Vierter Artikel. Der Wille wird von einem ihm äußerlichen Princip bewegt.
a) Das scheint nicht sein zu können. Denn: .Die Willensbewegung ist eine freiwillige. Zum Wesen des Frei willigen gehört es aber, daß es vom innerlichen Princip ausgehe, wie ja auch das rein Natürliche. Also kann die Willensbewegung von keinem äußerlichen Princip herrühren. I. Dem Willen kann keine Gewalt angethan werden. Gewaltsam oder erzwungen für ein Wesen ist aber alles das, „dessen Princip außen ist.“ Also kann kein äußerliches Princip den Willen in Thätigkeit setzen. II. Hinreichend wird der Wille von sich selbst aus bewegt. Also bedarf er keiner anderen bewegenden Kraft. Auf der anderen Seite wird der Wille vom Gegenstande aus bewegt. Dieser Gegenstand aber kann eine dem Sinne vorgelegte außen befindliche Sache sein. Also.
b) Ich antworte, es leide keinen Zweifel, daß, soweit der Gegenstand in Betracht kommt, der Wille von etwas außen Befindlichem bewegt werden kann. Aber auch von seiten des Subjekts, soweit die Ausübung der Wirksamkeit, das exercitium actus nämlich, erwogen wird, muß man annehmen, daß der Wille von einem ihm äußerlichen Princip bewegt werde. Denn was bisweilen in Thätigkeit ist und bisweilen nicht, vielmehr an sich betrachtet nur im Vermögen zur Thätigkeit sich findet, bedarf dessen daß es in Thätigkeit gesetzt werde von etwas außen Befindlichem. Offenbar aber fängt der Wille an, etwas zu wollen, da er dies früher nicht wollte. Also ist es erforderlich, daß er von etwas bewegt werde zum Wollen. Und zwar bewegt sich der Wille selbst, insoweit er dadurch daß er den Zweck thatsächlich will, sich selbst hinüberführt zum thatsächlichen Wollen dessen, was zur Erreichung des Zweckes dient. Dies kann aber der Wille nicht, ohne daß eine Beratschlagung dies vermittelte. Denn wenn jemand gesund werden will, fängt er an, darüber nachzudenken, durch welche Mittel er dies erreichen kann; und durch dieses Nachdenken kommt er dazu, daß er durch den Arzt geheilt werden kann und dies will er dann. Weil er aber nicht immer die Gesundheit wollte, ist es erforderlich, daß ein bewegendes Princip vorausgesetzt wird, vermittelst dessen er angefangen hat, die Gesundheit zu wollen. Und bewegte sich der Wille nun selbst, um auch dies zu wollen, so müßte wieder Beratschlagung vorausgesetzt werden, die sich wiederum auf Grund eines vorhergehenden Willensaktes vollzöge. Das kann aber nicht bis ins Endlose so weiter gehen. Also muß man ein dem Willen äußerliches Princip annehmen, welches zur ersten Willensbewegung den Anstoß giebt. So schließt Aristoteles in einem Kapitel (18.) der Eth. Eudemicae.
c) I. Es ist nicht gesagt, daß das innerliche Princip, von dem das Freiwillige seiner Natur nach ausgeht, das erste Princip sei, welches nicht vom Anstoße seitens eines andern Princips kommt. Das nächste Princip also im freiwilligen Akte ist innen, im Akte; das erste aber ist außen; — wie ja auch das erste Princip für die natürliche Bewegung außen ist, was nämlich die ganze Natur in Thätigkeit setzt. II. Es genügt nicht zum Wesen des Gewaltsamen, daß davon „das Princip außen sei“, sondern es gehört noch dazu, daß „dasjenige, was Gewalt leidet, nichts zur Thätigkeit beiträgt“; was nicht stattfindet, wenn der Wille von einem außen stehenden Princip in Thätigkeit gesetzt wird. Denn der Wille selbst will, trotzdem er von einem ihm äußerlichen Princip her den Anstoß zur Thätigkeit erhalten hat. Dann nur wäre diese Bewegung eine gewaltsame, wenn sie der eigenen Bewegung des Willens entgegenliefe; was hier unmöglich ist, da sonst der Wille wollen würde und zugleich nicht wollen. III. AIs nächstes Princip bewegt sich der Wille in ausreichender Weise. Aber er kann sich nicht selber bewegen mit Rücksicht auf alles und in durchaus allseitiger Weise. Also bedarf er dessen, daß er von etwas Anderem in erster Linie bewegt sei.
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