Dritter Artikel. Der schuldige kann an den höheren Richter appellieren.
a) Dies ist nicht erlaubt. Denn: I. Nach Röm. 13. „soll jede Seele den höheren Gewalten Unterthan sein.“ Der aber appelliert, unterwirft sich nicht dem Richter. II. Größer ist die Verpflichtung der ordnungsgemäß, also im gewöhnlichen Wege gesetzten Gewalt gegenüber wie derjenigen gegenüber, welche von eigener Wahl kommt. Nach 2 Qq. 8. cap. 33. aber „ist es nicht erlaubt, von den Richtern, welche die gemeinsame Übereinstimmung ausgewählt hat, zu appellieren.“ Also noch weit weniger darf man es von den ordnungsmäßig gesetzten Richtern. III. Was einmal erlaubt ist, das ist immer erlaubt. Es ist aber nicht erlaubt, nach dem zehnten Tage zu appellieren; und ebenso nicht das dritte Mal. Also ist appellieren an sich gar nicht erlaubt. Auf der anderen Seite appellierte Paulus, nach Act. 25.
b) Ich antworte: Entweder appelliert jemand im Vertrauen auf seine gerechte Sache, weil ihn zu Unrecht der Richter belästigt; und so ist es erlaubt zu appellieren und ist klug, weshalb 2 Qq. 6. cap. 3. es heißt, „jeder bedrückte solle an das Urteil der Priester appellieren und von keinem verhindert werden;“ — oder es appelliert jemand bloß, um eine Verzögerung herbeizuführen; und das ist unerlaubt und heißt: sich verleumderischerweise verteidigen. Denn ein solcher thut dem Richter unrecht, dessen Amtsführung er Hindernisse entgegenstellt; und er thut unrecht dem Gegner, dessen gerechte Sache er verwirrt. Und deshalb heißt es weiter (l. c.): „Derjenige aber ist in jedem Falle zu bestrafen, dessen Appellation als eine boshafte, ungerechte sich herausstellt.
c) I. Der niedrigeren Gewalt hat jemand nur insoweit Unterthan zu sein, als sie die ihr von der höheren vorgeschriebenen Grenzen einhält. Wenn also ungerechterweise der Richter jemanden belästigt, so verläßt er die ihm angewiesenen Grenzen. Und so kann jener, der gegen die Gerechtigkeit beschwert wird, an die höhere Gewalt sich wenden, entweder vor oder nach dem Urteilsspruche. Und weil keine Gerechtigkeit da vorausgesetzt wird, wo der wahre Glaube nicht ist, deshalb soll der katholische Gläubige nicht an einen ungläubigen Richter appellieren, nach l. c.: „Der Katholik, der, sei seine Sache gerecht oder nicht, an einen ungläubigen Richter appelliert, soll exkommuniziert sein.“ (Vgl. 1. Kor. 6.) II. Wenn jemand sich einen Richter selbst gewählt hat, zu dessen Gerechtigkeitssinn er kein Vertrauen hat und demnach sich wieder einen anderen nehmen möchte, so scheint derselbe leichten Sinnes zu sein. Deshalb wird mit Recht jenem, der von selbstgewählten Richtern verurteilt wird, die Wohlthat der Appellation verweigert. Die Gewalt des ordnungsmäßig gesetzten Richters aber hängt allein vom Könige oder Fürsten ab und nicht von der Zustimmung des seiner Gerichtsbarkeit untergebenen. Deshalb kann man von einem solchen appellieren, auch wenn er zugleich selbstgewählter Richter wäre; denn es scheint dann seine ordnungsmäßig bereits bestehende Gewalt die Gelegenheit dazu gewesen zu sein, daß man ihn wählte. III. Die Billigkeit des Rechtes kommt beiden Teilen zu Hilfe, daß keiner belästigt werde; und so scheint der Zeitraum von zehn Tagen genügend zu sein, um zu überlegen, ob das Einlegen der Appellation nützt. Wäre keine Zeit bestimmt, so würde das Urteil immer unentschieden bleiben und demgemäß der andere Teil zu Schaden kommen. Das dritte Mal ist es nicht mehr erlaubt zu appellieren, weil es nicht scheint, daß so oft die Richter der gerechten Richtschnur abweichen werden.
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