Achter Artikel. Wenn in diesem Sakramente wunderbarerweise Fleisch erscheint oder ein Knabe, so ist doch da zugegen der wahre Leib Christi.
a) Dem wird widersprochen. Denn: I. Der Leib Christi hört auf zu sein im Sakramente, wenn die Gestalten von Brot und Wein nicht mehr sind. Diese aber sind nicht mehr, wenn die Gestalten von Fleisch oder eines Knaben erscheinen. II. Wo auch immer der Leib Christi ist, da ist er entweder in eigener menschlicher Gestalt oder unter den sakramentalischen Gestalten. Geschehen aber solche Erscheinungen, so ist Christus da nicht unter der eigenen menschlichen Gestalt; denn weder hat Er im Himmel die Gestalt eines Kindes noch die von Fleisch oder von sonst dergleichen. Er ist da auch nicht unter den sakramentalen Gestalten von Brot und Wein. Also ist Er überhaupt nicht zugegen. III. Der Leib fängt an, im Sakramente zu sein kraft der Konsekration und der Wandlung. Erscheint aber da Fleisch und Blut in wunderbarer Weise, so ist das nichts Konsekriertes. Also unter solchen Gestalten ist nicht der Leib und das Blut des Herrn. Auf der anderen Seite wird dem, was da erscheint, dieselbe Ehre erwiesen, wie dem Sakramente vorher. Dies würde aber nicht geschehen, wenn da nicht der Leib und das Blut des Herrn gegenwärtig wäre und bliebe.
b) Ich antworte, solche Erscheinungen geschehen 1. von seiten der sehenden, in deren Auge wunderbarerweise der entsprechende Eindruck gemacht wird, als ob da Fleisch, Blut, ein Kind oder dergleichen sichtbar zugegen wäre; während von seiten des Sakramentes keine Änderung vorliegt. Und zwar ist dies meistenteils der Fall, wenn bloß einer so etwas sieht, die anderen aber fortfahren, nur die sakramentalischen Gestalten zu sehen; oder wenn man für einen Augenblick eine solche Erscheinung hat und später gleich wieder die Gestalten von Brot und Wein sieht. Es ist damit keine Täuschung verbunden wie bei den Schwarzkünstlern; denn solche Bilder werden von Gott her im Auge geformt, um eine Wahrheit, nämlich die der wahren Gegenwart, augenscheinlicher auszudrücken; wie ja ohne Täuschung Christus erschien den Jüngern, die nach Emmaus gingen: „Wenn unser Gebilde Beziehung hat auf die Bezeichnung einer Wahrheit,“ so Augustin (2 Qq. Evgl. ult.), „so ist dies keine Lüge, sondern eine die Wahrheit ausdrückende Figur.“ Hier also bleibt das Sakrament durchaus in derselben Lage. Bisweilen aber besteht 2. die Veränderung außen. Dies scheint stattzufinden, wenn alle eine solche Erscheinung sehen oder wenn sie durch längere Zeit verbleibt. Und da meinen nun manche, es sei dies wirklich die eigene Gestalt des Leibes Christi. Denn, meinen sie, wenn Er auch nicht ganz gesehen werde, so stehe es doch in der Gewalt der glorreichen Leiber, daß sie nur zum Teile gesehen werden oder in einer fremden, angenommenen Gestalt, wie Christus den Jüngern erschien, die nach Emmaus gingen, oder unter sonst einer Gestalt. Dies scheint aber unzulässig: 1. weil der Leib Christi in der eigenen Gestalt nicht gesehen werden kann außer in dem einen Orte, wo er in bestimmter Weise ist. Da Er nun in der eigenen Gestalt gesehen und angebetet wird im Himmel, so wird er nicht in der eigenen Gestalt gesehen im Sakramente. 2. Der glorreiche Körper, der da erscheint, wenn er will, verschwindet sogleich nach der Erscheinung, wie Luk. ult. es geschrieben steht, daß der Herr den Augen der Jünger entschwand. Daß er aber unter der Gestalt von Fleisch oder Blut in diesem Sakramente erscheint, bleibt lange bestehen. Vielmehr wird gelesen, solches Erschienene sei auf Grund der Beratung vieler Bischöfe in ein Gefäß eingeschlossen worden, was man vom glorreichen Leibe Christi ohne Lästerung nicht denken darf. Deshalb muß man sagen, daß, während der Umfang der Gestalten bleibt wie vorher, durch ein Wunder eine Änderung stattfindet mit Rücksicht auf andere Accidentien, wie die Figur, Farbe und Ähnliches, so daß da Fleisch, Blut oder selbst ein Knabe erscheint. Und dies ist keine Täuschung. Denn es geschieht, um die Wahrheit des Glaubens an die reale Gegenwart des Herrn im Sakramente zu befestigen. Da also der Umfang der sakramentalen Gestalten bleibt und damit die Grundlage aller Accidentien, so bleibt auch wahrhaft der Leib Christi im Sakramente.
c) I. Manchmal bleiben die sakramentalen Gestalten durchaus die nämlichen; manchmal bleibt bloß die Grundlage derselben. II. Die eigene Gestalt des Leibes Christi wird da nicht gesehen, sondern etwas, was durch ein Wunder hergestellt worden; sei es im Auge der sehenden, sei es außen an den Gestalten. III. Der Umfang des Brotes und Weines bleibt; wie eben gesagt.
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