3.
Wer nicht unverzüglich [die Gnade des Geistes] empfängt, wird durch das Aufschieben und Zuwarten von seiten Gottes noch mehr entzündet, er strebt noch mächtiger nach den himmlischen Gütern, er mehrt von Tag zu Tag seine Sehnsucht und seinen Eifer, sein Laufen und Kämpfen, seinen ganzen Tugendstand, seinen Hunger und Durst nach dem Guten, er läßt sich von den Bosheitsgedanken, die in seiner Seele sind, nicht erschlaffen und zur Nachlässigkeit, Ungeduld und Verzweiflung verleiten. Er gibt sich nicht unter dem Vorwande, daß [Gott] lange wartet, der Sorglosigkeit hin, er läßt sich nicht etwa durch den Gedanken: „Wann bekomme ich denn einmal die Gnade Gottes?“ von der Bosheit zur Gleichgültigkeit verführen. Nein, je länger der Herr selbst zögert und ihn warten läßt, indem er seinen Glaubens- und Liebeswillen prüft, desto feuriger und sorgsamer, eifriger und hoffnungsfroher muß er das Gnadengeschenk Gottes suchen, wenn er einmal den S. 251 Glauben und die feste Überzeugung gewonnen, daß Gott untrüglich und wahrhaftig ist. Denn er hat versprochen, seine Gnade denen zu geben, die glaubensvoll bis zum Ende ihn darum bitten „in aller Geduld“1.
2 Kor. 12, 12; Kol. 1, 11. ↩
