Achter Artikel. Die läßlichen Sünden hindern die Wirkung dieses Sakramentes.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Augustin sagt (26. in Joan.): „Die Unschuld bringt mit zum Altare; die Sünden mögen tägliche sein, wenn sie nur nicht tödliche sind.“ Also sind die läßlichen Sünden keinerlei Hindernis für die geistige Nahrung. II. Nicht mindere Kraft ruht in diesem Sakramente wie in der Taufe. Die Wirkung der Taufe aber wird einzig und allein gehindert durch die Verstellung; wozu die läßlichen Sünden nicht hingehören. Denn, sagt der heilige Geist im Buche der Weisheit (1, 5.): „Der heilige Geist flieht dieVerstellung, als ob man sich der heiligen Zucht unterwerfen wollte; der heilige Geist aber wird nicht verjagt durch die läßliche Sünde. III. Die läßlichen Sünden werden entfernt durch die heilige Eucharistie. Also können sie deren Wirkung nicht hindern. Auf der anderen Seite schreibt Damascenus (4. de orth. fide 14.): „Möge das Feuer in unserem Herzen annehmen die Glut dieser Kohle“ d. h. des Sakramentes, „verbrennen unsere Sünden und erleuchten unsere Herzen, damit wir durch die Teilnahme am göttlichen Feuer feurig werden und in der Gottähnlichkeit fortschreiten.“ Das Feuer in unserem Herzen aber wird gehindert durch die läßlichen Sünden, welche die Glut der Liebe mindern. Also hindern die läßlichen Sünden es, daß dieses Sakrament seine ganze Wirkung entfalte.
b) Ich antworte; die vergangenen läßlichen Sünden hindern in keiner Weise die Wirkung der heiligen Eucharistie, denn es kann jemand nach vielen begangenen läßlichen Sünden voll Andacht diesem Sakramente sich nahen und dessen volle Wirkung in sich aufnehmen. Die noch bestehenden, also thatsächlich noch geübten, läßlichen Sünden aber stören die Wirkung des Sakramentes; wenn sie auch dieselbe nicht ganz und gar hindern. Denn nicht nur dem Zustande nach verleiht dieses Sakrament Gnade und Liebe, sondern auch ist seine Folge eine gewisse thatsächliche geistige Erquickung an der Süße der Liebe Gottes; und diese wird gehindert, wenn jemand, im Geiste durch läßliche Sünden zerstreut, an die Konimunionbank tritt.
c) I. Wer mit einer thatsächlich bestehenden läßlichen Sünde herantritt, erhält dem Zustande nach in der Gnade und Liebe Vermehrung und also geistige Nahrung; nicht aber wird er so sehr thatsächlich erquickt durch die Ruhe in Gott. II. Die Taufe hat nicht in dieser Weise wie die Eucharistie zum Zwecke die thatsächliche Liebesglut und die Freude der Seele. Denn die Taufe ist eine geistige Zeugung, welche zur Folge hat den Zustand des geistigen Lebens; die Eucharistie aber ist ein thatsächliches, geistiges Speisen mit thatsächlichem Ergötzen daran. III. Dies betrifft die vergangenen läßlichen Sünden, welche die Wirkung der heiligen Eucharistie nicht stören.
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