Dritter Artikel. Den Klerikern allein kommt es zu, den Zehnten zu empfangen.
a) Dies wird bestritten. Denn: I. Den Leviten im Alten Testamente wurde der Zehnte gegeben, weil sie keinen Anteil hatten an den Besitzungen der anderen Stämme, nach Num. 18. Die Kleriker im Neuen Testamente aber haben Besitzungen und zwar sowohl nicht selten väterliches Erbe und kirchliche; sie empfangen zudem Erstlinge und Gaben für Lebende und Verstorbene. Also kommt ihnen nicht der Zehnte zu. II. Manchmal wohnt jemand in der einen Pfarre und bebaut seine Äcker in der anderen. Oder ein Hirt hat seinen Stall in einer Pfarre und führt seine Schafe auf die Weide in einer anderen. Da erhellt also nicht, welchen Klerikern er den Zehnten geben soll; und somit scheint es, keinen bestimmten Klerikern sei der Zehnte zu geben. III. Ein allgemeiner Brauch ist es in gewissen Ländern, daß Soldaten den Zehnten der Kirche in Pacht haben; auch Ordensleute erhalten Zehnten. Also kommt solcher nicht den Klerikern allein zu. Auf der anderen Seite heißt es Num. 18.: „Den Kindern Levi habe ich zugewiesen zum Besitzen allen Zehnten Israels für den Dienst, in welchem sie mir dienen in der Stiftshütte.“ Den Kindern Levi aber sind nachgefolgt im Neuen Testamente die Kleriker; ihnen allein also gebührt der Zehnte.
b) Ich antworte, das Recht selber, den Zehnten zu empfangen ist ein geistiges. Denn der Zehnte ist geschuldet für den Dienst und die Ausgaben am Altare beim göttlichen Dienste; und denen, die mit dem Säen von Geistigem fortwährend beschäftigt sind, gebührt es, daß man ihnen den zeitlichen Unterhalt gebe. Nach dieser Seite hin also kommt es nur den Klerikern zu, den Zehnten zu empfangen. Die Dinge aber, welche gegeben werden, sind körperliche; und somit können sie in den Gebrauch jedes beliebigen kommen, auch der Laien.
c) I. Im Alten Testamente ward ein besonderer Zehnten bestimmt für die armen. Im Neuen Testamente wird der Zehnte den Klerikern allein gegeben; nicht nur damit dieselben sich selber davon unterhalten, sondern auch daß sie den armen mitteilen. Dazu dienen dann die kirchlichen Besitztümer, die dargebrachten Gaben und die Erstlinge zugleich mit dem Zehnten II. Der Zehnte, welcher vom persönlichen Erwerb gegeben wird, gehört den Klerikern der Pfarre, in der man wohnt; der Zehnte von den Feldfrüchten scheint vernünftigerweise mehr zu der Pfarre zu gehören, in der die Äcker sich befinden. Das kirchliche Recht aber bestimmt (cap. Cum sint, et cap. Apostolicae, de Decimis), daß darin die überkommene Gewohnheit gewahrt bleibe. Der Hirt, der in zwei Pfarreien seine Herde weidet, muß gemäß dem Verhältnisse einer jeden die Zehntabgabe leisten; und auch weil von der Weide die Fruchtbarkeit der Herde herkommt. Deshalb gebührt ein größerer Teil des Zehnten der Pfarre, wo die Weide ist; wie der Pfarre, wo der Stall sich befindet. III. Die unter dem Namen „Zehnten“ der Kirche gegebenen Sache kann diese einem Laien überlassen; und ebenso kann sie es Laien überlassen, daß diese den Zehnten für die Kirche in Empfang nehmen, sei es weil die Bedürfnisse der Kirche es so fordern, wie manchmal Soldaten, welche die Güter der Kirche beschützen sollen, als Lehen der Zehnte überlassen wird, oder weil den armen geholfen werden soll; wie manchen Ordensleuten und ähnlichen, die keine Seelsorge haben, der Zehnte als Almosen überlassen wird. Das Recht, den Zehnten zu erhalten, bleibt immer der Kirche vorbehalten.
