§ 8.
1) Nach dem Credo werden die Opfergaben, Brot und Wein, auf den Altar gestellt. 2) Die nächsten Akte der Liturgie sind der Friedenskuß und die Verlesung der Diptychen. 3) Die mystische Deutung des Friedenskusses zielt auf die friedliche Einheit und Einigkeit eines durch keine Leidenschaften und Mißhelligkeiten entzweiten Zusammenlebens der Gemeinde. Diese brüderliche Einheit steht und fällt mit jener Einigung, die uns selbst mit Gott verbindet.
Wenn auf die beschriebene Weise die urgöttliche Menschenfreundlichkeit heiligfromm gepriesen worden ist, wird das göttliche Brot und der Kelch der Segnung verhüllt auf den Altar gestellt. Der hochgöttliche Friedenskuß erfolgt als Akt der Liturgie sowie die mystische, überweltliche Verlesung der heilig verfaßten Diptychen. Denn es ist unmöglich, daß die Menschen in dem Einen vereinigt werden und an der friedereichen Einswerdung mit dem Einen teilnehmen, wenn sie unter sich entzweit sind. Wenn wir nämlich, von der Betrachtung und Erkenntnis des Einen erleuchtet, zu der eingestaltigen und göttlichen Verbindung geeint würden, so könnten wir es nicht ertragen, daß wir zu den zwiespältigen Begierden herabsänken, aus welchen die irdisch-gemeinen und leidenschaftlichen Feindschaften gegen die Mitmenschen, die doch gleicher Natur mit uns sind, ent- S. 135 stehen. Dieses eingestaltige und unentzweite Leben also wird meines Erachtens durch die Zeremonie des Friedenskusses zur Pflicht gemacht, da sie Gleiches auf Gleiches gründet und die göttlichen, einheitlichen Betrachtungsbilder denen vorenthält, welche in sich gespalten sind.
