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So haben Männer und Frauen zugleich durch solche Schlechtigkeiten, durch gemeinsame Tänze und Hingabe ihrer Seelen an den Weinteufel, einander mit Pfeilen der Leidenschaft verwundet. Gelächter auf beiden Seiten, schändliche Lieder, unzüchtige Gebärden, die zur Wollust reizen. Du lachst, sage mir, und schwelgst in unkeuscher Lust, der du doch ob deiner Vergangenheit weinen und seufzen solltest? Du singst Buhllieder und schlägst die Psalmen und Hymnen aus, die du gelernt hast. Du regst die Füße, springst wie wahnsinnig und tanzest unangängige Tänze, und solltest doch deine Knie zur Anbetung beugen. Wen soll ich beklagen? Die unverheirateten Mädchen oder die verheirateten Frauen? Die ersteren kehrten zurück ohne ihre Jungfrauschaft; die letzteren brachten ihre Keuschheit ihren Männern nicht mehr heim. Haben vielleicht die einen und andern auch nicht mit dem Leibe gesündigt, so haben sie doch in ihre Herzen das Gift aufgenommen. Das will ich auch von den Männern gesagt haben. Er hat lüstern geschaut und ward lüstern angesehen. „Wer ein Weib ansieht, um es zu begehren, hat die Ehe schon gebrochen1.“ Sind schon zufällige Begegnungen arglosen Blicken eine große Gefahr, wieviel mehr dann absichtliche Zusammenkünfte, um berauschte, schamlose Weiber zu sehen, die mit ihren Gebärden zur Unzucht reizen und laszive Lieder singen, die S. 329 Unzüchtige bloß zu hören brauchen, um die ganze Wut der Leidenschaft zu entfesseln.
Was werden sie sagen, was zu ihrer Entschuldigung vorbringen, wenn sie durch solchen Aufzug einen endlosen Schwarm von Übeln verschuldet haben? Etwa nicht, sie hätten deshalb zugesehen, um die Begierden zu wecken? So sind sie also laut dem unerbittlichen Ausspruche des Herrn des Ehebruches schuldig. — Wie wird euch das Pfingstfest finden, wenn ihr das Osterfest so entweiht habt? Pfingsten ist das Fest der offenbaren und allgemein bekannten Ankunft des Hl. Geistes. Du aber hast dich schon im voraus zur Behausung des feindlichen Geistes gemacht und wurdest ein Tempel von Götzen, anstatt ein Tempel Gottes durch Einwohnung des Hl. Geistes geworden zu sein2. Du hast den Fluch des Propheten auf dich geladen, der in der Person Gottes spricht: „Ich werde ihre Feste in Trauer verwandeln3.“— Wie wollt ihr eurer Dienerschaft gebieten, wenn ihr selbst wie Sklaven wahnsinnigen, verderblichen Begierden frönt? Wie wollt ihr eure Kinder in Zucht halten, wenn ihr selbst ein zuchtloses, unordentliches Leben führt?
Was nun? Soll ich euch hier verlassen? Allein, ich fürchte, der Unordentliche möchte vielleicht noch schamloser werden, der Zerknirschte aber in allzu große Betrübnis versinken4. Denn es heißt: „Ein Mittel wird große Sünden heilen5.“ Das Fasten möge die Trunkenheit heilen, der Psalm den buhlerischen Gesang! Die Träne werde ein Heilmittel für das Lachen! Statt des Tanzes beuge das Knie! Statt des Händeklatschens schlage man an die Brust! Statt des Kleiderputzes zeige man die Einfachheit! Vor allem kaufe das Almosen dich von der Sünde los6! „Denn eines Mannes Lösegeld ist sein eigener Reichtum7.“ Laß viele Bedrängte teilhaben an deinem Gebete, damit dir etwa so das böse Treiben verziehen werde. Als sich das Volk setzte, um zu essen und zu trinken, und wieder aufstand, um zu spielen8 S. 330 — sein Spiel war der Götzendienst —, da bewaffneten dich die Leviten gegen ihre Brüder und weihten ihre Hände zum Priestertum9.
Daher befehlen wir euch, die ihr den Herrn fürchtet und jetzt das schändliche Treiben der Verurteilten betrauert: Wenn ihr solche seht, die ihre törichten Handlungen bereuen, habt Mitleid mit ihnen wie mit eigenen kranken Gliedern! Sind sie aber hartnäckige Sünder und verachten eure Trauer über sie, dann „geht heraus aus ihrer Mitte, sondert euch ab von ihnen, und rührt nichts Unreines an10.“ So sollen jene beschämt werden und zur Erkenntnis ihrer eigenen Bosheit gelangen, ihr aber den Lohn des Eifers eines Phinees11 empfangen — durch das gerechte Urteil Gottes und unseres Heilandes Jesus Christus, dem die Ehre und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
