Erster Artikel. Dieses Sakrament verleiht Gnade.
a) Dem steht Folgendes entgegen: I. Dieses Sakrament hat den Charakter der geistigen Nahrung. Nur einem Wesen, was Leben hat, wird aber Nahrung gereicht. Da also das geistige Leben die Gnade ist, deshalb kommt dieses Sakrament nur jenen zu, die bereits das Leben der Gnade haben. Nicht wird somit durch dieses Sakrament die Gnade an erster Stelle gegeben; sie wird auch nicht vermehrt, insofern ja das geistige Wachstum das Ergebnis der Firmung ist. Also in keiner Weise giebt die Eucharistie Gnade. II. Das Sakrament der Eucharistie bedeutet eine geistige Erquickung. Das gehört aber mehr zum Gebrauche wie zur Verleihung der Gnade. III. Der Leib Christi wird in diesem Sakramente dargebracht für das Heil des Körpers, das Blut für das Heil der Seele. Da nun der Körper nicht Sitz der Gnade ist, so wird mindestens mit Rücksicht auf den Körper in diesem Sakramente nicht Gnade gegeben. Auf der anderen Seite heißt es Joh. 6.: „Das Brot, welches ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.“ Das geistige Leben aber ist durch die Gnade. Also giebt die Eucharistie Gnade.
b) Ich antworte, die Wirkung dieses Sakramentes müsse in erster Linie und an leitender Stelle l. von dem aus erwogen werden, was in diesem Sakramente enthalten ist; was da nichts Anderes ist wie Christus. Wie aber Christus dadurch daß Er sichtbar in die Welt kam der Welt das Leben der Gnade geschenkt hat, nach Joh. 1, 17.: „Gnade und Wahrheit ist durch Christum geworden;“ so wirkte Er dadurch daß Er im Sakramente in den Menschen tritt, in diesem das Leben der Gnade, nach Joh. 6.: „Wer mich ißt, wird leben wegen meiner.“ Deshalb sagt Cyrillus (4. in Joan. c. 2 et 3.): „Dadurch daß das lebenspendende Wort Gottes sich mit dem eigenen Fleische geeint hat, hat es dieses selber wieder zu einem lebenspendenden gemacht. Denn es war geziemend, daß Er durch sein heiliges Fleisch und sein kostbares Blut mit unseren Leibern gewissermaßen geeintwerde, indem wir in Brot und Wein dieses sein Fleisch und Blut zu diesem lebenspendenden Segen in uns aufnehmen.“ Sodann wird 2. die Wirkung der Eucharistie erwogen von dem aus, was durch dieses Sakrament dargestellt wird, was da ist das Leiden Christi. Die nämliche Wirkung also, welche vom Leiden des Herrn für die ganze Welt ausging, wird mitgeteilt durch dieses Sakrament. Deshalb sagt Chrysostomus zu Joh. 19. (continuo exivit sanguis et aquq, hom. 84. in Joan.): „Hier haben ihren Ursprung die heiligen Geheimnisse; wenn du herantrittst an den Kelch, vor dem man zittern muß, so sollst du herantreten, als ob du aus der heiligen Seitenwunde Christi selber trinken wolltest.“ Und der Herr selbst sagt (Matth. 26.): „Dies ist mein Blut …, welches vergossen werden wird zur Vergebung der Sünden.“ An dritter Stelle muß die Wirkung der Eucharistie ermessen werden von der Art und Weise aus, in der sie genommen wird, nämlich als Speise und Trank. Wie also die körperliche Speise den Leib erhält, wachsen läßt, wiederherstellt und ergötzt, so thut dies Alles für die Seele die heilige Eucharistie: „Dies ist das Brot des ewigen Lebens,“ sagt Ambrosius (5. de sacr. 4.), „welches die Substanz unserer Seele stützt.“ Und Chrysostomus (hom. 45. in Joan.): „Er verleiht es uns, die wir nach Ihm verlangen, daß wir Ihn betasten, essen, umfassen.“ Der Herr aber selbst sagt: „Mein Leib ist wahrhaft eine Speise und mein Blut wahrhaft ein Trank.“ Es müssen 4. die Gestalten erwogen werden, unter denen dieses Sakrament gereicht wird. Danach sagt Augustin (26. in Joan.): „Unser Herr hat seinen Leib und sein Blut uns in jenen Dingen empfohlen, die aus vielen Bestandteilen zu etwas Einem werden; denn das Brot entsteht aus vielen Weizenkörnern, der Wein aus vielen Beeren.“ Und er fügt hinzu: „O Sakrament der Hingebung, o Zeichen der Einheit, o Band der Liebe.“ Weil nun Christus und sein Leiden die Ursache der Gnade und geistigen Erquickung ist, weil zudem die heilige Liebe ohne Gnade nicht sein kann; so ist aus dem Allem offenbar, daß dieses Sakrament Gnade verleiht.
c) I. Dieses Sakrament hat in sich selber die Kraft, Gnade zu verleihen. Niemand hat sonach Gnade in sich vor dem Empfangen desselben außer auf Grund des Verlangens nach ihm, sei es in eigener Person wie die erwachsenen sei es kraft des Verlangens der Kirche wie die Kinder (Kap. 73, Art. 3.). Also der wirksamen Kraft dieses Sakramentes ist es zu danken, daß auf Grund des Verlangens nach ihm jemand Gnade erhalte und durch diese geistiges Leben. Wird sonach das Sakrament dem wirklichen Bestande nach genommen, so wird die Gnade vermehrt und das geistige Leben vollendet. Und zwar wird in der Firmung die Gnade vermehrt und vollendet, um dem äußeren Anstürmen der Feinde Christi zu widerstehen; durch dieses Sakrament aber, damit der Mensch in sich selbst vollendet lebe verbunden mit Gott. II. Dieses Sakrament verleiht geistige Gnade mit der Tugend der heiligen Liebe, so daß Damascenus (4. de orth. fide 14.) es vergleicht mit der Kohle, die Isaias sah (Isai. 6.). „Denn die Kohle ist nicht einfaches Holz, sondern mit Feuer vereint und so ist das Brot der Kommunion nicht einfaches Brot, sondern mit der Gottheit verbunden.“ Ebenso sagt Gregor (hom. Pentec.): „Die Liebe Gottes steht nicht müßig da; Grosses wirkt sie wo sie wirkt.“ Durch dieses Sakrament also wird, soweit es auf die Kraft des Sakramentes ankommt, nicht nur der Zustand der Gnade und Tugend verliehen, sondern auch zur Thätigkeit angeregt, nach 2. Kor. 15.:III. „Die heilige Liebe Christi drängt uns.“ Und so wird infolge dieses Sakramentes die Seele geistig erquickt; sie hat Ergötzen und berauscht sich an der Süßigkeit der göttlichen Güte, nach Hohel. 5.: „Esset, meine Freunde und trinket, berauschet euch, geliebteste.“ IV. Nach einer gewissen Ähnlichkeit nur wird gesagt, der Leib Christi wirke das Heil des Leibes, das Blut das Heil der Seele; weil die Sakramente wirken, wie sie Zeichen sind. Da aber in beiden Gestalten der ganze Christus ist, so wirkt der Leib Christi und das Blut Christi immer für Leib und Seele unter einer jeden von beiden Gestalten. Der Körper nun ist allerdings nicht unmittelbar Sitz oder Subjekt für die Gnade; jedoch fließt über aus der Seele die Wirkung der Gnade auf den Körper, wenn wir in diesem Leben unsere Glieder machen zu „Waffen der Gerechtigkeit“ (Röm. 6.) und weil in der Ewigkeit unser Körper unsterblich sein wird, insofern er verbunden sein wird mit der Seele in der Herrlichkeit.
