, qui paratus est diabolo et angelis eius. deinde similiter etiam his enumerat, quod illa non fecerint, quae dextros fecisse memorauit. similiterque interrogantibus, quando eum uiderint in horum indigentia constitutum: quod minimis suis non factum est, sibi factum non fuisse respondet; sermonemque concludens: et ibunt, inquit, hi in supplicium aeternum, iusti autem in uitam aeternam. Iohannes uero euangelista apertissime narrat eum in resurrectione mortuorum futurum praedixisse iudicium. cum enim dixisset: neque enim pater iudicat quemquam, sed iudicium omne dedit filio, ut omnes honorificent filium, sicut honorificant patrem; qui non honorificat filium, non honorificat patrem, qui misit illum, protinus addidit: amen, amen dico uobis, quia, qui uerbum meum audit et credit ei qui misit me, habet uitam aeternam, et in iudicium non uenit, sed transiit a morte in uitam. ecce hic dixit fideles suos in iudicium non uenire. quomodo ergo per iudicium separabuntur a malis et ad eius dexteram stabunt, nisi quia hoc loco iudicium pro damnatione posuit? in tale quippe iudicium non uenient, qui audiunt uerbum eius et credunt ei, qui misit illum.