Dritter Artikel. Der Wille bewegt sich selbst.
a) Dagegen sprechen folgende Gründe: I. Was in Bewegung setzt, das ist insoweit in Thatsächlichkeit; was bewegt wird, ist im Zustande des Vermögens. Denn „die Bewegung ist nichts Anderes wie die Wirksamkeit dessen, was im Zustande des Vermögens ist, insofern es in diesem Zustande ist“. Nicht aber das Nämliche ist unter demselben Gesichtspunkte zugleich in Thatsächlichkeit und im Zustande des Möglichen. Also nichts bewegt sich selbst. II. Das Bewegliche ist in Bewegung, soweit das Bewegende ihm gegenwärtig ist. Der Wllle ist aber immer sich selbst gegenwärtig. Also müßte er immer in Thätigkeit sein. III. Der Wille wird von der Vernunft bewegt. Bewegt also der Wille sich selber, so wird er von zwei bewegenden Kräften zugleich und unmittelbar bewegt; was unzukömmlich scheint. Also bewegt er nicht sich selber. Auf der anderen Seite ist der Wille Herr seiner Thätigkeit; bei ihm steht es, zu wollen oder nicht zu wollen. Also muß er es in seiner Gewalt haben, sich selbst hin zu bewegen zum Wollen
b) Ich antworte, daß, wie oben gesagt, es dem Willen zugehört, die anderen Vermögen zu bewegen auf Grund des Zweckes, seines eigentlichsten Gegenstandes. So nun verhält sich aber der Zweck im Bereiche des Begehrenswerten wie das Princip im Bereiche des vernünftig Erkennbaren. Da esjedoch offenbar ist, daß die Vernunft dadurch, daß sie das Princip erkennt, sich selbst von dem Zustande eines Vermögens zur Thätigkeit hinüberführt, nämlich zur thatsächlichen Kenntnis der Schlußfolgerungen, die sie vorher nur vermögend war zu erkennen; da also nach dieser Seite hin die Vernunft sich selbst bewegt; — so geschieht es ähnlich mit dem Willen. Dadurch daß er den Zweck will, bewegt er sich selber dazu, daß er die Mittel, das Zweckdienliche, will.
c) I. Nicht unter dem nämlichen Gesichtspunkte bewegt der Wille und wird bewegt; also ist er auch nicht unter dem nämlichen Gesichtspunkte zugleich in thatsächlicher Wirksamkeit und im Zustande des Vermögens. Vielmehr insofern der Wille thatsächlich den Zweck will (also diese Bewegung zum Zwecke hin vorausgesetzt), führt er sich selbst hinüber vom Zustande des Vermögens aus zur thatsächlichen Wirksamkeit mit Rücksicht auf die Mittel zum Zwecke, mit Rücksicht auf das Zweckdienliche. II Das Willensvermögen als Vermögen ist sich selber immer gegenwärtig. Aber der Akt, womit der Wille den Zweck will, ist nicht immer innerhalb des Willens. Kraft dieses Aktes nun bewegt er sich selber; zu diesem Akte hin bewegt er sich nicht; dieser Akt im Willen ist das Princip dafür, daß der Wille nicht mehr im reinen Vermögen ist für das Wollen der Mittel, sondern diese thatsächlich will; also bewegt er nicht immer sich selbst. III. Von der Vernunft her wird der Wille bewegt auf Grund des Gegenstandes (quoad specificationem vel determinationem); von sich selbst wird er bewegt auf Grund des Zweckes, also zur Ausübung, zum Gebrauche seines eigenen Aktes hin (quoad exercitium). Also ist die Art und Weise des Bewegens auf beiden Seiten nicht die nämliche.
