35.
1. Aus Silber oder Gold angefertigte 1 oder andere, mit eingelegten Edelsteinen verzierte Trinkgefäße zu benützen, ist unzweckmäßig; sie sind nur eine Täuschung für das Auge; denn wenn man in sie ein heißes Getränke eingießt, so werden die Gefäße erhitzt; und wenn man sie anfaßt, verbrennt man sich die Hand; wenn man aber wieder andererseits kaltes Getränke eingießt, so teilt der Stoff dem Getränke seine Eigenschaft mit und verdirbt es, 2 und so ist das kostspielige Trinken schädlich.
2. Also fort mit den nach Therikles S. a45 und nach Antigonos und nach Kantharos benannten Bechern und den breiten Schalen (λαβρώνιοι) und den Trinknäpfen (Itnaaiai) und den unzähligen Arten von Trinkgefäßen und außerdem den Kühlgefäßen (ψυκτῆρες) und den Weinkannen (οἰνοχόαι)!3 Denn überhaupt ist „Gold und Silber als Eigentum von einzelnen und von der Gesamtheit ein nur Neid erregendes Besitztum“, 4 da es das Bedürfnis übersteigt, 5 selten zu gewinnen und schwer zu erhalten und nicht zweckmäßig zu verwenden ist.
3. Indessen ist auch die übertrieben sorgfältige, nur auf eitlen Ruhm bedachte Kunst, mit getriebener Arbeit das Glas zu verzieren, das durch die Bearbeitung nur zerbrechlicher wird, aus unserem wohlgeordneten Gemeinwesen zu verbannen, da sie dazu nötigt, zugleich mit dem Trinken sich auch zu fürchten. Auch silberne Sessel und Becken und Essignäpfchen und Schüsselchen und Schalen und dazu noch silberne und goldene Geräte, die teils für die Darbietung der Speisen, teils auch für andere Zwecke dienen, die auch nur zu nennen ich mich schäme, und dreifüßige Tische, „aus leicht zu spaltendem Zedernholz und aus Holz des Lebensbaumes“ 6 und aus Ebenholz und Elfenbein verfertigt, und Lagergestelle mit silbernen Füßen und eingelegtem Elfenbein und mit Gold und Schildkrot verzierte Türflügel und mit Purpur und anderen schwerbeschaffbaren Farben gefärbte Teppiche, 7 Zeugen geschmackloser Prunksucht, Überfluß, der dem Neid und (dem Verdacht) der Weichlichkeit ausgesetzt ist, all S. a46 das muß man von sich weisen, weil es auch gar keinen wirklichen Wert hat.
4. „Denn die Zeit ist beschränkt“,8 wie der Apostel sagt. Daraus ergibt sich als Folge, daß man sich nicht lächerlich aufputzen darf, wie bei den festlichen Aufzügen manche Frauen zu sehen sind, 9 die außen in staunenerregender Weise geschminkt sind, so daß sie einen würdevollen Eindruck machen, während sie im Innern jammervoll sind.
Vgl. Muson. rell. p. 110, 6 ff. ↩
Vgl. Muson. rell. p. 112, 2 ff. ↩
Die verschiedenen Arten von Trinkgefäßen sind bei Athen. XI aufgezählt; vgl. zu den nach dem korinthischen Töpfer Therikles benannten Bechern p. 467 E; 469 B; 470 EF ff.; zu den nach dem König Antigonos benannten Trinkgefäßen p. 497 F (beide auch Plut. Aemil. Paul. 33 erwähnt); zu den Bechern des Töpfers Kantharos p. 473 D—474 E; zu den λαβρώνιοι p. 484 C—F; zu den λεπασταί p. 484 F—486 A; zu den ψυκτῆρες p. 502 C—503 D. ↩
Platon, Gesetze XII p. 955 E. ↩
Vgl. Muson. rell. p. 110, 1 f. ↩
Vgl. Hom. Od. 5, 60. ↩
Vgl. Muson. rell. p. 110, 3—5. ↩
1 Kor. 7, 29. ↩
Vgl. paid. II 45, 3. ↩
