49.
Als Gott die Fischungeheuer geschaffen, als er die Gattungen der wilden Tiere und Bestien geschaffen hatte, ruhte er nicht: „er ruhte aber“,nachdem er den Menschen nach seinem Bilde geschaffen hatte. In welchem Menschen er ruhen wollte, darüber höre den Propheten, der spricht: „Oder über wem werde ich ruhen, wenn nicht über dem Demütigen und Friedsamen und dem, der meine Worte fürchtet?“ So sei also demütig und friedsam, daß Gott in deinem Herzen ruhe! Er, der im Tiere nicht ruhte, ruht viel weniger noch in einer tierischen Brust. Es gibt nämlich auch tierische Affekte, es gibt Tiere in Menschengestalt. Diese meint der Herr, wenn er warnt: „Hütet euch vor den falschen Propheten, die im Schafskleide zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind!“ In solchen aber ruht Gott nicht, er ruht vielmehr nur in gesitteten Menschen, die er nach seinem Bilde und Gleichnisse geschaffen hat, damals als er den Mann geschaffen hat, der „das Haupt nicht verhüllen darf, weil er das Bild und der Ruhm Gottes ist“. Der Seele dieses Mannes gilt das Wort:„Sieh, ich, Jerusalem, habe deine Mauern gemalt“. Er spricht nicht: „ich habe deinen Bauch gemalt“, nicht: „ich habe das Niedrige an dir gemalt“, sondern „ich habe deine Mauern gemalt“ und versichert damit, dem Menschen feste Schutzmauern gegeben zu haben, daß er, S. 272 ein wachsamer Wächter auf den Mauern, gefährlichen Angriffen abschlagen könne; er spricht sonach: Nicht Genüsse habe ich dir gegeben, nicht lockende Begierden, nicht reizende Wollust, nicht Begierlichkeit nach fremder Schönheit, sondern Grundfesten vom Mauern habe ich dir gegeben, ragende Turmzinnen habe ich dir gegeben, hinter welchen du keine Überwältigung durch den Feind fürchten, nicht vor den furchtbarsten Angriffen anstürmender Legionen bangen brauchst. So spricht darum, wie du beimo Jesaja liest, des Gerechten Seele, bezw. die LKirche: „Ich bin eine befestigte Stadt, ich bin eine belagerte Stadt“, befestigt durch Christus, belagert durch den Teufel; doch darf, wer Christus zum Helfer hat, die Belagerung nicht fürchten. Befestigt nämlich wird er von der geistigen Gnade und belagert von den weltlichen Gefahren. Darum die Beteuerung im Hohen Liede: „Ich bin eine Mauer und meine Brüste Bollwerke“. Eine Mauer ist die Kirche, ihre Bollwerke sind die Priester, die in Sachen der Weltanschauung [de naturalibus] über die Fülle des Wortes in Sachen der sittlichen Lebensführung [de moralibus] über die Fülle der Zucht verfügen.
