Vierter Artikel. Dem undankbaren soll man nicht Wohlthaten entziehen.
a) Das Gegenteil erhellt aus Folgendem: I. Sap. 16. heißt es: „Die Hoffnung des undankbaren wird vergehen wie das Eis des Winters.“ Dies wäre aber nicht der Fall, wenn man undankbaren fortgesetzt wohlthun würde. II. Man muß dem Menschen keine Gelegenheit zur Sünde geben. Der undankbare aber sündigt voraussichtlich durch Undankbarkeit, wenn man ihm wohlthut. Also. III. „Worin jemand sündigt, darin soll er Pein erleiden.“ (Sap. 11.) Also gerade wegen seiner Undankbarkeit muß man dem betreffenden jede Wohlthat entziehen. Auf der anderen Seite heißt es Luk. 6.: „Mein Vater ist gütig gegen die Guten und Bösen.“
b) Ich antworte, der undankbare verdiene einerseits sicher die Entsetzung von Wohlthaten; andererseits aber müsse der wohlthuende 1. nicht leicht darin sein, jemanden der Undankbarkeit zu zeihen; denn vielleicht hat der begünstigte keine Gelegenheit, sich dankbar zu beweisen; — und 2. müssen wohlthuende dahin bestrebt sein, aus einem undankbaren einen dankbaren zu machen, was vielleicht durch die zweite Wohlthat gelingt, wenn der erste Versuch fehlgeschlagen ist. Wird jedoch durch die Häufung von Wohlthaten der undankbare immer schlechter, so ist es besser, mit den, Wohlthun aufzuhören.
c) I. Die Stelle spricht von dem, was der undankbare verdient. II. Der wohlthuende giebt keine Gelegenheit zur Sünde, wohl aber zu Liebe und Dankbarkeit. Nimmt der andere Gelegenheit zu Undankbarkeit, so ist dies nicht dem Spender der Wohlthaten anzurechnen. III. Der da eine Wohlthat spendet, muß nicht sogleich sich als Rächer der Undankbarkeit zeigen, sondern als hingebender Arzt; indem er durch wiederholte Wohlthaten die Undankbarkeit heilt.
