Siebenter Artikel. Ein Pate wird bei der Taufe erfordert.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Christi Taufe ist das Modell der unsrigen. Er aber hatte keinen Paten, sondern „getauft stieg er sogleich aus dem Wasser“ (Matth. 3.). II. Die Taufe ist ein geistiges Wiedererzeugen. Beim fleischlichen Erzeugen aber wird nur Vater und Mutter, das thätige und leidende Princip, erfordert. Also genügt bei der Taufe der Spender und das Wasser. III. Es muß bei den Sakramenten der Kirche nichts Lächerliches geschehen. Das aber scheint lächerlich, daß erwachsene Täuflinge noch einen Paten haben sollen, der sie trage oder stütze beim Herausgehen aus dem Taufwasser. Auf der anderen Seite sagt Dionysius (2. de eccl. hier.): „Die Priester nehmen den getauften und überlassen ihn zu weiterer Erziehung dem Paten und Führer.“
b) Ich antworte, die geistige Wiedererzeugung der Taufe sei ähnlich der fleischlichen Geburt, nach 1. Petr. 2.: „Wie neugeborene vernünftige Kinder begehret ohne Trug nach Milch.“ Bei der fleischlichen Geburt aber wird das neugeborene Kind der Amme übergeben und später dem Erzieher. Und so bedarf es auch bei der geistigen Geburt eines sogenannten Paten, der den neugetauften unterrichtet und einführt in das Leben des Glaubens. Die Vorsteher der Kirche können sich damit nicht befassen; denn sie müssen Sorge tragen für die Leitung des ganzen ihnen anvertrauten Volkes, während die Neulinge im christlichen Leben einer speciellen Fürsorge bedürfen. Deshalb sagt Dionysius (cap. ult. de eccl. hier.): „Unseren von Gott gegebenen Führern,“ d. i. den Aposteln, „kam es in den Sinn und es schien ihnen gut, die Kinder nach dieser heiligen Weise anzunehmen, daß die natürlichen Eltern derselben das betreffende Kind einem in göttlichen Dingen erfahrenen Erzieher übergeben und so das Kind unter ihm lebe wie unter dem von Gott gegebenen Vater und unter dem, welchem seine Heiligung anvertraut ist.“
c) I. Christus ward nicht getauft, damit Er geistig wiedererzeugt werde, sondern damit Er andere wiedererzeuge; und somit bedurfte Er keines Erziehers. II. Notwendig schlechthin ist allerdings für die fleischliche Geburt nur Vater und Mutter; aber der leichteren Geburt und der Erziehung halber wird eine Hebamme, eine Amme und ein Erzieher erfordert, an deren aller Stelle in der Taufe der Pate tritt. Er ist schlechthin nicht notwendig, damit die Taufe gültig sei; sondern der taufende genügt dafür im Falle der Not. III. Der Pate ist nicht da wegen der körperlichen Hinfälligkeit und Schwäche des Täuflings; sondern wegen der geistigen Schwäche.
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