5.
Doch wer will das den Weinberauschten sagen? Vor Rausch haben sie einen schweren Kopf; sie sind schläfrig, sie gähnen; benebelt ist ihr Blick; alles ekelt sie an. Deshalb hören sie die Lehrer nicht, die ihnen von allen Seiten zurufen: „Berauscht euch nicht mit Wein, in dem Ausschweifung liegt1.“ Ferner heißt es: „Der Wein macht schamlos und die Trunkenheit frech2.“ Und weil sie das überhören, ernten sie sofort die Früchte der Trunkenheit. Der Körper schwillt an, die Augen werden wässerig, der Mund trocken und heiß. Wie die Schluchten voll zu sein scheinen, solange die Bergströme ihnen zufließen, aber trocken stehen, sobald das Wasser sich verlaufen, so ist auch des Säufers Mund gewissermaßen voll und naß, solange Wein darin ist; ist dieser aber etwas abgelaufen, dann fühlt der Mund sich wieder trocken an und ohne Feuchtigkeit. Aber immer wieder ausgetrocknet und dann übermäßig mit Wein begossen, verliert der Säufer auch noch die Lebensfeuchtigkeit. Welcher Mensch hätte eine so starke Konstitution, daß er den üblen Folgen der Trunksucht widerstehen könnte? Mit welchem Mittel könnte man verhüten, daß der in einem fort vom Weine erhitzte und immer vom Weine triefende Körper nicht endlich erschöpft, hinfällig und siech würde? Daher das Zittern und die Schwäche. Ist nämlich der Geist durch übermäßigen Weingenuß gebrochen, und haben die Nerven ihre Spannkraft eingebüßt, so befällt die ganze Körpermasse ein Zittern. Was willst du den Fluch Kains auf dich laden und dein ganzes Leben lang zittern und S. 325 umhertaumeln3? Hat der Körper seine natürliche Stütze nicht, so muß er schwanken und beben.
