Zweiter Artikel. Der Verkauf einer Sache macht zu einem unerlaubten ein Fehler oder ein Mangel in derselben.
a) Das wird geleugnet. Denn: I. Der Mangel der Substanz selber in einer Sache scheint den Verkauf derselben nicht zu einem unerlaubten zu machen; also noch weniger ein Mangel im Übrigen. So kann jemand Gold oder Silber, was die Alchymisten gemacht haben, für wahres Gold und Silber verkaufen; denn zu allem jenem im menschlichen Leben ist es nützlich, wozu das wahre Gold und Silber dient, wie z. B. um Gefäße zu formen u. dgl. Also. II. Der Mangel auf seiten der Sache, welcher den Umfang betrifft, scheint am meisten der Gerechtigkeit entgegen zu sein, die im Gleichmaße besteht. Nun wird der Umfang durch das Maß gekannt; solche Maße aber sind nicht immer überall die gleichen, sondern da größer, dort kleiner. Da also ein derartiger Mangel auf seiten der verkauften Sache nicht vermieden werden kann, so scheint er auch nicht den Verkauf zu einem unerlaubten zu machen. III. Ein Fehler auf seiten der verkauften Sache ist es, wenn ihr eine Eigenschaft mangelt, die ihr zukommen müßte. Um dergleichen Eigenschaften aber zu unterscheiden, bedarf es einer eingehenden Kenntnis, die den meisten Käufern abgeht. Also macht ein Fehler in der verkauften Sache den Verkauf nicht unerlaubt. Auf der anderen Seite schreibt Ambrosius (3. de offic. cap. 11.): „Die Richtschnur der Gerechtigkeit liegt offenbar vor: der tugendhafte Mann darf nicht von der Wahrheit abweichen; er darf niemandem ungerechten Nachteil zufügen und darf keine List gebrauchen.“
b) Ich antworte; in der verkauften Sache kann in dreifacher Weise ein Fehler oder ein Mangel sich finden: 1. In der Substanz derselben; kennt diesen Fehler der Verkäufer und verkauft trotzdem, so betrügt er. Darauf weist der Prophet hin. (Isai. 1.): „Dein Silber ist verkehrt in Blei; dein Wein ist gemischt mit Wasser;“ denn was gemischt ist, dessen Substanz ist fehlerhaft. 2. Im Maße. Wer also mit Vorwissen mangelhaftes Maß gebraucht im Verkaufe, der betrügt gleichermaßen. Deshalb heißt es Deut. 25.: „Du sollst in deinem Sacke nicht verschiedenes Maß haben, ein größeres und ein kleineres.… Der Herr verabscheut jenen, der dies thut und Er verabscheut alle Ungerechtigkeit.“ 3. In einer Eigenschaft des verkauften Gegenstandes; wie wenn jemand ein krankes Tier verkauft, als ob es gesund wäre. Weiß er dies, so betrügt er; und der Verkauf ist wie in den beiden ersten Fällen ungültig. In allen diesen Punkten sündigt der be treffende nicht nur gegen die Gerechtigkeit, sondern er muß wiedererstatten. Kennt der Verkäufer die gedachten Fehler nicht, so sündigt er nicht und seine Handlung ist nicht ungerecht; aber er ist gehalten, sobald er Kenntnis erhält, den Käufer schadlos zu halten. Was nun eben vom Verkäufer gesagt worden, gilt auch vom Käufer so daß, wenn sich herausstellt, die gekaufte Sache sei mehr wert als er sie gekauft und zwar infolge eines Irrtums im Verkäufer, er diesen letztere schadlos halten muß; z. B. wenn ihm der Verkäufer Messing verkauft hat in der Meinung, es sei Gold; oder wenn er ihm zu großes Maß etc. geben hätte.
c) I. Nicht nur wegen des Nutzens ist Gold und Silber teuer, sonder auch wegen der Reinheit und der Würde ihrer Substanz. Zumal hat wahres Gold und Silber noch manchen Nutzen auch, den das gemachte Gold und Silber nicht hat; wie z. B. daß es gesehen erfreut, gegen manche Krankheit als Heilmittel gut ist, es bleibt auch länger in seiner Reinheit und kann mannigfacher bearbeitet werden. Würden freilich die Alchymisten wahres Gold und Silber der Substanz und nicht bloß dem äußeren Scheine nach machen, so wäre es nicht unerlaubt, dasselbe für wahres natürliches Golt und Silber zu verkaufen. II. Das Maß für die verschiedenen verkäuflichen Dinge ist in den verschiedenen Gegenden verschieden; und zwar je nach der mehr oder minder großen Menge, daß sich die betreffenden Dinge da finden. Den Ortsbehörden gehört es nun an, das richtige Maß nach den jedesmaligen Verhältnissen zu bestimmen; und so bestimmtes Maß darf man nicht beiseite setzen III. Nach Augustin (11. de civ. Dei 16.) wird der Preis der Dinge nicht bemessen je nach deren Naturen, da manchmal ein Pferd mehr wert ist wie ein Sklave. Hier ist der Gradmesser der Gebrauch und Nutzen der Menschen. Also braucht der Käufer oder Verkäufer nicht die inneren natürlichen Eigenschaften der Dinge zu kennen, sondern nur jene, die zum menschlichen Gebrauche geeignet machen; z. B. daß das Pferd stark ist, gut läuft und diese Eigenschaften sind leicht zu erkennen.
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