Erster Artikel. Es war ganz zukömmlich, daß Christus die Taufe empfing.
a) Es war dies gar nicht zukömmlich. Denn: I. Getauft werden, will sagen: Abgewaschen werden. In Christo aber war keine Unreinheit. II. Christus hat, um dem Gesetze zu genügen, die Beschneidung empfangen. Die Taufe aber gehörte nicht zum Gesetze. III. Das Erstbewegende im Bereiche jeder Art von Bewegung ist unbeweglich; und ebenso das Erstverändernde im Bereiche jeder Veränderung. Christus aber war der Ersttaufende, nach Joh. 1.: „Jener, über den du den Geist herabsteigen sehen wirst und bleiben, Er ist es, der tauft.“ Also hätte Christus nicht getauft werden sollen. Auf der anderen Seite steht die Schrift Matth. 3, 13.
b) Ich antworte; es sei zukömmlich gewesen, daß Christus getauft ward: Denn 1. „wollte der Herr“, nach Ambrosius (sup. Luc. 3. factzum est) „getauft werden, nicht um gereinigt zu sein, sondern Er wollte reinigen die Wasser, damit sie, abgewaschen durch das Fleisch Christi, der die Sünde nicht kannte, die Kraft hätten, in der Taufe zu reinigen, und damit Er so geheiligte Wasser zurückließe für die zu taufenden“ (Chrysost. in op. imp. hom. 4.). 2. „Er war wohl selbst nicht Sünder,“ so Chrysostomus (l. c.), „aber Er hatte angenommen die sündige Natur, die Ähnlichkeit mit dem Fleische der Sünde; obgleich Er selbst also der Taufe nicht bedürfte, hatte derselben doch in den anderen die fleischliche Natur notwendig.“ „Er ist getauft worden,“ so ähnlich Gregor von Nazianz (orat. 39.), „damit Er den ganzen alten Adam im Wasser untertauche.“ 3. Wollte Er getauft werden (nach August. 29. serm. de Temp.), „weil zuerst Er das thun wollte, was zu thun Er uns allen vorschrieb.“ Und dies meint der Herr, wenn Er sagt (Matth. 3.): „So geziemt es sich, daß wir alle Gerechtigkeit erfüllen.“ Denn „das ist die Gerechtigkeit“, wie Ambrosius schreibt (l. c.), „daß du zuerst das thust, was du willst daß ein anderer es thue, damit du durch dein Beispiel ermahnest.“
c) I. Nicht damit Er abgewaschen werde, sondern damit Er abwasche, ward Christus getauft. II. Christus mußte nicht nur erfüllen das Alte Gesetz, sondern auch anfangen das Neue. Deshalb wollte Er nicht nur beschnitten, sondern auch getauft werden. III. Christus ist der Erste im Taufen dem Geiste nach; und so ward Er nicht getauft.
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