Zweiter Artikel. Das Heilen von körperlichen Krankheiten vermittelst des Besprechens oder ähnlicher Mlittel ist unerlaubt.
a) Dies wird bestritten. Denn: I. Man kann der natürlichen Kräfte der Körper sich bedienen, die ihnen eigenen Wirkungen zu erzielen. Manche Dinge aber haben verborgene Kräfte, welche die Vernunft nicht zu ergründen vermag; wie z. B. daß der Diamant das Eisen anzieht und viele andere. (August. 21. de civ. Dei 5.) Also ist da nichts Unerlaubtes, wenn man solche Kräfte gebraucht. II. Wie die natürlichen Körper, so unterliegen auch die künstlich hergestellten dem Einflüsse des Lichtes der Himmelskörper. Die natürlichen Körper aber erlangen einige verborgene Kräfte, welche die entsprechende Gattung begleiten, durch die Einwirkung der Himmelskörper. Also auch die künstlich hergestellten Körper wie Bilder erlangen vermittelst des darar einwirkenden Lichtes der Himmelskörper eine verborgene Kraft, um gewifse Wirkungen hervorzubringen. Solche Kräfte in Anwendung bringen ist demgemäß nicht unerlaubt. III. Zudem können die Dämonen vielfach auf die Körper einwirken und sie ändern, wie Augustin (3. de Trin. 8. et 9.) zeigt. Deren Kraft aber ist von Gott. Also kann man sie zu gewissen Wirkungen gebrauchen. Auf der anderen Seite schreibt Augustin (II. de doctr. christ. 20.) „Abergläubisch sind alle jene Gebräuche der magischen Künste, wie Bänder, Kettchen, Heilmittel, welche auch die ärztliche Wissenschaft verwirft, berückendes Einsingen, Kennzeichen, die man Charaktere nennt, oder dergleichen Dinge, die man sich anbindet oder anhängt.“
b) Ich antworte, wenn gewisse Zeichen oder Handlungen ihrer Natur nach gewisse Wirkungen hervorbringen können, so sei in deren Anwendung kein Aberglaube. Wenn sie aber ihrer Natur nach dergleichen Wirkungen nicht hervorbringen können, so werden sie auch nicht als Ursachen angewandt, sondern als reine Zeichen; und gehören dann mit zu den Übereinkommen mit den Dämonen, die auf Zeichen beruhen. Deshalb sagt Augustin (21. civ. Dei 6.): „Angelockt werden die Dämonen durch Kreaturen, die nicht sie, sondern Gott gemacht hat; es sind dies gemäß der Verschiedenheit Dämonen verschiedene Dinge, welche für die Dämonen ergötzlich sind; nicht wie für die Tiere die Speise, sondern wie Zeichen gefallen sie einem jeden von ihnen; wie z. B. verschiedene Arten Steine, Kräuter, Hölzer, Tiere, Gedichte, Riten.“
c) I. Dinge gemäß den bei ihnen vorausgesetzten natürlichen Kräfte zu gebrauchen, ist nicht abergläubisch. Treten aber dazu fremde Namen oder eigentümliche Figuren oder sonst eitle Formeln, die offenbar ihrer Natur nach keine Wirkung haben, so ist dies abergläubisch und unerlaubt. II. Die natürlichen Kräfte der natürlichen Körper folgen den Wesensformen derselben und zur Hervorbringung dieser Wesensformen wirkt mit das Licht der Himmelskörper; sonach erhalten sie auch kraft dieser letzter einzelne wirksame Kräfte. Die Formen der künstlich hergestellten Körper aber gehen von der Auffassung des Künstlers aus. Und da sie deshalb (nach 1. Physic.) nichts Anderes sind als Zusammensetzung, Ordnung, Formung von Elementen, die von Natur bereits bestehen; so können sie von sich aus als reine Ergebnisse der Kunst keine weitere natürliche Kraft, um zu wirken, besitzen. Also nur nach ihren natürlichen Bestandteilen können sie unter dem linflusse der Himmelskörper eine deren Wesensform entsprechende Kraft rhalten; nicht als Kunstprodukte. Falsch ist demnach, was Porphyrius annahm (August. de civ. Dei 11; 21, 6.), „daß mit Hilfe von Kräutern, Steinen, Tieren, bei gewissen Tönen, Gesängen, Tänzen, Worten, unter Beobachtung der Bewegungen der Himmelskörper und gewisser Sternbilder Gegenstände hier von den Menschen hergestellt werden können, welche gewaltig genug sind, um die nämlichen Wirkungen hervorzubringen, welche sonst aus den Sternen sich ergeben“ als ob nämlich die Wirkungen der magischen Künste von der Natur der Himmelskörper käme. „Dies Alles,“ fügt Augustin hinzu, „kommt von den Dämonen, welche mit den ihnen unterwürfigen Seelen ihren Spott treiben.“ Also auch jene sogenannten astrologischen Bilder leiten ihre Wirksamkeit von den Dämonen her. Und das Zeichen davon ist, daß man zu ihnen noch gewisse Charaktere, Worte oder Figuren, beischreiben muß, welche ja ihrer Natur nach zu keiner Wirkung mithelfen können, da die Figur an und für sich kein Princip der Thätigkeit ist. Darin aber unterscheiden sich die astrologischen Bilder von denen der schwarzen Kunst, daß in letzteren ausdrücklich Anrufungen der Dämonen stattfinden; während bei den astrologischen die Übereinkunft mit den Dämonen eine stillschweigende ist und nur in gewissen Abzeichen, Figuren u. dgl. besteht. III. Gott hat die Vollgewalt über die Dämonen. Er allein kann sie gebrauchen, wozu Er will. Das ist bei den Menschen nicht der Fall. Sie sollen impfen gegen die Dämonen; und nicht ihren Beistand beanspruchen.
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