Vierter Artikel Die sakramentalen Gestalten können vergehm.
a) Dem steht Folgendes entgegen: I Das Vergehen gründet sich aus die Trennung der Wesensform vom Stoffe. Diese Gestalten aber sind ohne Stoff. II. Jegliche Wesensform vergeht, nicht von sich selbst aus, sondern auf Grund des Subjekts, so daß Formen, die von sich allein fürsichbestehen, unvergänglich sind. Die sakramentalen Gestalten aber sind ohne Subjekt. Also können sie nicht vergehen. III. Sie vergehen nicht auf Grund der Natur; denn es besteht kein Subjekt, welches bestehen bleibt, um die nächstfolgende Form zu tragen. Sie vergehen nicht auf Grund eines Wunders. Denn die Wunder in diesem Sakramente gründen sich auf die Worte der Konsekration, durch welche umgekehrt die Gestalten erhalten und bestehen bleiben. Auf der anderen Seite faulen konsekrierte Hostien.
b) Ich antworte; das Vergehen sei eine Bewegung vom Sein zum Nichtsein. Nun behalten die sakramentalen Gestalten das nämliche Sein, was sie früher hatten, als die Substanz von Brot und Wein noch existierte. Wie also da ihr Sein vergehen konnte, so auch jetzt nach der Konsekration. Nun konnten vorher derartige Accidentien vergehen: 1. An und für sich, in ihrer Natur betrachtet: durch Veränderung in den Eigenschaften oder durch Mehr und Minderwerden im Umfange. Letzteres, im Sinne von Wachsen und Minderwerden, hat nur statt bei belebten Wesen; jedoch im Sinne von Teilen und Hinzufügen kommt es hier in Betracht, insoweit aus einem man zwei macht oder umgekehrt (3 Metaph.). Danach also kannn offenbar, z. B. durch fortwährendes Teilen, die sakrainentale Gestalt vergehen. Und da die nämliche Gestalt auch Subjekt von sinnlichen Eigenschaften ist, so kann sie auch von außen her Veränderung leiden wie in der Farbe, im Geschmacke etc. und danach kann sie vergehen. Sodann können 2. derartige Accidentien vergehen auf Grund des Vergehens ihres Subjekts, wovon sie getragen werden. Obgleich nun ihr Subjekt in unserem Falle nach der Konsekration nicht bleibt, so bleibt doch das Sein, was diese Accidentien vorher in ihrem Subjekte hatten. Dieses Sein also kann verdorben werden wie vorher, mit Riicksicht auf das damals bestehende Subjekt des Stoffes, vom gegenteiligen Einwirken, wie die Substanz des Brotes und des Weines verdorben werden konnte; freilich nicht ohne daß eine Veränderung vor sich ginge in den äußeren Eigenschaften, denn die Substanz vergeht nicht unmittelbar. Also muß man sagen: Da der Leib und das Blut Christi nachfolgender Substanz des Brotes und Weines, wenn nun kein solch verändernder Einfluß sich geltend macht, der genügt hätte, das Brot und den Wein zu verderben, so hört der Leib und das Blut Christi nicht auf, im Sakramente zu sein; mag die Veränderung sein in der Farbe oder im Geschmacke u. dgl., so daß darin ein geringes Verderbtsein sich geltend machte, oder mag der Wein und die Hostie geteilt werden; wenn nur immer noch die Natur von Wein und Brot gewahrt werden kann. Ist aber die Veränderung so groß, daß die Substanz von Brot und Wein nicht hätte weiterbestehen können, mag dies von welcher Seite auch immer kommen; so bleiben nicht mehr die Gestalten von Brot und Wein und somit bleibt nicht mehr der Leib und das Blut des Herrn.
c) I. Das Vergehen nimmt vor Allem das Sein fort. Findet sich also das Sein einer Form im Stoffe, so folgt, daß der Stoff getrennt wird von der Form durch das Vergehen. Ist jedoch das Sein nicht im Stoffe, wohl aber ein demjenigen ähnliches, was im Stoffe ist und somit durch das Vergehen fortgenommen würde, so gilt dasselbe; wie das hier statthat. II. Die Accidentien haben dasselbe Sein wie früher. Das Vergehen dieser Accidentien ist kein durch ein Wunder bewirktes, sondern ein natürliches. Es hat jedoch zur Voraussetzung jenes Wunder, welches eine Folge der Konsekration ist, wonach die Accidentien behalten ohne Subjekt jenes selbe Sein, was sie vor der Konsekration im Subjekte, d. h. in der Substanz des Brotes und Weines, hatten.
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