Vierter Artikel. Der Handelsmann kann teuerer verkaufen als einkaufen.
a) Das scheint nicht erlaubt. Denn: I. Chrysostomus (sup. Matth. 21., hom. 38. op. imp.) sagt: „Wer auch immer etwas einkauft, damit er beim Verkaufe gewinne, während der betreffende Gegenstand unverändert ein und derselbe bleibt, der ist jener Käufer, welcher aus dem Tempel gewiesen wird.“ Ebenso sagt Cassiodor zu Ps. 70. (quoniam non cognovi litteraturam vel negationem in 70.): „Was ist Handeln anders, als billiger einkaufen und teuerer verkaufen?… Solche Handelsleute hat der Herr zum Tempel hinausgewiesen.“ Also ist ein solcher Handelsmann im Stande schwerer Sünde. II. Gegen die Gerechtigkeit ist es, eine Sache unter dem Werte zu kaufen oder über den Wert hinaus zu verkaufen. Eines von beiden aber muß der Handelsmann im genannten Falle. Also sündigt er. III. Hieronnmus (2. ep. ad Nepotian.) schreibt: „Einen Kleriker, der Handelsmann ist, der arm war und reich geworden, unbekannt war und nun überall angesehen ist, den fliehe wie die Pest.“ Den Klerikern ist aber die Kaufmannschaft offenbar bloß untersagt wegen der damit verbundenen Sünde. Also. Auf der anderen Seite erklärt Augustin zu Ps. 70. (I. c.): „Ein geiziger Kaufmann, der voll Gier ist, um Geld zu gewinnen, lästert bei jedem Verlust, lügt und flucht, wenn er den Preis der Dinge angiebt. Aber das sind Laster im betreffenden Menschen und nicht in der Kaufmannskunst, die man ohne Sünde ausüben kann.“
b) Ich antworte; die Kaufleute geht es an, auf den wechselseitigen Austausch der Dinge Bedacht zu nehmen. Wie aber Aristoteles (1. Polit 5. und 6.) sagt, besteht eine doppelte Art Austausch: der eine ist de Natur entsprechend und notwendig. Im Bereiche desselben wird eine Sachegegen die andere ausgetauscht oder Sachen gegen Geld für die notwendigsten Lebensbedürfnisse. Solcher Austausch geht nicht sowohl die Kaufleute an wie die Staatsweisen und die Vorsteher des betreffenden Gemeinwesens, die dafür sorgen müssen, daß der Staat oder die Familie das Notwendige babe. Der andere Austausch erstreckt sich auf Sachen gegen andere Sachen oder gegen Geld um des Gewinnes halber, nicht wegen der Lebensnotdurft. Diese Art Austausch geht im eigentlichen Sinne die Kaufleute an. Die erste Art Austausch nun ist lobenswert; denn sie dient der natürlichen Notdurft. Die zweite wird getadelt und zwar mit Recht, insoweit an und für sich betrachtet, nur der Gier nach Gewinn dient, welche ins Endlose geht und von einem Abschlüsse nichts wissen will. Demgemäß hat das Handelsgeschäft als solches nichts Tugendhaftes an sich, inwiefern es in seinem Wesen keinen der Tugend entsprechenden oder notwendigen Zweck einschließt. Obwohl nun aber der Gewinn selber in seinem Wesen nichts Tugendhaftes oder Notwendiges besagt, so schließt er doch auch an sich nichts Lasterhaftes oder die Tugend Hinderndes ein. Sonach steht dem nichts entgegen, daß man den Gewinn auf einen der Tugend entsprechenden oder notwendigen Zweck beziehen kann, wodurch der Handel etwas Erlaubtes wird; wie wenn jemand den mäßigen Gewinn, den er erzielt, zum Unterhalte seiner Familie oder zur Unterstützung der armen verwendet; oder wenn jemand dem Handel obliegt wegen des Gemeinbesten, damit des Lebens Notdurft nicht fehle und somit den Gewinn nicht als Zweck betrachtet, sondern als ein Entgelt für seine aufgewendete Mühe
c) I. Chrnsostomus versteht dies von jenen, die im Gewinne ihren letzten Endzweck suchen. Und das erscheint zumal, wenn jemand eine Sache teuerer verkauft, während dieselbe die nämliche geblieben ist; denn wenn sie zu ihrem Vorteile geändert worden, so kann man einen Lohn für die aufgewendete Arbeit fordern. Aber auch auf den Gewinn kann man erlaubterweise seine Absicht richten; nicht freilich, als ob derselbe der Endzweck wäre, sondern als Mittel zum Zwecke. II. Nicht immer ist jener, der eine Sache teuerer verkauft, als er sie gekauft, ein Handelsmann; sondern letzterer kauft zu dem Zwecke, damit er teuerer verkaufe. Kauft er aber eine Sache, nicht um sie zu verkaufen, sondern um sie zu behalten, nachher aber verkauft er sie aus irgend einem Grunde und zwar teuerer, wie er sie gekauft, so ist das kein Handelsgeschäft, denn er kann dies erlaubterweise thun; sei es, weil er die betreffende Sache verbessert hat oder weil nach den veränderten Verhältnissen von Zeit und Ort der Preis ein höherer ist, oder weil er Kosten gehabt im Transporte etc. Danach also ist weder der Kauf noch der Verkauf einer solchen Sache ungerecht. III. Die Kleriker müssen auch dessen sich enthalten, was den äußeren Schein des Übels hat. Das findet beim Handelsgeschäft statt. Denn 1. ist es dem irdischen Gewinne gewidmet, den die Kleriker verachten müssen; 2. sind mit dem Handel viele Fehler verbunden; denn „schwerlich wird ein Kaufmann frei sein von den Sünden der Lippen,“ nach Ekkli. 26. Zudem sollen die Kleriker nicht zu viel mit weltlichen Sorgen sich befassen, die vom Geistigen abziehen, nach 2. Tim. 2.: „Niemand, der für Gott streitet, mischt sich in weltliche Geschäfte.“ Der ersten Art Austausch aber, die zum Zwecke hat zu kaufen und zu verkaufen, was zu des Lebens Notdurft gehört, können die Kleriker sich bedienen.
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