Erster Artikel. Die Art und weise wie die Geburt zukommt der menschlichen Natur in Christo und der Person in Ihm.
a) Diese Geburt kommt der Natur in Christo mehr zu wie der Person. Denn: I. Augustin sagt (de fide ad Petr. 2.): „Die ewige und göttliche Natur kann nicht empfangen oder geboren werden aus der menschlichen außer gemäß der Wahrhaftigkeit der menschlichen Natur.“ Wenn also der göttlichen Natur es zukommt geboren und empfangen zu werden einzig auf Grund der menschlichen, so kommt dies um so mehr der menschlichen zu. II. „Der Name Natur kommt von nasci, vom Geborenwerden,“ sagt Aristoteles (5 Metaph.). Benennungen aber richten sich nach der Zukömmlichkeit und Ähnlichkeit im thatsächlichen Bestande der Dinge. Also bezieht sich die Geburt mehr auf die Natur wie auf die Person. III. Jenes wird geboren, was kraft der Geburt anfängt zu sein. Dies aber ist die menschliche Natur in Christo. Auf der anderen Seite sagt Damascenus (3. de orth. fide 2.): „Die Person wird geboren, nicht die Natur.“
b) Ich antworte; in doppelter Weise kann es jemandem zukommen, geboren zu werden: 1. Mit Rücksicht auf das Subjekt; und so ist das was geboren wird, so recht eigentlich die Person. Denn da Geborenwerden ein gewisses Entstehen ist, so wird, wie etwas deshalb entsteht, damit es sei, so es geboren, damit es sei. Sein nun gehört im eigentlichsten Sinneeinem Dinge an, insoweit es ein Fürsichbestehen hat; denn eine Wesensform, die kein selbständiges Fürsichbestehen hat, besitzt auch kein eigentliches Sein, sondern durch sie ist etwas. Die Person aber wird bezeichnet als das eigentlich Fürsichbestehende; die Natur als das, wodurch etwas Sein hat. Also ist es eigentlich die Person als Subjekt, von der das Geborenwerden ausgesagt wird. 2. Mit Rücksicht auf den Abschluß des Geborenwerdens jedoch kommt dieses der Natur zu. Denn der Abschluß oder terminus alles Entstehens ist die zu erzeugende Form oder Natur. Deshalb wird von Aristoteles gesagt, die Geburt sei der Weg zum Bestehen einer Natur (2 Physic). Denn sobald die betreffende Natur besteht, ist das Geborenwerden abgeschlossen.
c) I. Weil dem thatsächlichen Sein nach in Gott Person und Natur zusammenfällt, wird da oft „Natur“ gesetzt für „Person“. Und danach sagt Augustin, die göttliche Natur sei empfangen und geboren, weil die Person des Sohnes geboren und empfangen ist nach der menschlichen Natur. II. Jede Bewegung oder Änderung wird benannt nach dem Abschlusse, von wo die Bewegung oder Änderung ihren Gattungscharakter empfängt; nicht vom Subjekte, was der Bewegung als Träger dient. Und danach spricht Aristoteles. III. Die Natur fängt nicht an, zu sein; sondern die Person fängt an, zu sein in einer Natur. Denn die Natur wird bezeichnet als das, wodurch etwas ist; die Person als das was ist.
