Dritter Artikel. Der Wucher oder das unberechtigte Zinsnehmen und die Pflicht der Rückerstattung.
a) Was auch immer jemand mit Wuchergeld erworben hat, muß er zurückerstatten. Denn: I. „Wenn die Wurzel heilig, so auch die Äste.“ (Rom. 11.) Ist also die Wurzel faul, so auch die Äste. Die Wurzel des Erworbenen aber war Wuchergeld; also ist auch in gleichem Maße ungerecht das Erworbene. II. Extrav. de Usuris heißt es (Decretalis: Cum tu, sicut asseris): Der Besitz, den man sich mit Wuchergeld erworben, soll verkauft und der Erlös zurückerstattet werden jenen, die man durch Wucher geschädigt hat.“ III. Was jemand mit Wuchergeld sich gekauft, gehört ihm auf Grund dieses Geldes, welches er gegeben. Er hat also dazu kein größeres Recht wie zum Wuchergelde selbst; somit muß er zurückerstatten. Auf der anderen Seite kann jeder rechtmäßig behalten, was er rechtmäßigerweise erworben. Was aber mit Wuchergeld erworben wird, ist bisweilen rechtmäßig erworben. Also kann es festgehalten werden.
b) Ich antworte, manche Sachen wie Geld, Wein etc. werden verbraucht dadurch, daß man sie gebraucht. Sind also derartige Sachen durch Wucher oder unberechtigtes Zinsnehmen erpreßt, so ist nur das wiederzuerstatten was man empfangen hat; denn was damit erworben worden, das ist keine Frucht solcher Dinge, sondern menschlicher Betriebsamkeit. Höchstens ist man zur Wiedererstattung des Schadens noch verpflichtet, den vielleicht der andere durch das Festhalten der betreffenden Sache erlitten. Andere Dinge aber sind, wie ein Acker, ein Haus, derartig, daß ihr Gebrauch nicht ihr Verbrauch ist; und solchen Dingen ist eine besondere Nutznießung eigen. Wer also durch Wucher aus dem anderen einen Acker, ein Haus erpreßt hätte, der muß nicht nur die Sache selbst zurückgeben, sondern auch den daraus gezogenen Nutzen; denn letzterer kommt von einer Sache, die nicht sein war.
c) I. Die Wurzel hat zugleich mit dem Charakter, Beginn zu etwas zu sein, die Eigentümlichkeit, eine wirksame Ursache vorzustellen, die da Nahrung giebt. Und somit ist hier keine durchgängige Ähnlichkeit. II. Die mit Wuchergeld erworbenen Besitzungen gehören den Käufern. Es liegt aber eine Verpflichtung auf ihnen gegenüber denjenigen, denen das Wuchergeld gehört; gleichwie auf den anderen Gütern des Wucherers. Deshalb wird nicht vorgeschrieben, daß jene Besitzungen denen zugesprochen werden sollen, von welchen das Wuchergeld erpreßt worden; sondern sie sollen verkauft werden, damit man nach dem Umfange des Wuchergeldes aus dem Erlöse Wiedererstattung leiste. III. Was vom Wuchergelde erworben worden, gehört dem erwerbenden; nicht wegen des Wuchergeldes als des Werkzeuges gleichsam für den Erwerb; — sondern wegen seiner Betriebsamkeit als der Hauptursache. Und somit hat der betreffende erwerbende mehr Recht an diesem erworbenen Gute wie am Wuchergelde selber.
