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Œuvres Thomas d'Aquin (1225-1274) Summe der Theologie
Tertia Pars
Quaestio 39

Dritter Artikel. Christus ward zur gehörigen Zeit getauft.

a) Dem wird widersprochen. Denn: I. Christus sollte ein Beispiel geben durch sein Beispiel. Die gläubigen
aber werden ermahnt, nicht bis zum dreißigsten Jahre mit der Taufe zu
warten. Also mußte der Herr früher getauft werden. II. Christus hätte zuerst lehren oder Wunder wirken sollen, ehe Er
getauft wurde. Dann wäre seine Taufe besser verstanden worden und wäre
nützlicher gewesen. III. Das Zeichen der eingegofsenen Weisheit mußte am meisten in
Christo, dem Lehrer aller Völker, hervortreten. Von Daniel aber heißt es
(Dan. 13.): „Der Herr erweckte den Geist eines jungen Knaben, dessen
Namen Daniel.“ Christus also hätte als Kind getauft werden und lehren
müssen. IV. Die Taufe Christi ist der Zweck der Johannes-Taufe. Der Zweck
aber steht an erster Stelle in der Absicht, an letzter in der Ausführung.
Also hätte Christus als erster oder als letzter von Johannes getauft werden
müssen. Auf der anderen Seite steht das Alter Christi angegeben bei Luk. 3> 21. als das von dreißig Jahren.

b) Ich antworte; ganz angebrachterweise ward Christus im Alter von dreißig Jahren getauft. Denn I. war die Taufe der Beginn seiner Lehr-thätigteit, wozu ein gemessenes Alter wie das von dreißig Jahren erfordert wird. Deshalb wird dies auch Gen. 41. bei Iofeph hervorgehoben, daß er dreißig Jahre alt war, als er die Regierung Ägyptens antrat; und ähnlich bei David (2. Kön. 5.); ebenso fing Ezechiel an, im Alter von dreißig Jahren zu prophezeien (Ezech. 1.). Es sollte sodann 2. nach der Taufe Jesu, wie Chrysostomus sagt (kam. 10. in Matth.), das Gesetz beginnen, keine verpflichtende Kraft mehr zu haben. Damit also niemand sagen könne, Christus habe das Gesetz gelöst, weil Er es nicht habe erfüllen können, kam Er in einem Alter zur Taufe, in welchem bereits alle Verpflichtungen des Gesetzes beobachtet werden können. Endlich wird 3. durch dieses Alter, das da ein vollkommenes Alter ist, angezeigt, daß die Taufe vollkommene Männer erzeugt, nach Ephes. 4.: „Bis wir alle zusammenkommen in der Einheit des Glaubens und in der Anerkennung des Sohnes Gottes, im vollkommenen Manne, im Maße des Alters der Fülle Christi.“ Die Dreißigzahl nämlich entsteht aus der Multiplikation der Zehn mit drei. Durch die Dreizahl nun wird ausgedrückt der Glaube an die Dreieinigkeit; durch die Zehnzahl die Erfüllung der zehn Gebote; und in Beidem besteht die Vollendung des christlichen Lebens.

c) I. „Christus ist,“ wie Gregor von Nazianz (orat. 40.) sagt, „nicht getauft worden, als ob Er der Reinigung bedurft hätte oder als ob der Aufschub der Taufe Ihm Gefahr brächte. Jedem anderen aber erwächst große Gefahr daraus, wenn Er aus diesem Leben geht, nicht bekleidet mit dem Gewände der Unsterblichkeit,“ nämlich mit der Gnade. Und obgleich es gut ist, nach der Taufe die Reinheit zu bewahren; „besser aber ist es, bisweilen kleine Flecken haben wie ganz und gar der Gnade entbehren.“ II. Der von Christo den gläubigen zukommende Nutzen stützt sich auf
den Glauben und auf die Demut. Und nach beiden Seiten hin ist es gut,
daß Christus nicht als Kind, sondern im vollendeten Mannesalter zu lehren
anfing. Zum Glauben trägt dies bei, weil da die Wahrhaftigkeit der
menschlichen Natur erscheint, welche körperlich während des Verlaufes einer
gewissen Zeit fortschreitet; damit also ein derartiges Fortschreiten nicht als
ein phantastisches erscheine, wollte Er seine Weisheit und seine Wunderkraft
nicht offenbaren vor dem kräftigen Mannesalter. Zur Demut trägt dies
bei, damit nicht jemand sich vermesse, vor dem gesetzten Alter Vorsteher sein
oder lehren zu wollen. III. Christus sollte allen ein Beispiel sein. Und deshalb lehrte Er
in einem Alter, in welchem dies gemäß dem gewöhnlichen Verlaufe der
Dinge geschieht. Denn, sagt Gregor von Nazianz, „es ist jenes kein gemein
geltendes Gesetz, was selten vorkommt, wie eine Schwalbe den Frühling
nicht macht.“ Einigen nämlich, wie dem Daniel, Jeremias, Salomo ist
es aus specieller Fügung der göttlichen Weisheit verliehen worden, daß sie
vor dem dazu nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge erforderlichen vollendetem Alter das Amt erhielten, vorzustehen oder zu lehren. IV. Christus durfte weder als der letzte noch als der erste von
Johannes getauft werden; denn „Er wollte die Predigt und die Taufe
des Johannes bestätigen und billigen; und ebenso sollte seine eigene Sendung von Johannes bezeugt werden“ (Chrysost. hom. 4. in op. imp.).
„Dem Zeugnisse des Johannes aber wäre nicht geglaubt worden, wenn nicht
schon viele von ihm getauft worden wären.“ Und ebenso, „wie das Licht
der Sonne nicht wartet auf den Untergang des Morgensternes, sondern
während dieser noch am Himmel steht, sich ausbreitet und dessen Glanz
verdunkelt; so auch wartete Christus nicht darauf, daß Johannes seinen
Lauf vollende, sondern Er erschien mitten in dem daß jener taufte, lehrte“ (I. c.).

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