Zweiter Artikel. Das Recht weist gebührenderweise manche vom Advokatenamte zurück.
a) Dem steht entgegen: I. Von den Werken der Barmherzigkeit darf niemand zurückgewiesen werden; schützen aber jemanden vor Gericht, daß er kein Unrecht leide, ist ein Werk der Barmherzigkeit. II. Göttlichen Dingen gewidmet sein ist das Gegenteil davon: den Sünden Unterthan sein. Aus solchen Gegensätzen aber folgt nicht ein und dieselbe Wirkung. Also mit Unrecht werden Mönche und Kleriker von der Advokatur zurückgewiesen; und ebenso öffentliche Sünder. III. Der Mensch soll den Nächsten lieben wie sich selbst. Unzulässigerweise wird somit manchen die Befugnis erteilt, sich selbst wohl zu verteidigen, nicht aber andere. Auf der anderen Seite stehen die rechtlichen Bestimmungen 3 Qq. 7. cap. Infames.
b) Ich antworte, es werde jemand von einer Thätigkeit zurückgewiesen: 1. auf Grund seiner Unfähigkeit und Ohnmacht; — 2. aus Schicklichkeitsgründen. Die Unfähigkeit schließt immer aus; die Schicklichkeit nicht in jedem Falle, denn die Notwendigkeit kann sie überwiegen. Danach werden von der Advokatur abgewiesen: Schwachsinnige, Unmündige, denen also der innere Sinn fehlt; Stumme und Taube, denen der äußere Sinn fehlt. Denn der Advokat muß innere Erfahrenheit besitzen, haß er die Gerechtigkeit seiner Sache zeigen kann; und er muß sprechen und hören. Aus Schicklichkeitsgründen werden zurückgewiesen: 1. die Mönche und Priester, weil sie höheren Dingen zugewandt sind, nämlich den göttlichen; — 2. die körperlich einen Fehler haben, wie die blinden, welche nicht gut dem Urteilen mitwirkend beiwohnen können; — 3. die geistig einen Fehler haben, also die Ehrlosen, Ungläubigen und wegen schwerer Verbrechen Verurteilte; denn wer in sich selber die Gerechtigkeit verachtet hat, soll nicht ihr Schützer sein in anderen. Solche Schicklichkeitsgründe aber werden bisweilen überboten durch die Notwendigkeit. Und so können derartige Personen für sich oder für ihnen verwandte Personen das Advokatenamt verwalten; wie die Kleriker für ihre Kirchen, und Mönche für ihre Klöster, sobald dies der Obere vorgeschrieben.
c) I. Schicklichkeitsgründe oder Unfähigkeit halten bisweilen von den Werken der Barmherzigkeit ab. Denn nicht alle Werke der Barmherzigkeit ziemen sich für alle; wie dem Thoren es nicht zusteht, Rat zu geben oder unwissende zu belehren. II. Das „zu viel“ und das „zu wenig“ verderben die Tugend. Und so steht manchen das Advokatenamt nicht an, weil sie dafür zu hoch stehen; manchen anderen nicht, weil sie zu tief dafür sind. III. Nicht in derselben Dringlichkeit liegt dem Menschen die Notwendigkeit ob, die Sache der anderen zu führen wie die eigene; denn andere können sich auf andere Weise helfen. Also besteht hier keine Ähnlichkeit.
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