Erster Artikel. In diesem Sakramente ist der wahrhaftige Leib Christi.
a) Nur der Figur oder dem Sinnbilde nach ist in der Eucharistie der Leib Christi. Denn: I. Joh. 6. heißt es, nachdem der Herr gesagt hatte: „Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esset und sein Blut trinket;“ . . . viele der Jünger seien fortgegangen mit den Worten: Hart ist diese Rede. Und diesen sagte der Herr: „Der Geist macht lebendig, das Fleisch ist zu nichts nütze.“ Dazu bemerkt Augustin (Ps. 98.): „Dies will der Herr sagen: Geistig fastet aus, was ich gesprochen habe; nicht diesen Leib, den ihr sehet, sollt ihr essen; und nicht trinken sollt ihr dieses Blut, das vergießen werden meine Peiniger. Mit geistigem Sinne fastet aus das Sakrament, das ich euch empfohlen habe; das Fleisch nützt da nichts.“ II. Zu Matth. ult. 20. (Ecce ego vobiscum) erklärt Augustin: „Bis daß die Welt ihr Ende finden wird, ist da oben der Herr; jedoch auch hier mit uns ist Er, nämlich seine Wahrheit. Der Körper, der da auferstanden, kann nur an einem Orte sein; seine Wahrheit aber ist überall verbreitet.“ Nicht also der wahrhaftige Leib Christi ist in diesem Sakramente; sondern dieses ist nur ein Zeichen, ein Sinnbild von ihm. III. Kein Körper kann zugleich sein an mehreren Orten, selbst einem Engel kommt dies nicht zu; sonst könnte selbiger ebensogut überall sein. Der Leib Christi aber ist ein wahrhaftiger Leib und ist im Himmel. Also ist er nicht als wahrhaftiger im Altarssakramente. IV. Die Sakramente dienen dem Nutzen der gläubigen. Nach Gregor (hom. 28. in Evgl.) wird aber der Hauptmann im Evangelium vom Herrn getadelt, weil er die körperliche Gegenwart Christi suchte. Ebenso waren die Apostel dadurch gehindert, den heiligen Geist zu empfangen, daß sie an der körperlichen Gegenwart des Herrn zu sehr Gefallen hatten, wie Augustin sagt tract. 93. in Joan.). Also ist diese körperliche Gegenwart nicht im Altarssakramente. Auf der anderen Seite schreibt Hilarius (de Trin. 8.): „Zu zweifeln an der Wahrhaftigkeit des Fleisches und Blutes im Sakramente des Altars, ist gar nicht statthaft. Denn nach den Worten des Herrn selber und gemäß dem Glauben an Ihn ist sein Fleisch wahrhaft eine Speise und sein Blut wahrhaft ein Trank.“ Und Ambrosius (6. de sacram. 1.): „Wie der wahre Sohn Gottes ist unser Herr Jesus Christus, so ist es das wahre Fleisch Christi, welches wir essen, und das wahre Blut Christi, welches wir trinken.“
b) Ich antworte, daß der wahre Leib Christi in diesem Sakramente sei, könne weder der Sinn noch die Vernunft wahrnehmen, sondern nur der Glaube, welcher auf die göttliche Autorität sich stützt. Deshalb erklärt zu den Worten: „Das ist mein Leib, der für euch wird dahingegeben werden“ (Luk. 22.) Cyrillus: „Zweifle nicht, ob denn dies der wahre Leib Christi sei; sondern nimm hin die Worte des Heilandes im Glauben; Er ist die Wahrheit, Er lügt nicht.“ Es ist dies aber zukömmlich: 1. Der Vollendung des Neuen Bundes. Denn die Opfer des Alten Bundes waren nur Zeichen und Figuren des wahren Opfers, nach Hebr. 10.: „Den Schatten der zukünftigen Güter hatte das Gesetz, nicht das Bild selber dieser Dinge.“ Also mußte das Opfer des Neuen Bundes etwas mehr in sich haben, nämlich daß es nicht allein ein Zeichen oder eine Figur, sondern Christum selbst in sich enthalte, der für uns gelitten hat. Und deshalb ist dieses Sakrament, welches Christum selber in sich enthält (Dionys. 3. de eccl. hier.), die Vollendung aller anderen Sakramente, die da teilnehmen an der Kraft Christi. Es kommt dies zu 2. der heiligen Liebe Christi, vermöge deren Er für unser Heil einen wahren Leib, wie unsere Natur ihn bietet, annahm. Und weil nach 9 Ethic. 12. es den Freunden im höchsten Grade eigen ist, zusammenzuleben, so verheißt Er uns seine körperliche Gegenwart als Lohn, indem Er sagt (Matth. 24.): „Wo ein Leib ist, da versammeln sich die Adler.“ Sonach hat Er, auch auf dieser Pilgerreise, uns nicht seiner körperlichen Gegenwart beraubt, sondern vermittelst der Wahrhaftigkeit seines Leibes und Blutes verbindet Er Sich mit uns in diesem Sakramente, so daß Er Joh. 6. sagt: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“ Dieses Sakrament also ist der Ausdruck der höchsten Liebe und die wirksamste Stütze unserer Hoffnung, da Christus in so höchst vertraulicher Weise mit uns verbunden ist. Es kommt dies zu 3. der Vollendung des Glaubens, sowohl mit Rücksicht auf seine Gottheit wie auch mit Rücksicht auf seine Menschheit, nach Joh. 14.: „Ihr glaubt an Gott, glaubet also an mich.“ Und da der Glaube zum Gegenstände hat das Unsichtbare, wie Christus uns seine Gottheit darbietet als etwas Unsichtbares, so bietet Er uns in diesem Sakramente seine Menschheit dar als etwas Unsichtbares. Darauf gaben viele nicht acht und meinten, der Leib und das Blut Christi sei in der Eucharistie nur gegenwärtig wie in einem Zeichen oder Sinnbilde; was durchaus häretisch ist und dem Worte Christi entgegen. Deshalb ward auch Berengarius, der zuerst diesen Irrtum aufstellte, gezwungen, zu widerrufen und die Wahrheit des Glaubens zu bekennen, nach cap. ego Berengar. de cons. dist. 2.
c) I. Diese Stelle mißverstanden die Häretiker und fielen in ihren Irrtum. Denn wenn Augustin sagt: „Nicht diesen Leib, den ihr seht, werdet ihr essen,“ so will er damit nicht ausschließen die wahrhafte Gegenwart des Leibes im Sakramente; sondem nur dies schließt er aus, daß derselbe in der Gestalt, die man sehen konnte, werde gegessen werden. Und wenn er weiter sagt: „Im geistigen Sinne müßt ihr auffassen das Sakrament, das ich euch empfohlen;“ so will er damit nicht sagen, Christi Leib sei in diesem Sakramente nur gemäß einer mystischen Bezeichnung, sondern er sagt „geistig“, spiritualiter, und drückt damit dasselbe aus wie „unsichtbar“ und „kraft des heiligen Geistes“. Deshalb erklärt er zu: „Das Fleisch nützt nichts“ (tract. 27. in Joan.): „Wie also hatten diese aufgefaßt: Sie meinten, daß das Fleisch des Herrn so sollte gegessen werden, wie man einen toten Leib zerfleischt, wie es auf den Fleischbänken verkauftwird; nicht wie es durch den Geist belebt wird. Daß der Geist zum Fleischer trete; und das Fleisch wird überaus viel nützen. Denn wenn das Fleisch nichts nützte, so wäre das Wort nicht Fleisch geworden, damit es unter uns wohne.“ II. Alle jene Stellen Augustins sind dahin zu verstehen, daß der Leib im Sakramente nicht gegenwärtig sei und gegessen werde in der ihm eigenen äußeren menschlichen Gestalt. Danach sagt ja auch der Herr (Matth. 26.): „Mich werdet ihr nicht immer haben.“ Unsichtbarerweise aber ist er unter den Gestalten dieses Sakramentes, wo auch immer letzteres vollendet wird. III. Der Leib Christi ist nicht im Sakramente, wie ein Körper im Orte ist, durch dessen Umfang er gemessen wird. Derselbe ist hier in einer besonderen Weise gegenwärtig, die nur diesem Sakramente eigen ist. Wir sagen sonach, Christus sei auf den verschiedenen Altären, nicht wie an verschiedenen Orten, sondern wie in einem und selbem Sakramente; nicht daß Christus da nur sei wie in einem Zeichen, obgleich das Sakrament an sich ein Zeichen ist; sondern wir wollen sagen, der Leib Christi sei hier, wie eben auseinandergesetzt, in einer diesem Sakramente eigenen Weise. IV. Dieser Einwurf geht davon aus, als ob der Leib Christi gegenwärtig sei in der Weise eines Körpers, wie ein solcher in seiner sichtbaren äußeren Gestalt ist. Hier im Sakramente ist der wahre Leib Christi gegenwärtig, aber in geistiger, unsichtbarer Weise nämlich durch die Kraft allein des heiligen Geistes. Deshalb sagt Augustin (tract. 27. in Joan.): „Hast du geistigerweise verstanden die Worte Christi von seinem Fleische, so sind sie dir Geist und Leben; hast du sie fleischlicherweise verstanden, so sind sie auch so Geist und Leben, aber nicht für dich.“
