Zweiter Artikel. Götzendienst ist eine Sünde.
a) Dagegen spricht: I. Nichts kann Sünde sein, was der wahre Glaube zur Verehrung Gottes benützt. Bilder aber dienen der wahren Gottesverehrung; wie ja auch nach Exod. 25. in der Stiftshütte Bilder waren und ebenso noch jetzt in den christlichen Kirchen es deren giebt. II. Jedem Oberen gebührt Verehrung. Die Engel und die Seelen der Heiligen aber sind Obere für uns. Also kann man ohne Sünde ihnen Verehrung erweisen. III. Gott muß innerlich verehrt werden „im Geiste und in der Wahrheit.“ Jemand kann aber wohl innerlich Gott seinen Kult darbringen und äußerlich Götzenbildern Ehre erweisen. Auf der anderen Seite heißt es Exod. 20.: „Du sollst sie (die Bilder) nicht anbeten (nämlich äußerlich) noch verehren (nämlich innerlich).“
b) Ich antworte, hier sei ein zweifacher Irrtum zu verzeichnen, die einen meinten, die Opfer und anderes zur Anbetung Gehörige komme nicht nur dem höchsten Gott, sondern auch den anderen als etwas ansich Geschuldetes und Gutes zu; weil jeder höheren Kreatur als einer näherstehenden göttliche Ehre zu erweisen sei. Das aber wird ohne Grund behauptet. Denn der Höchste, Gott nämlich, steht allen anderen rein geistigen Wesen kraft ganz einziger Vorzüge voran; und deshalb gebührt Ihm eine ganz einzige Verehrung, die wir Anbetung, latria, nennen. Man soll auch nicht sagen, diese äußeren Opfer kämen den geordneten „Göttern“ zu, dem Höchsten Gott aber die unsichtbaren, rein geistigen Opfer. Denn wie Augustin (10. de civ. Dei 19.) sagt, „sind diese äußeren Opfer in der Weise Zeichen für die inneren; wie die Worte die wir sprechen, Zeichen sind der Dinge, die wir denken. Wie wir also betend und lobpreisend an denjenigen unsere Worte als Zeichen richten, dem wir die Sachen selber, die in unserem Herzen befindlich durch die Worte bezeichnet werden, aufopfern; so sollen wir wissen, daß wir keinem anderen das sichtbare Opfer darbringen dürfen, als demjenigen, welchem wir das unsichtbare Opfer in unserem Herzen als Ihm gehörig schulden.“ Andere meinten, man dürfte den Götzenbildern zwar nicht als etwas an sich Geschuldetes und Gutes göttliche Verehrung darbringen, sondern als etwas dem allgemeinen Brauche Entsprechendes, wie Seneca sagt (nach August. 6. de civ. Dei 10.): „So wollen wir anbeten, daß wir daran denken, dies gehöre mehr einer allgemeinen Sitte an als daß es der Wahrheit und Wirklichkeit entspreche;“ — und Augustin schreibt (de vera Relig. 5.): „Bei den Philosophen solle man nach keiner Religion suchen; denn sie machten zwar die heiligen Gebräuche mit dem Volke mit, aber sie dächten das Gegenteil davon, was dieses denkt, über die Natur ihrer Götter und über das höchste Gut und lehrten dieses Gegenteil in den Schulen.“ Diesen Irrtum lehrten auch viele Häretiker; man könne nämlich erlaubterweise, zur Zeit der Verfolgung, äußerlich die Götzenbilder verehren und innerlich den Glauben wahren. Aber dies ist falsch. Denn da der äußere Kult nur ein Zeichen ist des inneren, so ist es ebenso eine verderbliche Lüge, wenn jemand einen äußeren Kult erweist jenem, dem er denselben in seinem Innern verweigert; als wenn jemand mit Worten den wahren Glauben leugnet, den er im Innern festhält. Deshalb sagt Augustin gegen Seneca (I. c.): „Um so verdammenswerter war es, daß er die Götzenbilder verehrte, als er, was er lügnerischerweise verehrte, so äußerlich verehrte, daß das Volk meinte, er thue es Überzeugung.“
c) I. Weder im Alten noch im Neuen Bunde wird Bildern göttliche Verehrung, der Kult der latria, erwiesen; sondern die Bilder dienen da nur, um etwas zu bezeichnen, damit nämlich dadurch der Glaube an die Vorzüge der Engel und Heiligen im Geiste der Gläubigen gefestigt würde Anders verhält es sich einzig mit dem Bilde Christi, worüber in III. II. und III. sind oben beantwortet.
