2. Die Idololatrie im eigentlichen Sinne hat sehr viele Verzweigungen und verbirgt sich oft unter scheinbar unschuldigen Handlungen.
S. 140 Doch lassen wir alles, was sonst Sünde genannt wird, die speziellen Wege seiner eigenen Taten gehen und die Idololatrie möge auf das beschränkt bleiben, was sie eigentlich ist. Sie hat genug an ihrem Gott so verhassten Namen und dem reichen Vorrat von Verbrechen, welcher so viele Äste treibt und so viele Adern ausströmen lässt, dass gerade dieser letztere Umstand eben die Veranlassung gegeben hat, zu untersuchen, auf wie vielerlei Weise man die sich über so viele Dinge hin erstreckende Idololatrie zu vermeiden habe. Denn sie bringt auf vielerlei Weise die Diener Gottes zum Falle, nicht allein aus Unkenntnis, sondern auch infolge zu leichten Darüberhinwegsehens. Sehr viele glauben einfachhin, für Idololatrie nur jene Fälle erklären zu müssen, wenn jemand räuchert, Opfer bringt, einem Totenmahle beiwohnt oder sich zu gewissen religiösen Diensten und Priesterämtern verpflichtet. Das wäre aber, als wenn jemand meinte, der Ehebruch beschränke sich auf Küsse, Umarmungen und die eigentliche fleischliche Gemeinschaft, und für Mord sei nur das wirkliche Blutvergiessen und Umslebenbringen anzusehen. Allein wir wissen mit Sicherheit, um wieviel weiter der Herr den Begriff dieser Dinge ausdehnt. Er findet Ehebruch schon in der Begierde, wenn jemand das Auge mit Wollust auf etwas heftet und die Seele dabei in unzüchtige Erregung gerät; als Mord verurteilt er schon das Fluchwort und die Lästerung, sowie jeden Ausbruch des Zornes und die Vernachlässigung der Liebe gegen den Mitbruder. So lehrt auch Johannes, „wer seinen Bruder hasst, der ist ein Mörder„1, Andernfalls würde sich der Teufel mit seiner Schlauheit auf dem Gebiete der Bosheit, sowie Gott der Herr auf dem Gebiete der Sittenzucht, wodurch er uns gegen die „Tiefen des Teufels“2 verwahrt, in sehr engen Grenzen bewegen, wenn wir nur bei solchen Vergehungen verurteilt würden, für welche auch die Heiden eine Strafe festgesetzt haben. Wie könnte dann unsere Gerechtigkeit größer werden, als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, was doch S. 141der Herr vorgeschrieben hat, wenn wir nicht die Größe und Überschwenglichkeit ihres Gegenteils, d. h, der Ungerechtigkeit, durchschaut haben? Wenn nun die Idololatrie der Gipfel aller Ungerechtigkeit ist, so ist das erste, dass wir uns gegen ihr Übergreifen waffnen, indem wir sie nicht bloß da, wo sie mit Händen zu greifen ist, erkennen.
