Vierter Artikel. Der Ursprung des Götzendienstes.
a) Die Ursache für den Götzendienst findet sich nicht auf seiten des Menschen. Denn: I. Im Menschen kann man unterscheiden die Natur, die Tugend und die Schuld. Die natürliche Vernunft aber sagt vielmehr, es sei nur ein Gott und den Toten oder den leblosen Dingen sei kein Kult zu spenden. Die Tugend ist noch weniger Ursache des Götzendienstes, denn „ein guter Baum kann keine schlechten Früchte bringen.“ Betreffs der Schuld aber heißt es Sap. 14.: „Der verruchte Götzendienst ist der Grund alles Übels und dessen Anfang und dessen Ende.“ Also. II. Was vom Menschen als solchem verursacht wird, das findet sich zu jeder Zeit unter den Menschen. Nicht immer aber bestand der Götzendienst; sondern erst im zweiten Zeitalter soll ihn Nimrod erfunden haben, der Menschen zwang, das Feuer anzubeten; oder Ninus, der seinen Vater Bel anbeten ließ; und bei den Griechen wird (Isidor. 8 Etymol. 11.) Prometheus als erster genannt, der Menschenbilder aus Lehm herstellte; während die Juden sagen, Ismael hätte das erste Götzenbild aus Lehm gemacht. Ebenso hörte der Götzendienst im sechsten Zeitalter zum größten Teile auf. III. Augustin sagt (21. de civ. Dei 6.): „Zuerst konnte man von den Teufeln lernen, was jeder von ihnen gern hat, was er verascheut, mit welchem Namen er eingeladen oder zu erscheinen gezwungen wird; so daß die Teufel die Erfinder der magifchen Künste waren.“ Dasselbe aber scheint vom Götzendienste zu gelten. Also kommt er vom Teufel. Auf der anderen Seite heißt es Sap. 14.: „Die Leerheit und Eitelkeit der Menschen hat die Götzenbilder in der Welt erfunden.“
b) Ich antworte, die vorbereitende Ursache für den Götzendienst sei eine dreifache gewesen und zwar auf seiten des Menschen: 1. die ungeregelte Hinneigung, insoweit die Menschen jemandem, den sie zu viel liebten, göttliche Ehre erwiesen; wie Sap. 14. gesagt wird: „Voll bitteren Schmerzes machte der Vater sich ein Bild des ihm durch den Tod entrissenen Sohnes; und fing an, ihn, der bereits als Mensch gestorben war, nun als einen Gott zu ehren“… „der Liebe oder den Königen dienten sie und gaben deshalb den unmitteilbaren Namen der Gottheit Holz und Stein;“ — 2. das von der Natur herrührende Ergötzen der Menschen an der bildlichen Darstellung; und darum erwiesen die roheren unter den Menschen den schön und kunstreich gemachten Darstellungen anderer Menschen göttliche Ehren; wonach es Sap. 15. heißt: „Wenn ein Künstler im Walde sich Holz recht geschnitten hat, so formt er mit der Erfahrenheit seiner Kunst es zu einem Bilde und macht es ähnlich einem Menschen und thut dann vor ihm Gelübde, um etwas zu erfahren wegen seines Vermögens, wegen seiner Kinder, wegen Heiraten;“ — 3. die Unkenntnis des wahren Gottes, dessen Vollkommenheiten die Menschen nicht erwogen und somit einzelnen Kreaturen wegen deren Schönheit und Kraft göttliche Ehren erwiesen; davon sagt Sap. 13.: „Nicht auf die Werke gaben sie acht, damit sie erkannten, wer der Werkmeister sei; sondern entweder Feuer oder Luft oder Geist oder Sternengebilde oder großes Wasser oder Sonne, Mond etc. betrachteten sie als die Lenker des Erdkreises.“ Die vollendende Ursache des Götzendienstes aber waren die Teufel, die sich den irrenden Menschen als Gegenstand der Verehrung darboten; in den Bildern Antworten gaben und manches für die Menschen Wunderbare vollbrachten; wie der Psalmist sagt (Ps. 95.): „Alle Götter der Heiden sind Teufel.“
c) I. Der Mangel in der menschlichen Natur, die Unwissenheit des Verstandes, die Regellosigkeit in der Hinneigung waren von seiten des Menschen die vorbereitende Ursache des Götzendienstes. Der Götzendienst aber wird als Ursprung aller Sünde bezeichnet, weil es keine Sünde giebt, wozu er nicht ausdrücklich hinleitete oder die Veranlassung gab oder die er nicht als zweckdienlich benützte, wie z. B. den Mord der Menschen, die Verstümmelung der Glieder. Einzelne Sünden aber können auch als vorbereitende dem Götzendienste vorhergehen. II. Im ersten Zeitalter war kein Götzendienst wegen des noch frischen Andenkens an die Erschaffung der Welt, vermittelst dessen die Kenntnis des einen Gottes im Geiste der Menschen in Kraft war. Im sechsten Zeitalter ist der Götzendienst ausgeschlossen wegen der Lehre und der Gewalt Christi, der über den Teufel triumphierte. III. Dieser Einwurf geht von der den Götzendienst vollendenden Ursache aus.
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