Dritter Artikel. Der Gebrauch des Weines ist nicht gänzlich unerlaubt.
a) Dies scheint aber. Denn: I. Der Gebrauch des Weines hindert den Gebrauch der Weisheit, nach Ekkle. 2, 3. (s. oben). „Gott aber liebt niemanden, der nicht mit der Weisheit zusammenwohnt“ (Sap. 7.); und: „Durch die Weisheit sind geheilt worden jene, die Gott gefallen haben vom Beginne an.“ (Sap. 9.) II. Röm. 14. heißt es: „Es ist etwas Gutes, nicht Fleisch zu essen und nicht Wein zu trinken, wenn dein Bruder daran Ärgernis nimmt oder infolgedessen schwächer wird in der Tugend.“ Vom Guten aber soll man nicht abweichen und seinen Nächsten kein Ärgernis geben. III. Hieronymus schreibt (1. cont. Jovinian. 9.): „Wein und Fleisch ist nach der Sündflut zu essen erlaubt worden. Christus aber kam am Ende der Zeiten und führte das Ende zurück zum Beginne.“ Also soll man in der Zeit, wo das christliche Gesetz gilt, keinen Wein trinken. Auf der anderen Seite heißt es 1. Tim. 5.: „Trinke nicht immer Wasser, sondern mäßig Wein wegen deines Magens und deiner häufigen Krankheiten;“ und Ekkli. 31.: „Ein Frohlocken des Herzens und der Seele ist ein mäßiger Trunk Wein.“
b) Ich antworte, nach Matth. 15, 2. ist keine Speise und kein Trank, „das nämlich, was in den Mund eingeht,“ an und für sich, der Natur nach, schlecht. Also ist Wein zu trinken, an und für sich betrachtet, nichts Schlechtes. Wird aber jemand vom Weine leicht benachteiligt oder hat er gelobt, keinen Wein zu trinken, oder trinkt er über das Maß oder nehmen andere daran Ärgernis; aus diesen und ähnlichen äußeren Gründen wird der Weingenuß zu etwas Unerlaubtem.
c) I. Wird die Weisheit nur in der Weise verlangt oder besessen, wie deren Besitz zur Erreichung der Seligkeit gemeinhin notwendig ist; so besteht keine Notwendigkeit, sich des Weines zu, enthalten. Soll sie in einem besonders hohen Grade erlangt werden und der Geist somit ganz in der Betrachtung göttlicher Dinge aufgehen; — so ist es bisweilen nach Lage der persönlichen Verhältnisse erfordert, vom Weine ganz abzulassen. II. Wenn andere daran berechtigtes Ärgernis nehmen, mahnt der Apostel, vom Weine abzulassen. III. Christus zieht uns von Manchem als durchaus Unerlaubtem zurück, von Manchem aber als einem Hindernisse hoher Vollkommenheit; und so zieht Er manche ab vom Weine, wie ja auch vom Reichtume und Anderem.
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