Sechster Artikel Der Leib Christi in diesem Sakramente ist nicht in beweglicher Weise.
a) Dagegen spricht Folgendes: I. 2 Topic. 3. heißt es: „Wenn wir bewegt werden, dann wird bewegt alles das, was in uns ist;“ was auch von der geistigen Substanz der Seele gilt. Christus aber ist in diesem Sakramente. Also wird Er bewegt, sobald das Sakrament in Bewegung gesetzt wird. II. Die Wahrheit muß entsprechen der ihr geltenden Figur. Vom Osterlamme aber, der Figur dieses Sakramentes, „blieb nichts übrig bis zum nächsten Morgen“ (Exod. 12.). Wenn auch also dieses Sakrament aufbewahrt wird bis zum nächsten Tage, so wird der Leib Christi nicht mehr zugegen sein. Also ist Christus nicht in unbeweglicher Weise in diesem Sakramente. III. Bleibt der Leib Christi bis zum nächsten Tage, so bleibt er aus demselben Grunde auch für die folgende Zeit. Denn man kann nicht sagen, der Leib höre auf, da zu sein, wenn die Gestalten aufhören, da das Sein des Körpers Christi nicht abhängen kann von den Gestalten. Also hört der Leib Christi bald nach der Konsekration oder am nächsten Tage auf, gegenwärtig zu sein, da er nicht verbleibt für die ganze folgende Zeit. Und somit ist er in beweglicher Weise in diesem Sakramente. Auf der anderen Seite ist unmöglicherweise das Nämliche in Ruheund in Bewegung. Der Leib Christi aber ist im Himmel in seliger Ruhe. Also ist er nicht in beweglicher Weise zugegen in diesem Sakramente.
b) Ich antworte; wenn etwas Einheit hat dem Subjekte nach und Vieles ist gemäß dem thatsächlichen Sein, so steht dem nichts entgegen, daß es nach einer Seite hin in Bewegung und nach der anderen Seite hin unbeweglich ist. So hat der Körper z. B. ein thatsächliches Sein der weißen Farbe nach und ein thatsächliches Sein der Größe nach; und somit kann er in Bewegung oder im Zustande der Veränderung sein gemäß der weißen Farbe und unbeweglich gemäß der Größe. Christus aber existiert an und für sich; und Er ist unter diesem Sakramente. Denn dadurch daß wir sagen, Er sei in diesem Sakramente, drücken wir eine Beziehung Christi zu diesem Sakramente aus. Nun ist Christus in diesem Sakramente nicht wie im Orte; also ist Er nicht beweglich nach diesem Sein im Sakramente an und für sich, von Sich aus, sondern nur auf Grund von etwas Ihm Äußerlichen, nämlich auf Grund der Gestalten. Ähnlich auch ist Er nicht an und für sich beweglich gemäß dem Sein, was Er im Sakramente hat mit Rücksicht auf andere beliebige Veränderungen. So hört Er nicht von Sich aus auf, im Sakramente zu sein; denn was unerschöpfliches Sein hat, das kann nicht Princip sein vom Aufhören des Seins. Vielmehr hört Er auf, im Sakramente zu sein, wenn Anderes aufhört, im Sakramente zu sein; wie Gott aufhört, in einer vergänglichen Kreatur zu sein dadurch daß diese Kreatur vergeht, da Er unvergängliches und unversiegliches Sein hat. Nicht also hört die Gegenwart Christi im Sakramente auf, weil Er nicht mehr da sein will oder weil Er Sich von da fortbewegt; — sondern einzig weil die Gestalten aufhören zu sein. Also ist Christus in diesem Sakramente an und für sich, Ihn selbst betrachtet, durchaus unbeweglich.
c) l. Dieser Einwurf geht von der Bewegung aus, die sich nicht aus dem Wesen selbst heraus, wie bei den Körpern, vollzieht, sondern auf Grund von etwas Äußerlichem; es ist das keine Bewegung per se, sondern per accidens. So wird von der Seele gesagt, sie bewege sich, weil der Körper, wo sie ist, sich von Ort zu Ort bewegt; während sie an und für sich nicht im Orte ist. Und daraus kann die Bewegung zurückgeführt werden, die wir Christo im Sakramente zuschreiben; nämlich daß Er da nicht mehr ist, sobald die Gestalten nicht mehr sind, also daß Er da überhaupt ist einzig auf Grund der Gestalten. II. Daraus antwortet Cyrillus zu Luk. 22. (hoc est corpus meum): „Thörichterweise meinen manche, der mystische Segen höre auf zu heiligen, wenn der nächste Tag herankommt; nicht leidet eine Veränderung der geheiligte Leib Christi. Die Kraft der Konsekration, die lebenspendende Gnade bleibt ohne Aufhören.“ So bleiben ja auch alle übrigen Weihen und Heiligungen, bis die geweihten Sachen bleiben. Die Figur kann niemals die Wahrheit erreichen. III. Der Leib Christi bleibt, so lange die Gestalten bleiben; nicht als ob er von denselben abhängig wäre, sondern weil die Beziehung des Leibes Christi zu diesen Gestalten aufhört. So hört Gott auf, der Herr eines Geschöpfes zu sein, das vergeht.
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