Dritter Artikel. Die Gewalt Christi als gottmenschliche mit Rücksicht auf die innerliche Wirkung der Sakramente.
a) Christus als Mensch hatte Gewalt, die innerliche Wirkung der Sakramente hervorzubringen. Denn: I. Johannes der Täufer spricht (Joh. 1, 33.): „Der mich gesandt hat, um zu taufen im Wasser, hat zu mir gesagt: über wen du sehen wirst den heiligen Geist herabsteigen und über ihm bleiben, der ist es, der da tauft im heiligen Geiste.“ Nun heißt: „taufen im heiligen Geiste“ nichts Anderes wie: die Gnade des heiligen Geistes innerlich spenden. Der heilige Geist aber stieg herab über Christum als Menschen, nicht als den Sohn des ewigen Vaters, da so Er selber den heiligen Geist giebt. Also hatte Christus als Mensch die Gewalt, die innerliche Wirkung der Gnade zu verursachen. II. Nach Matth. 9. sagt der Herr: „Ihr sollt wissen, daß der Menschensohn die Gewalt hat, Sünden nachzulassen.“ Dies ist aber eine innerliche Wirkung. III. Die Einsetzung der Sakramente gehört jenem an, der als Haupteinwirkender hervorbringt die innerliche Wirkung. Christus aber hat die Sakramente eingesetzt. Also wirkt Er auch innerlich, im Willen des Menschen, die Wirkung der Sakramente, d. i. die Gnade. IV. Niemand kann ohne das betreffende Sakrament die Wirkung desselben hervorbringen, der da nicht aus eigener Kraft die Wirkung des Sakramentes wirkt. Christus aber brachte die Wirkung des Sakramentes hervor ohne das Sakrament; wie Er z. B. zu Maria Magdalena (Luk. 7.) sagte: „Die Sünden sind Dir nachgelassen.“ Also als Mensch wirkte Christus die innerliche Wirkung des Sakramentes. V. In dessen Kraft das betreffende Sakrament wirkt, der ist mit Rücksicht auf die innerliche Wirkung der haupteinwirkende. Nun haben die Sakramente ihre Kraft aus dem Leiden Christi und aus der Anrufung seines Namens, nach 1. Kor. 1.: „Ist Paulus für euch gekreuzigt worden oder seid ihr im Namen Pauli getauft?“ Also Christus als Mensch wirkt die innerliche Wirkung der Sakramente. VI. Auf der anderen Seite sagt Augustin (3. cont. Donat. 10.): „In den Sakramenten wirkt in geheimnisvoller Weise die göttliche Kraft das Heil;“ also Christus als Gott.
b) Ich antworte; als Gott wirke Christus in den Sakramenten kraft seiner machtvollen Autorität, als Mensch in der Weise des Verdienstes und, soweit es die wirkende Ursächlichkeit betrifft, in der Weise des Werkzeuges : Beides immer mit Rücksicht auf die innerlichen Wirkungen der Sakramente. Denn das Leiden Christi ist in wirkender (nicht einzig in verdienender) Weise Ursache unseres Heiles, weil die heilige Menschheit Christi das Werkzeug ist in der Hand der Gottheit. Weil sie aber ein mit der Gottheit in Person verbundenes Werkzeug ist, steht sie voran den äußerlichen Werkzeugen, wie dies die Diener der Kirche sind und übt eine gewisse verursachende Kraft auf diese aus (Kap. 63, Art. 1 und 3.). Wie also Christus als Gott im Bereiche der Sakramente die Vollgewalt der Autorität besitzt, so hat Er als Mensch die erste hervorragende Gewalt vor allen anderen Spendern, die sogenannte potestas excellentiae. Und diese besteht in vier Dingen: 1. Darin daß das Verdienst und die Kraft seines Leidens wirksam thätig ist in den Sakramenten. Weil nun die Kraft des Leidens Christi mit uns verbunden und auf uns angewandt wird durch den Glauben, nach Rom. 3.: „Den da Gott als Sühner hingestellt hat durch den Glauben in seinem Blute,“ und wir diesen Glauben bekennen durch die Anrufung des Namens Christi, so werden 2. die Sakramente in seinem Namen geheiligt. Da nun durch die Einsetzung von Ihm aus die Sakramente Kraft erhalten, so gehört es 3. zur hervorragenden Gewalt Christi, daß Er, der den Sakramenten ihre Kraft gegeben, die Sakramente einsetzen konnte. Und insofern die Ursache nicht von der Wirkung abhängt, sondern das Umgekehrte der Fall ist; konnte 4. Christus die Wirkung der Sakramente hervorbringen ohne die Sakramente selber zu spenden.
c) Damit sind beide Teile der Einwürfe beantwortet.
